20.10.2011

Umzug in Etappen ist in der Regel privat veranlasst

Bei einem Umzug in Etappen - zunächst in eine "Zwischenlösung" und später in die endgültige Bleibe - ist der zweite Umzug am Beschäftigungsort regelmäßig privat veranlasst, weshalb der Steuerpflichtige seine Umzugskosten auch nicht als Werbungskosten geltend machen kann. Nur diese restriktive Auslegung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG wird dem Zweck der Vorschrift gerecht, da sie Rücksicht auf die Verwurzelung des Arbeitnehmers an seinem bisherigen Lebensmittelpunkt nimmt.

FG Köln 14.7.2011, 6 K 4781/07
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Diplom-Mathematiker. Er lebte ursprünglich mit seiner - inzwischen von ihm geschiedenen ‑ Ehefrau und zwei Kindern in B. Ab April 2000 war der damals arbeitslose Kläger  in E. angestellt. Die Arbeitsstätte war über 130 km von der Wohnung in B. entfernt. Ein Umzug der ganzen Familie nach E. kam nicht in Betracht, da sich die Ehe in einer Krise befand. Der Kläger mietete deshalb in E. alleine eine kleine Zweitwohnung an. Er behielt die Wohnung, als der Arbeitgeber später seinen Sitz von E. nach D. verlegte, da die Fahrtzeit praktisch gleich blieb. An den Wochenenden kehrte der Kläger im Jahr 2000 regelmäßig zu seiner Familie in B. zurück.

Von 2001 bis 2004 arbeitete der Kläger ganz überwiegend in den USA. Im Dezember 2003 wurde die Ehe geschieden. Die Familienwohnung in B. wurde der Ehefrau zugesprochen. Der Kläger meldete sich mit Hauptwohnsitz in E. an. Im Streitjahr 2005 mietete er in F. eine große Wohnung an. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger die Kosten für den Umzug als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt stellte sich allerdings auf den Standpunkt, dass der Umzug nicht beruflich, sondern privat veranlasst sei und ließ die Umzugskosten außer Ansatz.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die strittigen Kosten gehörten zu den Aufwendungen für die Lebensführung i.S.d. § 12 Nr. 1 S. 2 EStG. Von den Ausnahmen des Abzugsverbots (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, 6, 7 u. 9, § 10a u. §§ 33 bis 33c EStG), war keine einschlägig.

Eine Ausnahme von § 12 Nr. 1 S. 2 EStG kam hier nach der gesetzlichen Systematik auch unter Berücksichtigung der Bestimmung über die Abziehbarkeit von Werbungskosten in § 9 EStG nicht in Betracht. Die Strecke von B. nach E. war ausschlaggebend für die Anmietung der Zweitwohnung im Einzugsgebiet des Arbeitgebers im Jahr 2000. Die für diesen Umzug angefallenen Kosten waren beruflich veranlasst und bei der Einkommensteuer für 2000 als Werbungskosten abziehbar. Mit dem Abschluss des Umzugs im Jahr 2000 hatte es sein Bewenden. Die berufliche Veranlassung eines Umzugs endete nämlich mit dem Einzug in die erste Wohnung am neuen Arbeitsort. Bei einem Umzug in Etappen - zunächst in eine "Zwischenlösung" und später in die endgültige Bleibe - ist der zweite Umzug am Beschäftigungsort regelmäßig privat veranlasst.

Die Umzugskosten waren schließlich auch nicht nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG unter dem Gesichtspunkt der doppelten Haushaltsführung des Klägers abziehbar. Danach sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Notwendige Mehraufwendungen "wegen" einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung sind u.a. die Kosten für einen Umzug, der die Beendigung der doppelten Haushaltsführung bewirkt. Dieser Sachverhalt lag hier aber nicht vor. Der Umzug von E. nach F. war nicht "wegen" der Beendigung der doppelten Haushaltsführung des Klägers durchgeführt worden. Zwischen dem Umzug und der Beendigung bestand kein Veranlassungszusammenhang. Die doppelte Haushaltsführung war bereits früher beendet worden, nämlich spätestens im Dezember 2003.

Nur diese restriktive Auslegung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG wird dem Zweck der Vorschrift gerecht. Sie nimmt Rücksicht auf die Verwurzelung des Arbeitnehmers an seinem bisherigen Lebensmittelpunkt. Diese Rücksichtnahme ist nicht mehr geboten, wenn der Arbeitnehmer seinen bisherigen Lebensmittelpunkt an den Arbeitsort verlegt hat. Auch aus der neueren BFH-Rechtsprechung zu den sog. "Wegverlegungsfällen" folgte für den Streitfall kein anderes Ergebnis.

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