17.12.2014

Ungleichbehandlung zwischen Beamten und Rentenversicherungspflichtigen bei der "Riester-Rente" teilweise korrigiert

Da das Gesetz für die Zeit bis 2004 keine Frist vorgesehen hatte, ist § 10a Abs. 1a S. 2 EStG in der in den Jahren 2002 bis 2004 geltenden Fassung dahingehend auszulegen, dass das Einverständnis mit der Übermittlung von Besoldungsdaten an die zentrale Stelle bis zur Bestandskraft der Entscheidung über die Festsetzung der Altersvorsorgezulage erteilt werden kann. Für die Zeit ab 2005 ist hingegen die gesetzliche Zwei-Jahres-Frist als verfassungsgemäß anzusehen; schließlich werden Beamte seit 2005 deutlich besser über das Erfordernis der Einwilligung informiert als zuvor.

BFH 22.10.2014, X R 18/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war in den Streitjahren 2004 bis 2006 Beamtin. Im August 2002 hatte sie mit einem Anbieter einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag ("Riester-Rente") abgeschlossen, auf den sie in den Streitjahren eigene Beiträge einzahlte. Der Anbieter beantragte bei der ZfA in dem auf das jeweilige Beitragsjahr folgenden Jahr für die Klägerin die Gewährung von Altersvorsorgezulage mittels der vorgeschriebenen elektronischen Datensätze. Darin gab er jedoch - objektiv unzutreffend - an, die Klägerin sei keine Beamtin. Die ZfA zahlte daraufhin die Zulagebeträge auf das Vertragskonto der Klägerin.

Nach einer Überprüfung der ZfA im Jahr 2009 teilte diese der Klägerin mit, dass sie nicht zum förderberechtigten Personenkreis gehöre und die Zulage deshalb zurückgefordert werden müsse. Daraufhin erklärte der Ehemann der Klägerin telefonisch gegenüber der ZfA, dass die Klägerin Beamtin sei. Die ZfA wies auf das Erfordernis einer Einwilligungserklärung gegenüber der Besoldungsstelle hin. Diese Erklärung reichte die Klägerin im Oktober 2009 bei ihrer Besoldungsstelle ein.

Die Klägerin machte geltend, sie sei  vom Anbieter erst Anfang Oktober 2009 über die Notwendigkeit der Abgabe einer Einverständniserklärung gegenüber der Besoldungsstelle informiert worden. Die ZfA entgegnete, der Klägerin sei von ihrem Dienstherrn mit der Gehaltsabrechnung für Dezember 2002 sowohl ein Informationsblatt zu der Einverständniserklärung als auch ein entsprechender Vordruck zur Erteilung dieser Erklärung übersandt worden und lehnte die Festsetzung von Altersvorsorgezulagen für die Streitjahre ab.

Im Klageverfahren brachte die Klägerin u.a. vor, das Erfordernis der Einwilligung stelle Beamte in unzulässiger Weise schlechter als Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das FG wies die Klage ab. Die Revision der Klägerin war in Bezug auf das Streitjahr 2004 erfolgreich. Im Übrigen war die Revision unbegründet.

Die Gründe:
Für die Streitjahre 2005 und 2006 hat das FG zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Festsetzung von Altersvorsorgezulage hat. Schließlich hatte sie die erforderliche Einwilligung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erteilt. Der Klägerin konnte somit wegen der Fristversäumung weder eine nachträgliche Fristverlängerung nach § 109 AO noch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO gewährt werden. Die einfach-gesetzliche Regelungslage genügt insofern den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Da das Gesetz für die Zeit bis 2004 keine Frist vorgesehen hatte, war § 10a Abs. 1a S. 2 EStG in der in den Jahren 2002 bis 2004 geltenden Fassung dahingehend auszulegen, dass das Einverständnis mit der Übermittlung von Besoldungsdaten an die zentrale Stelle bis zur Bestandskraft der Entscheidung über die Festsetzung der Altersvorsorgezulage erteilt werden konnte.

Die gesetzliche Differenzierung zwischen Beamten und Rentenversicherungspflichtigen dahingehend, dass nur bei Beamten der Anspruch auf Altersvorsorgezulage zusätzlich von einer gegenüber dem Dienstherrn schriftlich zu erteilenden Einwilligung in die Übermittlung von Besoldungsdaten abhängig ist, ist verfassungsgemäß. Das betrifft auch die ab 2005 geltende Obliegenheit, die Einwilligung innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf des Beitragsjahres zu erteilen.

Das dreistufige gesetzliche Verfahren zur Ermittlung, Überprüfung und Festsetzung der Altersvorsorgezulage verletzt auch im Hinblick darauf, dass es für einen mehrjährigen Zeitraum nicht zum Eintritt der materiellen Bestandskraft kommt, nicht die Grundsätze des Vertrauensschutzes und des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz. Beamte werden seit 2005 deutlich besser über das Erfordernis der Einwilligung informiert als zuvor. So sind seither die Anbieter verpflichtet, über dieses Erfordernis aufzuklären. Auch sind die amtlichen Antragsformulare erheblich verbessert worden.

Hintergrund:
Sowohl rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer als auch Beamte können die Altersvorsorgezulage erhalten. Bei Rentenversicherungspflichtigen genügt dafür der Abschluss eines zertifizierten Vertrages mit einem entsprechenden Anbieter sowie die Leistung bestimmter Mindestbeiträge. Beamte müssen hingegen zusätzlich gegenüber ihrem Dienstherrn ausdrücklich darin einwilligen, dass dieser ihre Gehaltsdaten an die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) übermittelt. Wird diese Einwilligung nicht innerhalb einer bestimmten Frist erteilt, verfällt der Anspruch auf Altersvorsorgezulage endgültig.

Da in den Anfangsjahren der "Riester-Rente" im Allgemeinen weder die Anbieter noch die DRV über das Erfordernis der Einwilligung aufgeklärt haben, haben zahlreiche Beamte die Frist versäumt und trotz Leistung entsprechender Beiträge keine Zulage erhalten. Es dürften ca. 90.000 Beamte betroffen sein; mehrere hundert Klageverfahren sind noch vor den Finanzgerichten anhängig.

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BFH PM Nr. 83 vom 17.12.2014
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