Veräußerung eines Dividendenanspruchs zwischen beschränkt Steuerpflichtigen
Kurzbesprechung
BFH v. 15.11.2022 - VIII R 21/19
EStG § 20 Abs 1 Nr. 1, § 20 Abs 2 S 1 Nr. 2 Buchst a S 2, § 43 Abs 1 S 1 Nr. 1a, § 44 Abs 1 S 3, § 49 Abs 1 Nr. 5 Buchst a
AO § 42, § 168 S 1
UntStRefG 2008
KroatienAnpG
FGO § 40 Abs 2
Im Streitfall war Anteilseignerin der Aktien i.S. des § 20 Abs. 5 EStG bei der Ausschüttung der Dividenden im Streitzeitraum eine Kapitalgesellschaft, die ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung im Ausland hatte und damit im Inland nicht unbeschränkt steuerpflichtig war, sondern gemäß § 2 Nr. 1 KStG mit ihren inländischen Einkünften der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterlag.
Gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG sind inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Steuerpflicht Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, also auch an die Anteilseigner ausgeschüttete Dividenden. Zwar werden die Dividendenzahlungen der Anteilseignerin i.S. des § 20 Abs. 5 EStG trotz der Abtretung der Dividendenansprüche an AC als Kapitaleinkünfte zugerechnet, so dass der Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG an sich erfüllt ist. Jedoch tritt nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der Dividende durch den Inhaber des Stammrechts an die Stelle der Besteuerung der Dividende nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Besteuerung der Dividenden im Zeitpunkt ihrer Auszahlung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wird hierdurch verdrängt.
Da Kapitaleinkünfte gemäß § 20 Abs. 2 EStG seit Einführung der Abgeltungsteuer keine inländischen Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 49 EStG sind, unterlag die Anteilseignerin im Streitfall in Bezug auf den von ihr erzielten Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der Dividenden auch insoweit im Inland nicht der inländischen Besteuerung, so dass auch keine Pflicht zum Einbehalt und zur Abführung der Kapitalertragsteuer bestand.
Die Sperrwirkung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG für die Besteuerung der Dividende nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG entfällt auch nicht deshalb, weil in § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG auf diese Regelung nicht verwiesen wird. Denn § 49 Abs. 1 EStG knüpft an das Vorliegen der Einkünfte i.S. des § 2 i.V.m. §§ 13 ff. EStG punktuell an und enthält keine Erweiterung gegenüber dem für unbeschränkt Steuerpflichtige geltenden Einkünftebegriff.
Die Sperrwirkung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG für die Besteuerung der Dividenden nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG trat nach der im Streitzeitraum 2013 geltenden Fassung der Vorschrift auch dann ein, wenn eine Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der Dividendenansprüche bei beschränkt Steuerpflichtigen nicht erfolgt.
Die Steuerpflichtige war auch nicht zu einem Kapitalertragsteuerabzug gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG hinsichtlich der durch die Anteilseignerin erzielten Gewinne aus der Veräußerung der Dividendenansprüche i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG verpflichtet. Denn diese sind keine nach § 49 EStG beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte. Da keine inländische Steuerpflicht besteht, ist von der auszahlenden Stelle kein Kapitalertragsteuereinbehalt vorzunehmen.
Zum Steuerabzug verpflichtet ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 Alternative 2 EStG allein die für den Verkäufer der Dividendenansprüche den Verkaufsauftrag ausführende Stelle. Dies war vorliegend jedoch nicht die Steuerpflichtige.
Die Veräußerung der Dividendenansprüche i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG durch die Anteilseignerin stellte auch keinen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO dar. Denn diese hatte lediglich von gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht, diese aber nicht missbraucht. Sie hatte sich entschieden, die Dividendenzahlungen nicht abzuwarten, sondern ihre künftigen Dividendenansprüche bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirtschaftlich zu verwerten. Dieses Ziel war (sinnvoll) durch eine Veräußerung zu erreichen.
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sieht die Veräußerung von Dividendenansprüchen ausdrücklich vor und unterwirft sie der Besteuerung. Die Anteilseignerin hatte daher nicht gegen eine vom Gesetzgeber vorgegebene Wertung verstoßen, sondern lediglich von einer ihr durch das Gesetz eingeräumten Möglichkeit zum Verkauf des Dividendenanspruchs vor Ausschüttung der Dividende Gebrauch gemacht, weshalb es auch nicht erheblich war, ob dies zu einem größeren Aufwand (z.B. durch den Abschluss von Verträgen, das Ausbringen von Garantieversprechen oder die Verwahrung der Aktien in einem selbständigen Depot) als der spätere Erhalt der Dividenden geführt hatte.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 20 Abs 1 Nr. 1, § 20 Abs 2 S 1 Nr. 2 Buchst a S 2, § 43 Abs 1 S 1 Nr. 1a, § 44 Abs 1 S 3, § 49 Abs 1 Nr. 5 Buchst a
AO § 42, § 168 S 1
UntStRefG 2008
KroatienAnpG
FGO § 40 Abs 2
Im Streitfall war Anteilseignerin der Aktien i.S. des § 20 Abs. 5 EStG bei der Ausschüttung der Dividenden im Streitzeitraum eine Kapitalgesellschaft, die ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung im Ausland hatte und damit im Inland nicht unbeschränkt steuerpflichtig war, sondern gemäß § 2 Nr. 1 KStG mit ihren inländischen Einkünften der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterlag.
Gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG sind inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Steuerpflicht Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, also auch an die Anteilseigner ausgeschüttete Dividenden. Zwar werden die Dividendenzahlungen der Anteilseignerin i.S. des § 20 Abs. 5 EStG trotz der Abtretung der Dividendenansprüche an AC als Kapitaleinkünfte zugerechnet, so dass der Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG an sich erfüllt ist. Jedoch tritt nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der Dividende durch den Inhaber des Stammrechts an die Stelle der Besteuerung der Dividende nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Besteuerung der Dividenden im Zeitpunkt ihrer Auszahlung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wird hierdurch verdrängt.
Da Kapitaleinkünfte gemäß § 20 Abs. 2 EStG seit Einführung der Abgeltungsteuer keine inländischen Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 49 EStG sind, unterlag die Anteilseignerin im Streitfall in Bezug auf den von ihr erzielten Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der Dividenden auch insoweit im Inland nicht der inländischen Besteuerung, so dass auch keine Pflicht zum Einbehalt und zur Abführung der Kapitalertragsteuer bestand.
Die Sperrwirkung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG für die Besteuerung der Dividende nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG entfällt auch nicht deshalb, weil in § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG auf diese Regelung nicht verwiesen wird. Denn § 49 Abs. 1 EStG knüpft an das Vorliegen der Einkünfte i.S. des § 2 i.V.m. §§ 13 ff. EStG punktuell an und enthält keine Erweiterung gegenüber dem für unbeschränkt Steuerpflichtige geltenden Einkünftebegriff.
Die Sperrwirkung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG für die Besteuerung der Dividenden nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG trat nach der im Streitzeitraum 2013 geltenden Fassung der Vorschrift auch dann ein, wenn eine Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der Dividendenansprüche bei beschränkt Steuerpflichtigen nicht erfolgt.
Die Steuerpflichtige war auch nicht zu einem Kapitalertragsteuerabzug gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG hinsichtlich der durch die Anteilseignerin erzielten Gewinne aus der Veräußerung der Dividendenansprüche i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG verpflichtet. Denn diese sind keine nach § 49 EStG beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte. Da keine inländische Steuerpflicht besteht, ist von der auszahlenden Stelle kein Kapitalertragsteuereinbehalt vorzunehmen.
Zum Steuerabzug verpflichtet ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 Alternative 2 EStG allein die für den Verkäufer der Dividendenansprüche den Verkaufsauftrag ausführende Stelle. Dies war vorliegend jedoch nicht die Steuerpflichtige.
Die Veräußerung der Dividendenansprüche i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG durch die Anteilseignerin stellte auch keinen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO dar. Denn diese hatte lediglich von gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht, diese aber nicht missbraucht. Sie hatte sich entschieden, die Dividendenzahlungen nicht abzuwarten, sondern ihre künftigen Dividendenansprüche bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirtschaftlich zu verwerten. Dieses Ziel war (sinnvoll) durch eine Veräußerung zu erreichen.
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sieht die Veräußerung von Dividendenansprüchen ausdrücklich vor und unterwirft sie der Besteuerung. Die Anteilseignerin hatte daher nicht gegen eine vom Gesetzgeber vorgegebene Wertung verstoßen, sondern lediglich von einer ihr durch das Gesetz eingeräumten Möglichkeit zum Verkauf des Dividendenanspruchs vor Ausschüttung der Dividende Gebrauch gemacht, weshalb es auch nicht erheblich war, ob dies zu einem größeren Aufwand (z.B. durch den Abschluss von Verträgen, das Ausbringen von Garantieversprechen oder die Verwahrung der Aktien in einem selbständigen Depot) als der spätere Erhalt der Dividenden geführt hatte.