15.09.2015

Verdeckte Gewinnausschüttung: Erdienbarkeit der endgehaltsabhängigen Pensionszusage bei mittelbarer Erhöhung infolge von Gehaltssteigerungen

Der Grundsatz, nach dem sich der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft einen Pensionsanspruch innerhalb der verbleibenden Arbeitszeit bis zum vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand noch erdienen muss, gilt sowohl für Erstzusagen einer Versorgungsanwartschaft als auch für nachträgliche Erhöhungen einer bereits erteilten Zusage. Um eine nachträgliche Erhöhung kann es sich auch handeln, wenn ein endgehaltsabhängiges Pensionsversprechen infolge einer Gehaltsaufstockung mittelbar erhöht wird und das der Höhe nach einer Neuzusage gleichkommt.

BFH 20.5.2015, I R 17/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH. Ihre Geschäftsführer waren vom Jahre 1982 bis zum Jahre 2006 AR sowie JK (gesamtvertretungsberechtigt). AR hielt seitdem 9,12 Prozent der Geschäftsanteile. Weitere Anteile von 8,35 Prozent hielten dessen Ehefrau und Sohn, die ihre Anteile im Jahr 2001 in die in jenem Jahr errichtete R Holding GmbH eingebracht hatten und die auch deren alleinige Anteilseigner waren (die Ehefrau zu 62,28, der Sohn zu 37,72 Prozent); AR wurde seinerzeit zum Geschäftsführer der R Holding GmbH auf Lebenszeit bestellt.

Dem 1943 geborenen AR war von seinem damaligen Arbeitgeber 1978 eine Pensionszusage erteilt worden, die die Klägerin im Jahre 1982 bei ihrer Errichtung und der Bestellung von AR übernommen hatte. Der Versorgungsfall sollte danach bei Vollendung des 65. Lebensjahres eintreten. AR konnte die versprochene Altersrente mit entsprechender Kürzung auch bereits nach Vollendung des 60. Lebensjahres beanspruchen. Die Rente orientierte sich am Endgehalt, wobei sich die Rentenhöhe auf Basis des durchschnittlichen Bruttogehalts von AR in den letzten zwölf Monaten vor dem Versorgungsfall oder dem Ausscheiden bemessen sollte. Nach einem Gesellschafterbeschluss im Dezember 1997 sollte AR beim Ausscheiden mit Vollendung des 60. Lebensjahres so gestellt werden, als würde er nach Vollendung des 65. Lebensjahres ausscheiden.

Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung im Mai 2001 wurde die Geschäftsführervergütung für AR von zuvor 424.000 DM mit Wirkung ab Mai 2001 auf 600.000 DM erhöht. Die aus der Gehaltserhöhung resultierende Erhöhung des ruhegehaltsfähigen Einkommens wurde gestaffelt und in zwei Schritten auf zunächst 474.000 DM und ab März 2002 auf 524.000 DM begrenzt. Zukünftige Gehaltserhöhungen sollten nach dem Nachtrag zur Pensionszusage von Dezember 2001 nicht mehr vollständig, sondern nur noch zu 50 Prozent auf das ruhegehaltsfähige Einkommen angerechnet werden. Diese Kappungsvereinbarung für die Pensionsbemessung wurde im Februar 2005 auf "nachhaltigen Druck" des AR wieder aufgehoben. Im Jahre 2003 wurde eine weitere Gehaltserhöhung für AR vereinbart. Die anschließende Suche von Nachfolgern für AR gestaltete sich als schwierig. Erst im Alter von 63 Jahren - Ende 2006 - schied AR tatsächlich als Geschäftsführer der Klägerin aus.

Die Klägerin hatte im Januar 1995 gleichfalls dem am 1954 geborenen JK eine Pensionszusage auf das vollendete 65. Lebensjahr gegeben. Auch dessen Geschäftsführervergütung wurde im Mai 2001 erhöht, und zwar von 380.000 DM auf 500.000 DM, und auch bei ihm wirkte sich diese Erhöhung auf die Altersversorgung aus. Diese Versorgung bemaß sich nach einem - im Vergleich zu AR - begrenzten Vomhundertsatz des Arbeitseinkommens oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze. Bei einem vorzeitigen Ausscheiden nach Vollendung des 60. Lebensjahrs verblieb es bei ihm bei Versorgungsabzügen. Das Finanzamt behandelte die Rückstellungen, welche die Klägerin für die Pensionszusage an AR gebildet hatte, in den Streitjahren 2001 bis 2004 in jenem Umfang als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA), in welchem sie auf die Erhöhung der Geschäftsführervergütung zurückzuführen war.

Das FG wies die gegen die hiernach geänderten Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide gerichtete Klage ab. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Eine dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH erteilte Pensionszusage kann nach gefestigter BFH-Rechtsprechung u.a. nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn die Zusage von dem Begünstigten (noch) erdient werden kann. Das ist bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer der Fall, wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand mindestens zehn Jahre liegen, bei einem nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer überdies dann, wenn dieser Zeitraum zwar mindestens drei Jahre beträgt, der Gesellschafter-Geschäftsführer dem Betrieb aber mindestens zwölf Jahre angehört. Allerdings können diese Fristen mangels eindeutiger gesetzlicher Vorgaben nicht im Sinne allgemeingültiger zwingender Voraussetzungen verstanden werden, die unabdingbar wären.

Im Streitfall war AR in jenem Zeitpunkt, in dem infolge der Erhöhung des laufenden Gehalts die ihm versprochene endgehaltsabhängige Versorgung "mittelbar" ihrerseits erhöht worden war, rund 57 1/2 Jahre alt. Seit der Änderung der Versorgungszusage im Dezember 1997 war es seiner Entscheidung überlassen, aus dem Unternehmen bereits mit seinem vollendeten 60. Lebensjahr auszuscheiden. Verlangt man  das Erdienenserfordernis nach Maßgabe der beschriebenen Zeitgrößen, dann konnte er die "mittelbar" erhöhte Versorgungszusage sonach vom jenem Zeitpunkt an nicht mehr erdienen.

Es ist vorliegend fraglich, ob Finanzamt wie FG das Erdienenserfordernis in der Situation der Vergütungserhöhung zu Recht herangezogen haben. Zwar kommt bei einer endgehaltsabhängigen Pensionszusage die Vergütungserhöhung im Ergebnis einer Erhöhung des Versorgungsversprechens gleich, und sowohl in der einen wie in der anderen Situation würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter deswegen bei Erteilung des Versprechens die Erdienbarkeitsgrundsätze auch gleichermaßen anwenden. Allerdings ist die "Wechselbezüglichkeit" zwischen Vergütungs- und Rentenniveau einer endgehaltsabhängigen Pensionszusage "immanent" und als solche von vornherein in der Zusage angelegt. Bei der Bemessung der endgehaltsabhängigen Pension kann nicht auf eine fiktive Jahresnettoprämie abgestellt werden. Vielmehr ist - zunächst - eine Angemessenheitsprüfung anhand allgemeiner Grundsätze vorzunehmen.

Gerade deswegen muss sich die wechselwirkende Zusageerhöhung jedoch an dem orientieren, was auch ansonsten üblich ist. Übersteigt sie dieses Maß - infolge ihrer Abhängigkeit von einer sprunghaft und fremdunüblich ansteigenden laufenden Vergütung -, dann ist auch die Versorgungszusage bei isolierter Betrachtung nicht mehr als angemessen anzusehen, auch dann nicht, wenn der "Gehaltssprung" auf eine gestiegene Verantwortung oder eine Änderung der Funktionen des Geschäftsführers zurückzuführen ist. Aber selbst dann, wenn sich die Gehaltsaufstockung als solche als angemessen darstellt, und unabhängig davon kann die damit einhergehende Erhöhung der Versorgungsanwartschaft bei einer endgehaltsabhängig ausgestalteten Pensionszusage an dem Erdienbarkeitserfordernis zu messen sein, wenn sie dadurch einer Neuzusage gleichkommt.

Nach diesen Maßgaben nötigt im Streitfall der "Gehaltssprung" von zuvor 424.000 DM um rd. 41,5 Prozent auf 600.000 DM im Jahr 2001, der in der Folgezeit kontinuierlich ansteigt, zu einer konkreten Veranlassungsprüfung. Ob das laufende Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers als Ausgangsgröße für die Pensionszusage aber tatsächlich in unangemessener Weise angehoben worden ist, muss positiv feststehen. Daran mangelt es vorliegend. Die Sache ist aber dennoch spruchreif, weil der mit dem "Gehaltssprung" einhergehende relative "Pensionssprung" um einen Vomhundertsatz von 23,6 auch bei isolierter Beurteilung die Grenze einer Neuzusage übersteigt und damit die Anwendung der Erdienbarkeitsgrundsätze auslöst.

Linkhinweis:

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