Verdeckte Gewinnausschüttung - Gemeinnützige Stiftung als nahestehende Person
Kurzbesprechung
BFH v. 13.7.2021 - I R 16/18
KStG § 8 Abs 3 S 2, § 9 Abs 1 Nr. 2
EStG § 20 Abs 1 Nr. 1 S 2
AO § 52 Abs 1
GG Art 3 Abs 1, Art 20 Abs 3
Im Streitfall begehrte eine GmbH, eine Sachspende an die A-Stiftung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des KStG einkommensmindernd zu berücksichtigen. Das FA hatte insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) angesetzt. Am Stammkapital der Steuerpflichtigen waren beteiligt die Eheleute B und C beteiligt. Außerdem hielt B als Treuhänder einen weiteren Geschäftsanteil für einen Dritten als Treugeber.
B und C gründeten im Jahr 2009 als einzige Stifter die gemeinnützige A-Stiftung. Deren Zweck ist nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung die Förderung von Kunst und Kultur. Nach § 2 Abs. 2 der Satzung sollte dieser Zweck u.a. dadurch verwirklicht werden, dass die von den Eheleuten in die Stiftung eingebrachte Sammlung von Kunstwerken gepflegt und als Dauerleihgabe der Galerie in X oder dem Kunstmuseum in Z zur Verfügung gestellt wird.
Seit 2009 spendeten die Eheleute B und C wertvolle Kunstwerke an die A-Stiftung und machten diese Spenden im Rahmen ihrer persönlichen Einkommensteuererklärung nach § 10b EStG als Sonderausgaben geltend. Das FA qualifizierte dagegen die im Prüfungszeitraum festgestellten Sachspenden als vGA an die Eheleute B und C. Nach Abweisung der Klage im FG - Verfahren bestätigte der BFH die Entscheidung des FG im Revisionsverfahren.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG sind in den dort bestimmten Grenzen Aufwendungen einer Kapitalgesellschaft zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i.S. der §§ 52 bis 54 AO einkommensmindernd abziehbar. Diese Regelung gilt jedoch nur "vorbehaltlich des § 8 Abs. 3" KStG, woraus folgt, dass von § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG erfasste Aufwendungen zugleich vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sein können und in diesem Fall das Einkommen der Kapitalgesellschaft nicht mindern dürfen.
Eine vGA kann auch dann in Betracht kommen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahestehende Person bewirkt wird. Ein solches Näheverhältnis kann dann bejaht werden, wenn die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte.
Da das "Nahestehen" lediglich ein Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist, reicht zu dessen Begründung jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter und dem Dritten aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein.
Eine Spende ist daher jedenfalls dann als vGA zu werten, wenn sie durch ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Empfänger und dem Gesellschafter der spendenden Kapitalgesellschaft veranlasst ist. Durch das Erfordernis eines besonderen Näheverhältnisses wird zugleich dem Regel-Ausnahmeverhältnis des in § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG geregelten Vorrangs einer vGA ausreichend Rechnung getragen; ein besonderes Näheverhältnis und damit eine vGA wird regelmäßig nur bei entsprechenden Indizien bejaht werden können.
Ein solches zu einer vGA führendes Näheverhältnis kann auch zu einer gemeinnützigen Stiftung als Zuwendungsempfängerin bestehen. Denn ein "Näheverhältnis" hängt nicht von einer Beteiligung oder Mitgliedschaft des Anteilseigners an der Stiftung oder dessen Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung der Stiftung ab. Entscheidend für eine vGA der zuwendenden Kapitalgesellschaft ist vielmehr, ob die Kapitalgesellschaft einem Dritten bzw. einer gemeinnützigen Körperschaft einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte. Insoweit unterscheiden sich Stiftungen nicht von anderen gemeinnützigen Körperschaften.
Eine vGA bei Zuwendungen an Stiftungen ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil das Stiftungsvermögen durch die Stiftungssatzung oder das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht (§§ 51 ff. AO) gebunden ist oder sie staatlich beaufsichtigt werden. Auch wenn eine Stiftung durch diese Regelungen in ihren Verfügungsmöglichkeiten beschränkt ist, unterscheidet sie sich nicht wesentlich von anderen gemeinnützigen Organisationen bzw. Körperschaften. Diese unterliegen auf Grund des Gemeinnützigkeitsrechts ebenfalls zahlreichen Bindungen, durch die sie --um nicht ihren Status als gemeinnützige Körperschaft zu verlieren-- in ihrer Verfügungsbefugnis beschränkt sind.
Im Streitfall hatte die Steuerpflichtige die in Rede stehende Spende aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen geleistet.
Im Hinblick auf die sog. Vorteilseignung (Bezug i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) war im Streitfall u.a. maßgeblich, dass den Eheleuten B und C als Gesellschaftern durch die Zuwendung der Steuerpflichtigen an die A-Stiftung der Vorteil verschafft wurde, dass diese die von ihnen, den Eheleuten B und C, angestrebte (zusätzliche) Förderung erhielt, ohne dass B oder C selbst dafür Mittel hätten aufwenden müssen. Darüber hinaus hatte das FG zutreffend auch bei der A-Stiftung das Vorliegen eines Vorteils bejaht.
Die Würdigung des Vorgangs durch das FG als vGA verstößt auch nicht gegen Art. 20 Abs. 3 GG.
Verlag Dr. Otto Schmidt
KStG § 8 Abs 3 S 2, § 9 Abs 1 Nr. 2
EStG § 20 Abs 1 Nr. 1 S 2
AO § 52 Abs 1
GG Art 3 Abs 1, Art 20 Abs 3
Im Streitfall begehrte eine GmbH, eine Sachspende an die A-Stiftung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des KStG einkommensmindernd zu berücksichtigen. Das FA hatte insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) angesetzt. Am Stammkapital der Steuerpflichtigen waren beteiligt die Eheleute B und C beteiligt. Außerdem hielt B als Treuhänder einen weiteren Geschäftsanteil für einen Dritten als Treugeber.
B und C gründeten im Jahr 2009 als einzige Stifter die gemeinnützige A-Stiftung. Deren Zweck ist nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung die Förderung von Kunst und Kultur. Nach § 2 Abs. 2 der Satzung sollte dieser Zweck u.a. dadurch verwirklicht werden, dass die von den Eheleuten in die Stiftung eingebrachte Sammlung von Kunstwerken gepflegt und als Dauerleihgabe der Galerie in X oder dem Kunstmuseum in Z zur Verfügung gestellt wird.
Seit 2009 spendeten die Eheleute B und C wertvolle Kunstwerke an die A-Stiftung und machten diese Spenden im Rahmen ihrer persönlichen Einkommensteuererklärung nach § 10b EStG als Sonderausgaben geltend. Das FA qualifizierte dagegen die im Prüfungszeitraum festgestellten Sachspenden als vGA an die Eheleute B und C. Nach Abweisung der Klage im FG - Verfahren bestätigte der BFH die Entscheidung des FG im Revisionsverfahren.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG sind in den dort bestimmten Grenzen Aufwendungen einer Kapitalgesellschaft zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i.S. der §§ 52 bis 54 AO einkommensmindernd abziehbar. Diese Regelung gilt jedoch nur "vorbehaltlich des § 8 Abs. 3" KStG, woraus folgt, dass von § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG erfasste Aufwendungen zugleich vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sein können und in diesem Fall das Einkommen der Kapitalgesellschaft nicht mindern dürfen.
Eine vGA kann auch dann in Betracht kommen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahestehende Person bewirkt wird. Ein solches Näheverhältnis kann dann bejaht werden, wenn die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte.
Da das "Nahestehen" lediglich ein Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist, reicht zu dessen Begründung jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter und dem Dritten aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein.
Eine Spende ist daher jedenfalls dann als vGA zu werten, wenn sie durch ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Empfänger und dem Gesellschafter der spendenden Kapitalgesellschaft veranlasst ist. Durch das Erfordernis eines besonderen Näheverhältnisses wird zugleich dem Regel-Ausnahmeverhältnis des in § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG geregelten Vorrangs einer vGA ausreichend Rechnung getragen; ein besonderes Näheverhältnis und damit eine vGA wird regelmäßig nur bei entsprechenden Indizien bejaht werden können.
Ein solches zu einer vGA führendes Näheverhältnis kann auch zu einer gemeinnützigen Stiftung als Zuwendungsempfängerin bestehen. Denn ein "Näheverhältnis" hängt nicht von einer Beteiligung oder Mitgliedschaft des Anteilseigners an der Stiftung oder dessen Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung der Stiftung ab. Entscheidend für eine vGA der zuwendenden Kapitalgesellschaft ist vielmehr, ob die Kapitalgesellschaft einem Dritten bzw. einer gemeinnützigen Körperschaft einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte. Insoweit unterscheiden sich Stiftungen nicht von anderen gemeinnützigen Körperschaften.
Eine vGA bei Zuwendungen an Stiftungen ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil das Stiftungsvermögen durch die Stiftungssatzung oder das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht (§§ 51 ff. AO) gebunden ist oder sie staatlich beaufsichtigt werden. Auch wenn eine Stiftung durch diese Regelungen in ihren Verfügungsmöglichkeiten beschränkt ist, unterscheidet sie sich nicht wesentlich von anderen gemeinnützigen Organisationen bzw. Körperschaften. Diese unterliegen auf Grund des Gemeinnützigkeitsrechts ebenfalls zahlreichen Bindungen, durch die sie --um nicht ihren Status als gemeinnützige Körperschaft zu verlieren-- in ihrer Verfügungsbefugnis beschränkt sind.
Im Streitfall hatte die Steuerpflichtige die in Rede stehende Spende aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen geleistet.
Im Hinblick auf die sog. Vorteilseignung (Bezug i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) war im Streitfall u.a. maßgeblich, dass den Eheleuten B und C als Gesellschaftern durch die Zuwendung der Steuerpflichtigen an die A-Stiftung der Vorteil verschafft wurde, dass diese die von ihnen, den Eheleuten B und C, angestrebte (zusätzliche) Förderung erhielt, ohne dass B oder C selbst dafür Mittel hätten aufwenden müssen. Darüber hinaus hatte das FG zutreffend auch bei der A-Stiftung das Vorliegen eines Vorteils bejaht.
Die Würdigung des Vorgangs durch das FG als vGA verstößt auch nicht gegen Art. 20 Abs. 3 GG.