20.06.2017

Verlustabzugsverbot bei schädlichem Beteiligungserwerb

Eine Erwerbergruppe liegt im Hinblick auf einen schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c Abs. 1 S. 2 KStG nur dann vor, wenn mehrere Erwerber bei dem (auch mittelbaren) Erwerb von Anteilen an der Verlustgesellschaft zusammenwirken und sie auf der Grundlage einer im Erwerbszeitpunkt bestehenden Absprache im Anschluss an den Erwerb einen beherrschenden Einfluss in dieser Gesellschaft ausüben können. Dagegen reicht die Möglichkeit des Beherrschens allein nicht aus.

BFH 22.11.2016, I R 30/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war eine beteiligungsverwaltende GmbH. An ihr war u.a. die A-GmbH (zu 53 %) beteiligt. Andere Gesellschafter waren u.a. (teilweise vermittelt durch Beteiligungsgesellschaften) vier Firmengruppen/Familienstämme (B, C, D, E) mit einer Beteiligung von jeweils 10,38 % (bzw. betreffend E in zwei Teilbeteiligungen zu 6,67 % und 3,71 %). Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2010 einen Verlust; zum 31.12.2009 war für sie ein verbleibender Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer bzw. ein vortragsfähiger Gewerbeverlust festgestellt worden.

Im Streitjahr veräußerten die Gesellschafter der A-GmbH ihre Anteile zu jeweils 33,33 % an B, C, und E, so dass diese Käufer mittelbar zugleich jeweils 17,67 % der Anteile an der Klägerin erwarben. Das Finanzamt war der Ansicht, bei den drei Erwerbern handele es sich um eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen i.S.d. § 8c Abs. 1 S. 3 KStG mit der Folge, dass die bis August 2010 nicht genutzten Verluste gem. § 8c Abs. 1 S. 2 KStG vollständig nicht mehr abziehbar seien. Dementsprechend seien im Streitjahr zeitanteilig 8/12 der laufenden Verluste und der auf den 31.12.2009 festgestellte verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer sowie der vortragsfähige Gewerbeverlust nicht mehr abziehbar.

Das FG gab der Klage gegen die auf jeweils 0 € lautenden Festsetzungen zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag für 2010 bzw. gegen die Feststellungen des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer bzw. des vortragsfähigen Gewerbeverlustes - jeweils zum 31.12.2010 - statt. Die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Gründe:
Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor (schädlicher Beteiligungserwerb), sind insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar (§ 8c Abs. 1 S. 1 KStG).

Unabhängig von der vorstehenden Regelung sind bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste vollständig nicht mehr abziehbar, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (§ 8c Abs. 1 S. 2 KStG). Als ein Erwerber i.d.S. gilt auch eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen (§ 8c Abs. 1 S. 3 KStG). Nach dem Wortlaut der Vorschrift müssen die einzelnen Erwerber "eine Gruppe ... mit gleichgerichteten Interessen" darstellen. Auf welchen Umstand sich das jeweilige Interesse erstrecken muss, lässt der Wortlaut dagegen offen.

Für einen "Erwerber" i.S.d. § 8c Abs. 1 S. 3 KStG reicht es nicht aus, wenn lediglich Absprachen, die sich auf den Anteilserwerb "als solchen" beziehen und allenfalls einen zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang (z.B. mit Blick auf die Preisfindung, auf das Bewahren eines bisher vorliegenden Verhältnisses im Anteilsbesitz) der verschiedenen Erwerbsakte begründen, bestehen. Denn von einem "neuen wirtschaftlichen Engagement" kann nur gesprochen werden, wenn die Erwerber nicht nur in der Situation des Erwerbs, sondern auch im zukünftigen Wirtschaften als "Gruppe" aufzutreten willens und in der Lage sind. Dazu reicht die bloße Möglichkeit eines Beherrschens - entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung - nicht aus.

Im vorliegenden Fall fehlte es insbesondere an Regelungen in den Gesellschaftsverträgen, die eine einheitliche Stimmrechtsausübung oder Stimmrechtsbindungen zum Gegenstand haben. Im Übrigen ist zu beachten, dass die Finanzverwaltung die Feststellungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8c Abs. 1 S. 3 KStG trägt.

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