12.04.2017

Verlustausgleich bei abgeltend besteuerten negativen Einkünften aus Kapitalvermögen im Wege der Günstigerprüfung

Negative Einkünfte aus solchem Kapitalvermögen, das eigentlich dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG ("Abgeltungsteuer") unterliegt, können mit positiven Einkünften aus solchem Kapitalvermögen, das nach dem progressiven Regeltarif zu besteuern ist, verrechnet werden. Hierzu ist allerdings erforderlich, dass vom Steuerpflichtigen die sog. Günstigerprüfung beantragt wird.

BFH 30.11.2016, VIII R 11/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im Streitjahr 2009 u.a. Zinsen aus einem privaten Darlehen erzielt. Dieses ordnete das Finanzamt als "Darlehen zwischen nahestehenden Personen" ein, so dass die Zinsen nach dem progressiven Regeltarif zu besteuern waren (§ 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG). Daneben erzielte der Kläger negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem gesonderten Steuertarif gem. § 32d Abs. 1 EStG unterlagen. Er beantragte im Wege der Günstigerprüfung die Verrechnung dieser Kapitaleinkünfte.

Das Finanzamt lehnte diese Verrechnung ab. Der Kläger rügte die Verletzung materiellen Rechts in Gestalt der §§ 20 Abs. 6 S. 2, 20 Abs. 9, 34c Abs. 1 EStG. Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG war zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger auf Grundlage seines gem. § 32d Abs. 6 S. 1 EStG gestellten Antrags keine horizontale Verlustverrechnung zwischen den dem gesonderten Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG unterliegenden Einkünften aus Kapitalvermögen und den dem Steuertarif des § 32a EStG unterliegenden Einkünften aus Kapitalvermögen erreichen kann. Wird ein Antrag gem. § 32d Abs. 6 EStG gestellt, können negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG unterliegen, mit positiven tariflich besteuerten Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden (entgegen BMF-Schreiben vom 18.1.2016 - IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, BStBl I 2016, 85, Rz 119a).

Insofern war dem Kläger insoweit Recht zu geben, als er eine Saldierung der Kapitaleinkünfte aufgrund des Antrags auf Günstigerprüfung für zulässig erachtet hatte. Der vom Kläger geltend gemachte Abzug des Sparer-Pauschbetrags von den regelbesteuerten positiven Einkünften aus Kapitalvermögen war jedoch abzulehnen. Da auf der Grundlage der Feststellungen des FG fraglich war, ob die abgeltend zu besteuernden negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen und die positiven regelbesteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen dem Grunde und der Höhe zutreffend ermittelt worden waren, musste der Streitfall an das FG zurückverwiesen werden.

Hintergrund:
Nach Einführung der Abgeltungsteuer fallen Kapitaleinkünfte grundsätzlich unter den gesonderten Steuertarif i.H.v. 25 % (§ 32d Abs. 1 EStG). Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden (§ 20 Abs. 6 EStG). Nach dem BFH-Urteil steht diese Vorschrift aber einer Verrechnung negativer Kapitaleinkünfte, die unter die Abgeltungsteuer fallen, mit solchen positiven Kapitaleinkünften, die gem. § 32d Abs. 2 EStG dem Regeltarif des § 32a EStG unterliegen, nicht entgegen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Steuerpflichtige einen Antrag auf Günstigerprüfung (§ 32d Abs. 6 EStG) stellt.

Dieser hat zur Folge, dass die der Abgeltungsteuer unterliegenden negativen Kapitaleinkünfte der tariflichen Einkommensteuer unterworfen werden, so dass eine Verlustverrechnung möglich wird. Der Abzug des Sparer-Pauschbetrags (§ 20 Abs. 9 EStG: 801 €) ist in diesem Fall jedoch ausgeschlossen - denn bei regelbesteuerten Einkünften aus Kapitalvermögen können nur die tatsächlich angefallenen und nicht fiktive Werbungskosten in Höhe des Pauschbetrags abgezogen werden (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 S. 2 EStG).

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BFH PM Nr. 25 vom 12.4.2017
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