23.01.2013

Vermögensanlage in "gebrauchte" Lebensversicherungen stellt keinen Gewerbebetrieb dar

Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. Erwirbt eine Anlagegesellschaft auf dem US-amerikanischen Zweitmarkt "gebrauchte" Lebensversicherungen, um die Versicherungssummen bei Fälligkeit einzuziehen, unterhält sie damit auch bei hohem Anlagevolumen und der Einschaltung eines Vermittlers beim Erwerb der Versicherung keinen Gewerbebetrieb.

BFH 11.10.2012, IV R 32/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine im Streitjahr 2004 in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG gegründete Anlagegesellschaft. Sie wird als geschlossener Fonds geführt. Die Klägerin hatte auf Vermittlung einer US-amerikanischen Gesellschaft sog. "gebrauchte" Lebensversicherungen auf dem US-amerikanischen Zweitmarkt erworben. Dort bieten Versicherungsnehmer ihre Lebensversicherungen zum Kauf an, wenn sie diese weder fortführen noch kündigen wollen. Die Klägerin bezahlte für die erworbenen Lebensversicherungen während der Restvertragslaufzeit die Versicherungsprämien und zog bei Fälligkeit die Versicherungssummen ein. Ein Weiterverkauf der aus Eigenmitteln erworbenen Lebensversicherungen erfolgte nicht.

Das Finanzamt war der Ansicht, die Tätigkeit der Klägerin sei gewerblich. Dies hätte ertragsteuerlich u.a. zur Folge gehabt, dass die eingezogenen Versicherungssummen ungeachtet einer Spekulationsfrist bei der Klägerin zu Betriebseinnahmen geführt hätten. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes, mit der es die Verletzung materiellen Rechts gem. § 2 Abs. 1 S. 1 u. 2 GewStG, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 EStG gerügt hatte, blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Die geschäftlichen Aktivitäten der Klägerin waren nicht als gewerblich anzusehen.

Zur Abgrenzung von Gewerbebetrieb und privater Vermögensverwaltung hat der BFH u.a. Rechtsgrundsätze entwickelt, die für am Zweitmarkt erworbene Lebensversicherungen um wirtschaftsgutspezifische Gesichtspunkte zu ergänzen sind. Danach ist bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. Das "Bild des gewerblichen Dienstleisters" ist dabei durch ein Tätigwerden für Andere, vor allem ein Tätigwerden für fremde Rechnung geprägt. Umgekehrt deutet ein Tätigwerden ausschließlich für eigene Rechnung im Regelfall darauf hin, dass der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten wird.

Infolgedessen gehen der Erwerb und das Halten "gebrauchter" Lebensversicherungen sowie der Einzug der Versicherungssumme im Regelfall nicht über den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung hinaus, wenn diese Vorgänge den Beginn und das Ende einer in erster Linie auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit darstellen. Bei gebotener wirtschaftsgutspezifischer Betrachtung entsprach die Tätigkeit der Klägerin nicht dem Bild, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist. Unter den im Streitfall vorliegenden Umständen war vor allem nicht ersichtlich, dass die Tätigkeit der Klägerin über eine private Vermögensverwaltung hinausging.

Das Finanzamt konnte sich zur Begründung seiner Auffassung weder allein auf das Anlagevolumen oder den Umfang der getätigten Rechtsgeschäfte noch auf die Einschaltung eines Vermittlers stützen. Vielmehr war im Streitfall entscheidend, dass sich die Klägerin weder wie ein gewerblicher Händler, dessen Tätigkeit die planmäßige Umschichtung von Vermögenswerten kennzeichnet, noch wie ein gewerblicher Dienstleister verhalten hat.

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BFH PM Nr. 3 vom 23.1.2013
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