Versagung des erhöhten AfA-Satzes für ausländische Kapitalgesellschaften verstößt gegen Unionsrecht
FG Köln 10.7.2013, 10 K 2408/10Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft luxemburgischen Rechts, die im Inland weder eine Zweigniederlassung noch eine Betriebsstätte hat. Im Mai 2004 hatte sie mehrere Immobilien in Deutschland erworben. Sämtliche Immobilien sind an ein Unternehmen aus dem A-Konzern vermietet. Sie dienen nicht zu Wohnzwecken. Die Bauanträge wurden ab 1986 gestellt.
Das Finanzamt ging bei der Verlustfeststellung zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2004 auf Basis von § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG von einem anzuwendenden AfA-Satz i.H.v. 2 % jährlich aus und verweis dafür auf den Gesetzeswortlaut. Die Klägerin begehrte hingegen den Ansatz eines AfA-Satzes i.H.v. 3 % nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG. Sie war der Ansicht, dass die einschlägigen Vorschriften europarechtswidrig seien.
Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde die Revision zugelassen. Die Sache ist beim BFH unter dem Az.: I R 58/13 anhängig.
Die Gründe:
Es verstößt gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit, dass der Klägerin die Anwendung des AfA-Satzes nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG i.H.v. 3 % verwehrt wird, während inländische Kapitalgesellschaften bei ansonsten gleichem Sachverhalt eine AfA i.H.v. 3 % einkommensmindernd geltend machen können.
Es entspricht der ständigen EuGH-Rechtsprechung, dass zu den Maßnahmen, die Art. 63 Abs. 1 AEUV als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verbietet, solche gehören, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten. Als derartige Beschränkungen können nicht nur nationale Maßnahmen angesehen werden, die geeignet sind, den Erwerb von in anderen Mitgliedstaaten belegenen Immobilien zu verhindern oder zu beschränken, sondern auch Maßnahmen, die davon abhalten können, solche Immobilien zu behalten. Durch die Nichtgewährung eines höheren Abschreibungssatzes werde dem Steuerpflichtigen ein Liquiditätsvorteil vorenthalten. Dieser steuerliche Nachteil sei geeignet, Steuerpflichtige davon abzuhalten, in einem anderen Mitglied belegene Immobilien zu erwerben bzw. zu behalten.
Davon ausgehend wird in der Literatur vertreten, dass die Verweigerung der erhöhten Abschreibung für beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften gem. § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG ebenfalls mit der Kapitalverkehrsfreiheit nicht in Einklang zu bringen sei. Nur die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass eine erhöhte AfA nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG erst ab dem Veranlagungszeitraum 2009 infolge der ab diesem Zeitpunkt geltenden Gesetzesänderung im Hinblick auf beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften zu gewähren sei.
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Finanzverwaltung, dass hier unterschiedliche Konstellationen verglichen würden. Es kommt für die Frage, in welcher Höhe ein Steuerpflichtiger Absetzungen für Abnutzungen geltend machen kann, insbesondere auch nicht darauf an, ob ein gegebenenfalls später erwirtschafteter Veräußerungsgewinn aus einem Immobiliengeschäft steuerpflichtig wäre oder nicht. Es steht vielmehr fest, dass die Ungleichbehandlung im Hinblick auf den ansetzbaren AfA-Satz in Übereinstimmung mit der bereits veröffentlichten Rechtsprechung des EuGH als Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit zu werten ist, ohne dass ein Rechtfertigungsgrund erkennbar wäre. Einen solchen hat die Finanzverwaltung auch nicht vorgetragen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wurde allerdings die Revision zum BFH zugelassen.
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