26.01.2015

Versicherer muss auf fehlenden Nachweis für eine Anschlussversicherung (hier: PKV) hinweisen

Der seinen Prämienanspruch geltend machende Versicherer kann sich nicht auf die Unwirksamkeit einer vom Versicherungsnehmer ausgesprochenen Kündigung wegen Fehlens eines Anschlussversicherungsnachweises gem. § 205 Abs. 6 VVG berufen, wenn er den Versicherungsnehmer nicht auf dessen Fehlen hingewiesen hat. Dabei hat der Versicherer den Zugang eines entsprechenden Hinweisschreibens beim Versicherungsnehmer nachzuweisen.

BGH 14.1.2015, IV ZR 43/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einer bei ihr gehaltenen privaten Krankheitskostenversicherung auf Zahlung rückständiger Prämien für den Zeitraum November 2009 bis Oktober 2010 in Anspruch.

Mit einem der Klägerin am 29.12.2009 zugegangenen Schreiben erklärte der Beklagte u.a. wegen einer angekündigten Beitragserhöhung die fristlose Kündigung des Vertrages zum 1.1.2010. Ein Nachweis für eine ohne Unterbrechung bei einem anderen Versicherer bestehende Pflichtkrankenversicherung i.S.d. § 193 Abs. 3 S. 1 VVG lag der Kündigungserklärung nicht bei. Mit Schreiben vom 21.1.2010, dessen Erhalt der Beklagte in Abrede stellt, forderte die Klägerin ihn unter Zurückweisung der Kündigung und Fristsetzung zur Vorlage eines Anschlussversicherungsnachweises auf. Eine Bescheinigung über einen seit dem 1.1.2010 bei einem anderen Versicherer fortbestehenden Versicherungsschutz ging bei der Klägerin erst am 19.10.2012 ein.

Der Beklagte meint, die aus § 242 BGB folgende Pflicht, den Versicherungsnehmer auf die Unwirksamkeit der Kündigung hinzuweisen, werde erst mit dem von dem Versicherer darzulegenden und nachzuweisenden Zugang des Hinweises erfüllt. Nach Auffassung der Klägerin wird die Hinweispflicht demgegenüber bereits durch die Absendung der Mitteilung erfüllt.

AG und LG gaben der Klage antragsgemäß statt. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und gab der Klage lediglich hinsichtlich der Prämien für die Monate November und Dezember statt; im Übrigen wies er die Klage ab.

Die Gründe:
Begründet ist lediglich der Prämienanspruch der Klägerin für die Monate November und Dezember 2009, da der Beklagte den Vertrag erst zum 31.12.2009 gekündigt hat. Versicherungsprämien für die Monate Januar bis Oktober 2010 kann die Klägerin dagegen nicht verlangen, da sie sich im Rahmen des von ihr geltend gemachten Primäranspruchs unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf die Unwirksamkeit der vom Beklagten erklärten Kündigung wegen Fehlens des Anschlussversicherungsnachweises berufen kann, weil sie den Beklagten hierauf nicht nachweisbar hingewiesen hat.

Die Kündigung einer Pflichtkrankenversicherung i.S.d. § 193 Abs. 3 S. 1 VVG setzt nach § 205 Abs. 6 VVG den Nachweis eines bei einem neuen Versicherer ohne Unterbrechung fortbestehenden Versicherungsschutzes voraus. Diesen erbrachte der Beklagte erst mit einem der Klägerin am 19.10.2012 zugegangenen Schreiben. Die Kündigung wird gem. § 205 Abs. 6 S. 2 VVG a.F. (in der bis zum 30.4.2013 gültigen Fassung) erst im Zeitpunkt des Zugangs des Nachweises der Anschlussversicherung beim bisherigen Versicherer wirksam. Eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung beim bisherigen Versicherer kommt nicht in Betracht.

Allerdings traf die ihren Erfüllungsanspruch auf Prämienzahlung geltend machende Klägerin nach Erhalt der Kündigung die Pflicht, den Beklagten auf die Notwendigkeit eines Anschlussversicherungsnachweises und dessen Fehlen hinzuweisen. Diese Hinweispflicht ergibt sich unmittelbar aus dem Versicherungsvertrag, der in besonderer Weise vom Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht wird. Ein derartiger Hinweis ist dem Versicherer, der die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Kündigung eines Krankheitskostenversicherungsvertrages, der eine Pflicht aus § 193 Abs. 3 S. 1 VVG erfüllt, regelmäßig besser kennt als der Versicherungsnehmer, möglich und beeinträchtigt seine Interessen nicht. Diese Hinweispflicht aus § 242 BGB wird nicht durch die Beratungspflicht gem. § 6 Abs. 4 S. 1 VVG verdrängt.

Dabei umfasst die Hinweispflicht des Versicherers nicht nur die Absendung eines entsprechenden Hinweisschreibens, sondern auch dessen Zugang beim Versicherungsnehmer. Die dem Versicherungsnehmer nach Treu und Glauben geschuldeten Informationen sind empfangsbedürftig. Den Nachweis des Zugangs des Hinweisschreibens vom 21.1.2010 hat die Klägerin vorliegend jedoch nicht erbracht. Dies führt zwar nicht zur Wirksamkeit der Kündigung durch den Beklagten bereits zum 31.12.2009. Die Klägerin ist allerdings unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gem. § 242 BGB daran gehindert, sich, wenn sie wegen des noch nicht beendeten Versicherungsvertrages ihren Prämienanspruch geltend macht, auf die Unwirksamkeit der vom Versicherungsnehmer erklärten Kündigung zu berufen, wenn sie diesen was sie darzulegen und zu beweisen hat nicht auf den fehlenden Anschlussversicherungsnachweis hingewiesen hat.

Da das Versicherungsverhältnis allerdings für beide Vertragsteile von dem Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht wird, kann sich der Versicherungsnehmer zwar seinerseits nicht auf einen unterbliebenen oder jedenfalls nicht bewiesenen Zugang des Hinweises des Versicherers berufen, wenn er für den Zeitraum zwischen Kündigungserklärung und Vorlage des Anschlussversicherungsnachweises wegen des noch fortbestehenden Versicherungsvertrages Leistungsansprüche aus der Krankheitskostenversicherung geltend macht. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall.

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