18.04.2024

Versteuerung von "Earn-Out-Zahlungen" im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils

1. Im Fall der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils sind neben dem Festkaufpreis zu leistende gewinn- oder umsatzabhängige Kaufpreisbestandteile erst im Zeitpunkt des Zuflusses als nachträgliche Betriebseinnahmen zu versteuern. Sie erhöhen den im Jahr der Veräußerung entstandenen Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes nicht (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. Dies gilt auch für sogenannte Earn-Out-Klauseln, bei denen das Entstehen der sich hieraus ergebenden variablen Kaufpreisbestandteile sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiss ist.

Kurzbesprechung
BFH v. 9.11.2023 - IV R 9/21

EStG § 2 Abs 1 S 1 Nr. 2, § 16 Abs 1 S 1 Nr. 2, § 16 Abs 2 S 1, § 24 Nr. 2
AO § 175 Abs 1 S 1 Nr. 2
BGB § 158 Abs 1
HGB § 252 Abs 1 Nr. 4 Halbs 2


Im Fall der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils sind neben dem Festkaufpreis zu leistende gewinn- oder umsatzabhängige Kaufpreisbestandteile erst im Zeitpunkt des Zuflusses als nachträgliche Betriebseinnahmen zu versteuern und nicht veräußerungsgewinnerhöhend zu berücksichtigen. Dies gilt auch für sogenannte Earn-Out-Klauseln, bei denen das Entstehen der sich hieraus ergebenden variablen Kaufpreisbestandteile sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiss ist.

Ist bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils die Gegenleistung bereits erbracht und die Anteilsveräußerung vollzogen, liegt eine materiell-rechtliche und deshalb nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auch verfahrensrechtliche Rückwirkung auf das abgeschlossene Rechtsgeschäft nur vor, wenn der Rechtsgrund für die später geleistete Zahlung im ursprünglichen Rechtsgeschäft ‑ der Anteilsveräußerung ‑ angelegt ist. Ist die nach Vollziehung der Veräußerung geleistete Zahlung jedoch Gegenstand eines selbständigen Rechtsgeschäfts, das nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung steht, wirkt diese nicht auf den Zeitpunkt des Entstehens des Veräußerungsgewinns zurück.

Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor. Der BFH stellte klar, dass es sich bei "Earn-Out-Zahlungen" um ‑ aufschiebend bedingte ‑ Kaufpreisbestandteile handelt, deren Entstehen im Veräußerungszeitpunkt sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiss ist; eine Schätzung ihres Kapitalwerts ist daher im Veräußerungszeitpunkt nicht möglich. Diese Unsicherheit rechtfertigt es, derartige "Earn-Out-Zahlungen" unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und in ‑ jedenfalls gedanklicher ‑ Anlehnung an das Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB) von der stichtagsbezogenen Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 16 EStG auszunehmen. Denn die Entstehung derartiger Kaufpreisbestandteile ist im Veräußerungszeitpunkt noch nicht "so gut wie sicher". Die dem Grunde und der Höhe nach unsicheren "Earn-Out-Zahlungen" sind daher erst im Zeitpunkt des Zuflusses zu besteuern.
Verlag Dr. Otto Schmidt
Zurück