Vorläufiger Steuerrechtsschutz für BCI-Geschädigte
FG Köln 10.4.2013, 10 V 216/13Die Antragsteller sind Eheleute, die sich mit 50.000 € an der Business Capital Investors Corporation (BCI) beteiligt hatten. Sie wehren sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Versteuerung "gutgeschriebener Erträge", die sie nie erhalten haben. Auch ihre Einlage wurde ihnen im Wesentlichen nicht zurückgezahlt.
Die BCI ist eine amerikanische Aktiengesellschaft, deren Unternehmensgegenstand die Verwaltung des eigenen Vermögens ist. Ihre Anteile wurden über ein Beratersystem vor allem in Deutschland vertrieben. Tausende von Anlegern, die an die 100 Mio. € investiert haben sollen, wurden mit Renditen von 15,5 Prozent gelockt. Diese Erträge sollten erzielt werden, indem das eingesammelte Geld Banken zur Verfügung gestellt wird. Tatsächlich konnte von den ermittelnden Behörden aber keine renditeträchtige Geschäftstätigkeit der BCI festgestellt werden. Sie gehen davon aus, dass es sich bei der BCI um ein Schneeballsystem handelt und die vermeintlichen Erträge aus neuangeworbenen Einlagen gezahlt wurden.
Das Finanzamt stützte den gegenüber den Klägern erlassenen Steuerbescheid auf die Rechtsprechung des BFH, wonach auch bei einem Schneeballsystem Gutschriften über wiederangelegte Renditen bis zu dem Zeitpunkt zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen, an dem das Schneeballsystem zusammenbricht.
Das FG gab dem hiergegen gerichteten Antrag statt und setzte die Steuerbescheide von der Vollziehung aus. Die Beschwerde zum BFH wurde zur Klärung der Rechtslage und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.
Die Gründe:
Es entspricht der Rechtsprechung des BFH, dass auch Gutschriften über wiederangelegte Renditen in Schneeballsystemen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S.v. § 20 EStG führen, solange der Schuldner der Erträge leistungsbereit und leistungsfähig ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Einnahmen (§ 8 Abs. 1 EStG) i.S.v. § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des i.Ü. leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen.
Entscheidend ist, ob der Steuerpflichtige in seinem konkreten Fall eine Auszahlung hätte erreichen können. Erst bei Verfügung über eine objektiv wertlose Forderung scheide ein Zufluss definitiv aus. Dies sei mangels anderer Anhaltspunkte im Regelfall zu verneinen, solange ein Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners noch nicht gestellt worden sei. Daran ändere auch eine Diskrepanz zwischen den tatsächlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den tatsächlich bestehenden Forderungen nichts. Daraus ließe sich für die Frage des Zuflusses von Erträgen jedenfalls so lange nichts herleiten, wie das Schneeballsystem als solches funktioniere, d.h. die Auszahlungsverlangen der Anleger ohne Einschränkung bedient werden.
Dagegen hat das FG Saarland entschieden, dass ein Anlagebetrüger kein leistungswilliger und leistungsfähiger Schuldner sei und dass daher eine Besteuerung der Scheingewinne abzulehnen sei (1 K 2327/03). Der 13. Senat des FG Köln hat sich in einem BCI-Fall der Auffassung des BFH angeschlossen und vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt (13 V 3763/12). Das Finanzgericht Düsseldorf hingegen hat in einem Parallelfall unter Hinweis auf die Rechtsprechung des FG Saarland die angefochtenen Bescheide von der Vollziehung ausgesetzt (7 V 235/13 A(E)).
Der erkennende Senat hat nunmehr wegen der unklaren Rechtslage vorläufigen Rechtsschutz gewährt. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide, da innerhalb der Rechtsprechung - auch bei identischen Sachverhalten und überschneidenden Streitjahren - streitig ist, ob bei Schneeballsystemen vor deren Zusammenbruch generell von einer Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit des Anlagebetrügers ausgegangen werden kann.
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