21.09.2011

Vorteil einer Vertragsarzt- Zulassung ist in der Regel im Praxiswert einer Arztpraxis enthalten

Der mit dem Kaufpreis einer Kassenarztpraxis abgegoltene Praxiswert umfasst den Vorteil aus der Zulassung als Vertragsarzt grundsätzlich untrennbar. Der Praxiserwerber schafft sich daher kein gesondertes immaterielles Wirtschaftsgut "Wirtschaftlicher Vorteil einer Vertragsarztzulassung" an.

BFH 9.8.2011, VIII R 13/08
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Facharzt für Orthopädie und hatte im April 1998 eine Facharztpraxis mit dem Patientenstamm der Kassenpatienten erworben. Der Gesamtkaufpreis von 498.000 DM entfiel zum Teil auf die Praxiseinrichtung, zum größeren Teil aber auf den Praxiswert, der anhand des vom Veräußerer erzielten Umsatzes und Gewinns ermittelt worden war.

Nachdem der Kläger die Zulassung als Vertragsarzt erhalten hatte, gründete er mit einem Facharzt für Anästhesie, der an ihn 200.000 DM für den erworbenen Anteil leistete, eine Praxisgemeinschaft. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Er nahm auf den ihm verbleibenden Teil des Praxiswerts für die Streitjahre 2002 und 2003 Absetzungen für Abnutzung (AfA) vor.

Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die Hälfte des vom Kläger entrichteten Betrags für den Praxiswert auf den "wirtschaftlichen Vorteil einer Vertragsarztzulassung" entfalle, der als ein nicht abnutzbares immaterielles - vom Praxiswert zu trennendes eigenes - Wirtschaftsgut anzusehen sei. Da die vom Kläger jährlich vorgenommene AfA die abschreibbare Hälfte bereits überschritten habe, sei für weitere AfA in den Jahren 2002 und 2003 kein Raum mehr.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Das FG hatte den Vorteil aus der Zulassung des Klägers als Vertragsarzt zu Recht nicht als selbständiges Wirtschaftsgut beurteilt.

Wenn sich der Kaufpreis einer Praxis - wie hier - nach dem Verkehrswert richtet, lässt sich von dem Praxiswert kein gesondertes Wirtschaftsgut "Vorteil aus der Vertragsarztzulassung" abspalten. Der die Praxis übergebende Vertragsarzt kann den Vorteil aus der Zulassung grundsätzlich nicht selbständig verwerten. Er kann nur gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung einen Antrag auf Fortführung der bestehenden Praxis durch einen Nachfolger stellen. Dieser Antrag löst dann ein neues Zulassungsverfahren aus, wobei die Zulassung des Erwerbers vom Vorliegen persönlicher Eigenschaften abhängt und im Ermessen des Zulassungsausschusses steht.

Eine gesonderte Bewertung des Vorteils aus der Zulassung kommt auch aus Gründen der Praktikabilität nicht in Betracht, weil ein sachlich begründbarer Aufteilungs- und Bewertungsmaßstab nicht ersichtlich ist. Eine andere Beurteilung folgt nicht aus der Rechtsprechung, der zufolge eine Güterfernverkehrsgenehmigung ein selbständiges Wirtschaftsgut ist. Allerdings ist der wirtschaftliche Vorteil einer Vertragsarztzulassung insoweit mit einer Güterfernverkehrsgenehmigung vergleichbar, als der Inhaber in einem reglementierten Markt auftreten und die Marktchancen nutzen darf. Die Zulassung als Vertragsarzt ist aber von persönlichen Voraussetzungen abhängig, die nicht Gegenstand einer Veräußerung sein können, insbesondere von der beruflichen Qualifikation als Arzt. Außerdem begründet die Zulassung eine Behandlungspflicht gegenüber den gesetzlich versicherten Patienten und damit einhergehend einen öffentlich-rechtlichen Vergütungsanspruch.

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BFH PM Nr. 78 vom 21.9.2011
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