Wann ist die steuerfreie Entnahme einer Wohnung aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen möglich?
BFH v. 16.1.2020 - VI R 22/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte in den Streitjahren 2007 und 2008 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt. Den Betrieb hat sie seit Juli 2002 von ihrem Vater gepachtet, der ihn zuvor selbst bewirtschaftet hatte. Auf dem Hofgrundstück stehen zwei Wohnhäuser. Das Betriebsleiterhaus, bei dem es sich nach landesrechtlichen Vorschriften nicht um ein Baudenkmal handelt, sowie das ehemalige Altenteilerhaus. Beide Gebäude befanden sich am 1.7.1987 im Betriebsvermögen und waren Dritten entgeltlich zur Nutzung überlassen. Der Vater wohnte auf dem Hof seiner Ehefrau.
Das ehemalige Altenteilerhaus wird noch heute fremdvermietet. Das Betriebsleiterhaus war bis Anfang 2006 ebenfalls durchgehend fremdvermietet. Danach zog die Klägerin als Pächterin in das Haus. Ab Mai 2008 überließ der Vater der Klägerin den landwirtschaftlichen Betrieb unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Die damit einhergehende Entnahme des nunmehr zu eigenen Wohnzwecken genutzten Betriebsleiterhauses behandelte die Klägerin, die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr vom 1.7. bis zum 30.6. des Folgejahres (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG) ermittelt, gem. § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG als steuerfrei.
Das Finanzamt hielt den Entnahmegewinn jedoch für steuerpflichtig. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb ohne Erfolg.
Gründe:
Die Entnahme nach § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG erfolgte nicht steuerfrei, sondern gewinnwirksam.
Danach bleibt der Entnahme- oder Veräußerungsgewinn außer Ansatz, wenn eine vor dem 1.1.1987 einem Dritten entgeltlich zur Nutzung überlassene Wohnung und der dazugehörende Grund und Boden für eigene Wohnzwecke entnommen werden. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die steuerfreie Entnahme von Wohnungen aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen nach § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG neben Anderem (hier Unstreitigem) voraussetzt, dass es sich bei dem entnommenen Gebäude oder Gebäudeteil nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften um ein Baudenkmal handelt. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Regelung.
Dem steht nicht entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal "Baudenkmal" im Tatbestand der Nr. 2 nicht ausdrücklich aufgeführt wird. Einer ausdrücklichen Aufnahme dieses Tatbestandsmerkmals bedurfte es nämlich nicht, da sich die tatbestandliche Anknüpfung an ein Baudenkmal bereits aus dem systematischen Zusammenhang des § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG mit § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG und § 13 Abs. 4 Sätze 1 bis 6 Nr. 1 EStG ergibt. Durch die Bezugnahme in § 13 Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG auf § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG wird hinreichend deutlich, dass sich der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 4 EStG (nur) auf Wohnungen bezieht, die in einem Gebäude oder Gebäudeteil belegen sind, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist.
Auch Satz 6 knüpft an das Tatbestandsmerkmal "Baudenkmal" an. Es ist aber nicht ersichtlich, dass das Tatbestandsmerkmal "Baudenkmal" für die im selben Regelungskontext stehende Entnahme einer fremdgenutzten Wohnung gem. Satz 6 Nr. 2 nicht einschlägig sein soll. Vielmehr verdeutlichen die inhaltliche Übereinstimmung des sowohl in Nr. 1 als auch in Nr. 2 verwendeten Tatbestandsmerkmals "Entnahme einer Wohnung und des dazugehörenden Grund und Bodens" sowie die daran geknüpfte nämliche Rechtsfolge, dass beide Entnahmetatbestände an das - quasi vor die Klammer gezogene - Tatbestandsmerkmal "Baudenkmal" anknüpfen.
Da das Betriebsleiterhaus im vorliegenden Fall kein Baudenkmal ist, war dessen steuerfreie Entnahme (zu eigenen Wohnzwecken) nur bis zum 31.12.1998 gem. § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG a.F. möglich. Eine steuerfreie Entnahme in den Streitjahren kam mithin nicht (mehr) in Betracht.
BFH online
Die Klägerin hatte in den Streitjahren 2007 und 2008 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt. Den Betrieb hat sie seit Juli 2002 von ihrem Vater gepachtet, der ihn zuvor selbst bewirtschaftet hatte. Auf dem Hofgrundstück stehen zwei Wohnhäuser. Das Betriebsleiterhaus, bei dem es sich nach landesrechtlichen Vorschriften nicht um ein Baudenkmal handelt, sowie das ehemalige Altenteilerhaus. Beide Gebäude befanden sich am 1.7.1987 im Betriebsvermögen und waren Dritten entgeltlich zur Nutzung überlassen. Der Vater wohnte auf dem Hof seiner Ehefrau.
Das ehemalige Altenteilerhaus wird noch heute fremdvermietet. Das Betriebsleiterhaus war bis Anfang 2006 ebenfalls durchgehend fremdvermietet. Danach zog die Klägerin als Pächterin in das Haus. Ab Mai 2008 überließ der Vater der Klägerin den landwirtschaftlichen Betrieb unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Die damit einhergehende Entnahme des nunmehr zu eigenen Wohnzwecken genutzten Betriebsleiterhauses behandelte die Klägerin, die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr vom 1.7. bis zum 30.6. des Folgejahres (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG) ermittelt, gem. § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG als steuerfrei.
Das Finanzamt hielt den Entnahmegewinn jedoch für steuerpflichtig. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb ohne Erfolg.
Gründe:
Die Entnahme nach § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG erfolgte nicht steuerfrei, sondern gewinnwirksam.
Danach bleibt der Entnahme- oder Veräußerungsgewinn außer Ansatz, wenn eine vor dem 1.1.1987 einem Dritten entgeltlich zur Nutzung überlassene Wohnung und der dazugehörende Grund und Boden für eigene Wohnzwecke entnommen werden. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die steuerfreie Entnahme von Wohnungen aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen nach § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG neben Anderem (hier Unstreitigem) voraussetzt, dass es sich bei dem entnommenen Gebäude oder Gebäudeteil nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften um ein Baudenkmal handelt. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Regelung.
Dem steht nicht entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal "Baudenkmal" im Tatbestand der Nr. 2 nicht ausdrücklich aufgeführt wird. Einer ausdrücklichen Aufnahme dieses Tatbestandsmerkmals bedurfte es nämlich nicht, da sich die tatbestandliche Anknüpfung an ein Baudenkmal bereits aus dem systematischen Zusammenhang des § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 2 EStG mit § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG und § 13 Abs. 4 Sätze 1 bis 6 Nr. 1 EStG ergibt. Durch die Bezugnahme in § 13 Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG auf § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG wird hinreichend deutlich, dass sich der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 4 EStG (nur) auf Wohnungen bezieht, die in einem Gebäude oder Gebäudeteil belegen sind, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist.
Auch Satz 6 knüpft an das Tatbestandsmerkmal "Baudenkmal" an. Es ist aber nicht ersichtlich, dass das Tatbestandsmerkmal "Baudenkmal" für die im selben Regelungskontext stehende Entnahme einer fremdgenutzten Wohnung gem. Satz 6 Nr. 2 nicht einschlägig sein soll. Vielmehr verdeutlichen die inhaltliche Übereinstimmung des sowohl in Nr. 1 als auch in Nr. 2 verwendeten Tatbestandsmerkmals "Entnahme einer Wohnung und des dazugehörenden Grund und Bodens" sowie die daran geknüpfte nämliche Rechtsfolge, dass beide Entnahmetatbestände an das - quasi vor die Klammer gezogene - Tatbestandsmerkmal "Baudenkmal" anknüpfen.
Da das Betriebsleiterhaus im vorliegenden Fall kein Baudenkmal ist, war dessen steuerfreie Entnahme (zu eigenen Wohnzwecken) nur bis zum 31.12.1998 gem. § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG a.F. möglich. Eine steuerfreie Entnahme in den Streitjahren kam mithin nicht (mehr) in Betracht.