Welche Bedingungen werden an den Nachweis eines niedrigeren Grundstückswerts geknüpft
BFH 25.4.2018, II R 47/15Der Kläger war zusammen mit K zu je 50 % an einer GbR beteiligt. Im Gesamthandsvermögen der GbR befand sich ein bebautes und vermietetes Grundstück. Dieses war in der Bilanz der GbR zum 31.12.2010 einschließlich der Betriebsvorrichtungen mit rund 2,8 Mio. € aktiviert. Als weitere Aktiva waren u.a. die Betriebs- und Geschäftsausstattung, Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände sowie Kassenbestand, Guthaben u.ä. ausgewiesen. Dem standen Rückstellungen, Verbindlichkeiten, passive Rechnungsabgrenzungsposten sowie sonstige Passiva (Verrechnungskonto) gegenüber. Die Bilanzsumme betrug rund 3,3 Mio. €.
Darüber hinaus waren der Kläger und K zu je 50 % am Stammkapital einer GmbH beteiligt. Im Dezember 2010 verkaufte und übertrug K seine Anteile an der GbR i.H.v. 44 % an den Kläger sowie in Höhe von 6 % an die GmbH. Als Kaufpreis war - entsprechend dem Kapitalkonto des K - ein Betrag von 100 € vereinbart. Gleichzeitig verpflichtete sich K, seine Anteile an der GmbH für 78.000 € an den Kläger zu verkaufen.
Das Finanzamt ging aufgrund dieser Vereinbarung von einer Vereinigung der GbR-Anteile in der Person des Klägers zum 23.12.2010 aus. In der Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts für das Grundstück der GbR beantragte der Kläger, den bilanzierten Buchwert von 2,8 Mio. € als nachgewiesenen niedrigeren Wert des Grundstücks anzusetzen. Das Finanzamt ermittelte den Wert des Grundstücks nach dem Ertragswertverfahren und stellte ihn mit rund 3,4 € fest.
Der Kläger machte geltend, er habe über den GbR-Anteil das Grundstück erworben. Der Wert des Grundstücks ergebe sich aus dem Bilanzansatz bei der GbR ohne Betriebsvorrichtungen. Das FG wies die Klage ab. Auch die Revision des Klägers vor dem BFH blieb letztlich erfolglos.
Gründe:
Der Grundbesitzwert wurde zutreffend nach dem Ertragswertverfahren ermittelt. Ein niedrigerer Grundbesitzwert wurde nicht nachgewiesen.
Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 182 bis 196 BewG ermittelte Wert, so ist gem. § 198 S. 1 BewG dieser Wert anzusetzen. Nach § 198 S. 2 BewG gelten für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts grundsätzlich die aufgrund des § 199 Abs. 1 BauGB erlassenen Vorschriften.
Der Steuerpflichtige kann den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des Grundstücks durch Sachverständigengutachten regelmäßig nur durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken führen. Ob ein Sachverständigengutachten den geforderten Nachweis erbringt, unterliegt der freien Beweiswürdigung des FG. Der Nachweis ist erbracht, wenn dem Gutachten ohne Einschaltung bzw. Bestellung weiterer Sachverständiger gefolgt werden kann.
Ein niedrigerer gemeiner Wert kann auch durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah zum maßgeblichen Besteuerungsstichtag erzielten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück nachgewiesen werden. Als gewöhnlicher Geschäftsverkehr ist der Handel nach den wirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage zu verstehen, bei dem die Vertragspartner ohne Zwang und nicht aus Not, sondern in Wahrung ihrer eigenen Interessen handeln.
Diesen anerkannten Mitteln zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Grundstückswerts kann weder der Rückgriff auf Bilanzansätze noch eine Ableitung aus dem Kaufpreis für den Anteil an einer Gesellschaft gleich stehen, zu deren Vermögen das Grundstück gehört. Ein Sachverständigengutachten und ein zeitnah erzielter Kaufpreis führen dazu, dass dem Finanzamt und dem FG weitere Ermittlungen und insbesondere Beweisaufnahmen zur Feststellung des gemeinen Werts eines Grundstücks erspart bleiben. Letztlich soll ein eindeutiges Bewertungsergebnis bei vertretbarem Verwaltungsaufwand erzielt werden. Andere Beweismittel müssen diesen Vorgaben ebenfalls gerecht werden.
Der Bilanzwert allein ist jedoch weder Indiz noch Nachweis für den gemeinen Wert eines Wirtschaftsguts. Bilanzwerte gerade von Grundstücken liegen regelmäßig deutlich unter dem Verkehrswert. Der erforderliche Nachweis des gemeinen Werts eines Grundstücks ist ebenfalls nicht gegeben, wenn beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen der gemeine Wert eines zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücks aus dem Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile abgeleitet wird. Dies gilt insbesondere, wenn das Vermögen der Gesellschaft nicht nur aus dem zu bewertenden Grundstück besteht, sondern weitere Gegenstände (ggf. auch mit stillen Reserven) umfasst. Rechtlich und tatsächlich sind der Erwerb eines Grundstücks und der Erwerb von Anteilen einer grundbesitzenden Gesellschaft nicht gleichzusetzen.
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