Werbungskostenabzug bei Zuwendungen der Bundeswehr durch die Zurverfügungstellung einer Gemeinschaftsunterkunft
KurzbesprechungEStG § 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 Nr. 5, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Der ledige Steuerpflichtige war im Streitjahr 2009 Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Die Bundeswehr stellte ihm unentgeltlich eine Gemeinschaftsunterkunft in der Kaserne zur Verfügung. Grundsätzlich bestand für ihn die Verpflichtung, in der Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen. Er war allerdings nicht zur Übernachtung in der Gemeinschaftsunterkunft verpflichtet, d.h. Die Ausgangsregelungen der Bundeswehr ließen eine Rückkehr an den Heimatwohnort nach Dienstschluss zu. Der Steuerpflichtige fuhr nach Dienstende regelmäßig von der Kaserne zu seiner Wohnung zurück.
Für die Gestellung der Unterkunft setzte die Bundeswehr einen geldwerten Vorteil nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung i. H. von 612 € für das Streitjahr an. In der ESt-Erklärung 2009 machte der Steuerpflichtige Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geltend. Daneben beantragte er die Anerkennung von Unterkunftskosten am Beschäftigungsort i. H. des von der Bundeswehr in Ansatz gebrachten Sachbezugs von 612 €. Das FA erkannte jedoch lediglich die Fahrtkosten als Werbungskosten an.
Dies sieht der BFH jedoch anders. Da beim Steuerpflichtigen ein geldwerter Vorteil als Sachbezug angesetzt und in Höhe der amtlichen Sachbezugswerte der Besteuerung unterworfen wurde, stand ihm in derselben Höhe ein entsprechender Werbungskostenabzug zu. Denn er hätte die Aufwendungen für die Gemeinschaftsunterkunft, wenn er sie selbst getragen hätte, gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten abziehen können, da sie Die beruflich veranlasst gewesen wären.
Die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG lagen im Streitfall nicht vor. Denn nutzt der Steuerpflichtige die Unterkunft am Beschäftigungsort nicht zum Wohnen, kann von einer doppelten Haushaltsführung keine Rede sein.
Der Kläger hätte die Aufwendungen für die Unterkunft in der Kaserne, wenn er sie selbst getragen hätte, als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehen können. Die Aufwendungen wären beruflich veranlasst gewesen. Denn die Aufbewahrung der Uniform und der Ausrüstung des Steuerpflichtigen in der Kaserne standen ebenso wie das Anlegen bzw. der Wechsel der Uniform in objektivem Zusammenhang mit der Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen als Soldat und dienten ihr auch subjektiv.
Dem Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG standen im Streitfall auch die Vorschriften der doppelten Haushaltsführung nicht entgegen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf das damit in Zusammenhang stehende Wahlrecht des Steuerpflichtigen, entweder die Aufwendungen für die (täglichen) Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte oder die Kosten für die Zweitwohnung nebst einer wöchentlichen Familienheimfahrt als Werbungskosten geltend zu machen.
Zwar sind Unterkunftskosten im Regelungsbereich des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar, selbst wenn die Voraussetzungen für eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung nicht erfüllt sind Dies beruht darauf, dass Kosten für eine (Zweit-)Wohnung als Kosten der Lebensführung grundsätzlich nicht beruflich veranlasst sind. Im Streitfall war der Regelungsbereich des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG jedoch nicht berührt. Denn der Steuerpflichtige wohnte nicht in der Gemeinschaftsunterkunft in der Kaserne. Für die Anwendung der § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG verdrängenden Spezialvorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG war daher im Streitfall von vornherein kein Raum. Denn es ging nicht um grundsätzlich privat veranlasste Wohnkosten, die nur unter den Voraussetzungen von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar sind.