05.01.2016

Wöchentliche Zimmervermietung zum Zweck der Prostitution ist grundsätzlich steuerfrei

Die wochenweise Vermietung von möblierten Zimmern an Prostituierte stellt keinen Fall von kurzfristiger Beherbergung dar und ist deshalb umsatzsteuerfrei. Der Vermieter erbringt in einem solchen Fall grundsätzlich eine steuerfreie Leistung i.S.v. § 4 Nr. 12a UStG, es sei denn, die Zimmervermietung ist mit weiteren Leistungen derart verbunden, dass diese der Gesamtleistung ein anderes Gepräge geben.

FG Hamburg 17.9.2015, 2 K 253/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Unternehmergesellschaft, die im April 2012 eine Wohnung mit fünf Zimmern, Küche und Bad angemietet hat und die Zimmer wochenweise an Prostituierte weitervermietet. Diese bieten ihre Dienste über das Internet an. Die Zimmer waren möbliert und ein Zimmer, das allen Mieterinnen bei Bedarf zur Verfügung gestellt wurde, war mit besonderen Gerätschaften (Käfig, Liebesschaukel u.ä.) ausgestattet. Die Eingangstür wurde per Videokamera überwacht, jedes Zimmer hatte ein eigenes Klingelschild. Die Klägerin stellte Handtücher und Bettwäsche zur Verfügung.

Im Jahr 2013 war bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für 2012 durchgeführt worden. Die Betriebsprüfung stellte dabei fest, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei. Das Kassenbuch sei über eine Excel-Tabelle geführt worden, eine Kassensturzfähigkeit sei nicht gegeben. Die Belege seien nicht kontiert worden. Mehrere Frauen hätten über das Internet Leistungen unter der Anschrift angeboten, ohne dass in der Buchführung Ausgangsrechnungen über die Mieten dieser Frauen vorhanden gewesen seien. Das Finanzamt erließ daraufhin entsprechende Umsatzsteuerschätzbescheide.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage zum Teil statt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Klägerin erzielte insgesamt umsatzsteuerpflichtige Mieteinnahmen. Die Voraussetzungen für eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen lagen vor. Allerdings hatte die Klägerin keine steuerpflichtigen Leistungen gem. § 4 Nr. 12 S. 2 UStG erbracht, denn bei der Zimmervermietung an die dort gewerblich tätigen Frauen handelte es sich um umsatzsteuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 12a UStG.

Die Überlassung der Zimmer war nicht derart mit anderen Leistungen verbunden, dass die Gesamtleistung dadurch ein anderes Gepräge erhalten hätte, wie dies bei einer Zimmervermietung in einem Bordellbetrieb der Fall sein kann. Es handelte sich auch nicht um eine "Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält", die nach § 4 Nr. 12 S. 2 UStG von der Steuerbefreiung für die Vermietung von Grundstücken ausgenommen wäre. Die Räume waren den Prostituierten nämlich nicht zur Beherbergung, also zur Gewährung von Unterkunft, sondern für ihre gewerbliche Tätigkeit, der Ausübung der Prostitution überlassen worden.

Die Klägerin schuldete aber gleichwohl Umsatzsteuer, weil sie gem. § 9 Abs. 1 UStG durch schlüssiges Verhalten zur Umsatzsteuer optiert hatte. Sie hatte regelmäßig Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgegeben und in ihren Mietabrechnungen - soweit welche vorlagen - wies sie die Umsatzsteuer aus. Die Schätzung des Finanzsamtes war dem Grunde nach zu bestätigen und nur der Höhe nach zugunsten der Klägerin zu korrigieren. Die jeweils am Monatsende mit einer Tabellenkalkulation erstellten Aufzeichnungen der Klägerin konnten nicht als ordnungsgemäße Buchführung angesehen werden.

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