12.08.2011

Zeitaufwand als ehrenamtlicher Betreuer stellt keine außergewöhnliche Belastung dar

Das Verwenden von Zeit stellt - auch im Rahmen der Pflichterfüllung eines ehrenamtlichen Betreuers - keine Vermögensverwendung i.S. einer Ausgabe nach § 33 EStG, die im Rahmen des subjektiven Nettoprinzips steuerlich Berücksichtigung finden müsste, dar. Der Gesetzgeber darf im Bereich des subjektiven Nettoprinzips generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.

Hessisches FG 11.3.2011, 11 K 1850/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2008 als geschäftsführender Gesellschafter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 103.142 €. Außerdem war er ehrenamtlicher, vom AG bestellter Betreuer seiner an Demenz erkrankten sowie geschäftsunfähigen Mutter. Die Betreuung schloss die Betreuung für die Sorge der Gesundheit, die Bestimmung des Aufenthaltsrechtes und Rechtsangelegenheiten ein. Seit April 2008 war die Mutter in einem Pflegeheim untergebracht.

In der Einkommensteuererklärung für 2008 beantragte der Kläger u.a. auch die Berücksichtigung eines Betreuungsaufwands für die Mutter als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG. Dieser setzte sich zusammen aus 2.598 € für sechs Urlaubstage zu jeweils 433 € sowie von 1.500 € für 150 Stunden Tätigkeit zu Gunsten der betreuten Mutter zu jeweils 10 €. Das Finanzamt erkannte dies nicht an.

Der Kläger machte geltend, dass er durch die Nichtanerkennung der Betreuungskosten in seiner Menschenwürde getroffen worden sei. Wegen der Erkrankung seiner Mutter seien ihm zwangsläufig höhere Aufwendungen entstanden, als diese von der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen zu tragen seien. Da das BGB die Kinder verpflichte, für die Eltern Unterhalt zu zahlen, müssten auch die damit verbundenen Betreuungsaufwendungen steuerlich absetzbar sein.

Das FG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die vom Kläger errechneten Betreuungskosten zu Gunsten seiner Mutter resultierten nicht - wie etwa die Heimkosten, Krankheitskosten und Fahrtkosten sowie Sachleistungen - aus Aufwendungen i.S.d. § 33 EStG.

Soweit der Kläger im Zuge der ehrenamtlichen Betreuung seiner Mutter 150 Stunden Zeitaufwand geltend machte und für jede Stunde fiktiv einen Wert von 10 € ansetzt, fehlte es bereits an einer Geldausgabe und an der Zuwendung eines Sachwertes. Das Verwenden von Zeit stellt - auch im Rahmen der Pflichterfüllung eines ehrenamtlichen Betreuers - keine Vermögensverwendung i.S. einer Ausgabe nach § 33 EStG, die im Rahmen des subjektiven Nettoprinzips steuerlich Berücksichtigung finden müsste, dar. Unerheblich war, dass der Kläger in dieser Zeit nicht seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter nachgehen konnte und ihm insoweit ein Verdienstausfall entstand. Denn in Rechtsprechung und Schrifttum wird einhellig die Auffassung vertreten, dass ein bloßer Verdienstausfall keine Aufwendung i.S.v. § 33 EStG ist.

Gleiches galt auch für den angesetzten fiktiven Wert der sechs Urlaubstage i.H.v. jeweils 430 €. Weder ein unfreiwilliger Vermögensverlust noch die Nichtrealisierbarkeit von Einnahmen noch entgangene Einnahmen stellen Aufwendungen i.S.v. § 33 EStG dar. Im Übrigen entspricht die vorgetragene Nichtgeltendmachung einer Urlaubsabgeltung beim Arbeitgeber im Ergebnis einem - nach BFH-Rechtsprechung nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen - Verdienstausfall.

Dass der Kläger die von ihm errechneten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung § 33 EStG geltend machen kann, begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber darf nämlich auch im Bereich des subjektiven Nettoprinzips generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Aufgrund dieses Beurteilungsspielraums des Gesetzgebers wird das von der Einkommensteuer freizustellende sachliche Existenzminimum durch den Grundfreibetrag berücksichtigt. Damit war hier grundsätzlich auch der Zeitaufwand des Klägers für die Betreuung seiner Mutter im Jahre 2008 abgegolten.

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