Zerlegung eines Gewerbesteuermessbetrags bei mehrgemeindlicher Betriebsstätte
Kurzbesprechung
BFH v. 14.12.2023 - IV R 2/21
GewStG § 28, § 29 Abs 1 Nr. 1, § 30
FGO § 40 Abs 2, § 65 Abs 1, § 68 S 1, § 96 Abs 1 S 2
AO § 188
GG Art 20a, Art 28 Abs 2
Streitig war die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags einer Steuerschuldnerin, die Erdgas durch eine Gasleitung an verschiedene Abnahmestellen in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) leitet. Die Klägerin ist eine Stadt, in deren Ortsgebiet im Streitzeitraum 2012 Erdgas durch eine Leitung nach Deutschland gelangte. In dem Stadtgebiet der Klägerin wurde das Gas, unter Einsatz der ersten Verdichterstation in Deutschland, in das deutsche Ferngasnetz eingespeist.
Der BFH entschied, dass das FA nicht nur zu Recht eine Haupt- und Unterzerlegung vorgenommen hatte, sondern als Zerlegungsmaßstab auch auf die Menge das abgegebenen Erdgases abstellen durfte. Der BFH bestätigte ferner die vom FA vorgenommene hälftige Gewichtung der Zerlegungsmaßstäbe Arbeitskosten und Gasabgabemenge.
Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist der Steuermessbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile (Zerlegungsanteile) zu zerlegen, wenn im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden sind. Bei der Zerlegung nicht zu berücksichtigen sind nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 GewStG die Gemeinden, in denen sich nur Anlagen befinden, die der Weiterleitung fester, flüssiger oder gasförmiger Stoffe sowie elektrischer Energie dienen, ohne dass diese dort abgegeben werden - solange dadurch nicht auf keine Gemeinde ein Zerlegungsanteil oder der Steuermessbetrag entfiele.
Zerlegungsmaßstab ist gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG das Verhältnis, in dem die Summe der Arbeitslöhne, die an die bei allen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind, zu den Arbeitslöhnen steht, die an die bei den Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind.
Eine Zerlegung ist auch in den Fällen vorzunehmen, in denen sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden erstreckt hat oder eine Betriebsstätte innerhalb eines Erhebungszeitraums von einer Gemeinde in eine andere Gemeinde verlegt worden ist (§ 28 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Erstreckt sich eine Betriebsstätte auf mehrere Gemeinden (mehrgemeindliche Betriebsstätte), so ist nach § 30 GewStG der Steuermessbetrag oder Zerlegungsanteil auf jene Gemeinden zu zerlegen, auf die sich die Betriebsstätte erstreckt.
Bei der Zerlegung innerhalb der mehrgemeindlichen Betriebsstätte kommt es nach § 30 GewStG maßgeblich auf die Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten an. Sind für einen Gewerbesteuermessbetrag beide Zerlegungsregeln zu beachten, weil ein Betrieb mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden unterhält und sich darunter auch eine oder mehrere mehrgemeindliche Betriebsstätten befinden, so ist eine zweistufige Zerlegung vorzunehmen. In dem ersten Schritt ist ‑ als Hauptzerlegung ‑ die Verteilung des Gewerbesteuermessbetrags auf die verschiedenen Betriebsstätten vorzunehmen. Soweit eine oder mehrere dieser Betriebsstätten eine mehrgemeindliche Betriebsstätte darstellen, ist in einem weiteren Schritt ‑ als Unterzerlegung ‑ der nach der Hauptzerlegung auf diese Betriebsstätte entfallende Zerlegungsanteil auf die an der mehrgemeindlichen Betriebsstätte beteiligten Gemeinden zu verteilen. Die Zerlegung auf beiden Stufen hat in einem einheitlichen Zerlegungsbescheid zu erfolgen. Im Streitfall hatte das FA zu Recht die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags durch Haupt- und Unterzerlegung vorgenommen.
Eine mehrgemeindliche Betriebsstätte im Sinne von § 30 GewStG liegt vor, wenn und soweit sich eine Betriebsstätte auf mehrere Gemeinden erstreckt. Das ist anzunehmen, wenn zwischen den Betriebsanlagen, Geschäftseinrichtungen oder Teilen von ihnen ein räumlicher und betrieblicher, das heißt organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Zusammenhang besteht Danach begründete das Erdgasleitungsnetz mit den angeschlossenen Verdichter- und Abgabestationen sowie der Steuerungswarte eine mehrgemeindliche Betriebsstätte.
Das FA durfte bei der Unterzerlegung des auf die mehrgemeindliche Betriebsstätte entfallenden Anteils aus der Hauptzerlegung als Zerlegungsmaßstab nach § 30 GewStG neben den Arbeitslöhnen auf die Menge des örtlich abgegebenen Erdgases abstellen.
Die Unterzerlegung erfolgt bei einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte nach Maßgabe des § 30 GewStG. Der Gewerbesteuermessbetrag ist nach § 30 GewStG auf die Gemeinden, auf die sich die Betriebsstätte erstreckt, zu verteilen. Diese Zerlegung hat nach der Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten zu erfolgen. Die Bestimmung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten ist nur typisiert vorzunehmen.
Nach Auffassung des BFH kann auch für eine mehrgemeindliche Betriebsstätte, die aus einem Erdgasleitungsnetz besteht, die Abgabemenge ein Zerlegungskriterium sein, durch das die sogenannten "sachlichen Lasten" der Gemeinden aus der mehrgemeindlichen Betriebsstätte angemessen berücksichtigt werden. Die Bestimmung der sachlichen Lasten der Gemeinden nach Maßgabe der Gasabgabemenge ist zudem praktikabel.
Die Entscheidung, neben Arbeitslöhnen bei der Unterzerlegung (allein) die Gasabgabemenge als Zerlegungsmaßstab heranzuziehen, war auch im Streitfall rechtlich nicht zu beanstanden, ebenso nicht die Höhe der Zerlegungsquoten für die Unterzerlegung.
Verlag Dr. Otto Schmidt
GewStG § 28, § 29 Abs 1 Nr. 1, § 30
FGO § 40 Abs 2, § 65 Abs 1, § 68 S 1, § 96 Abs 1 S 2
AO § 188
GG Art 20a, Art 28 Abs 2
Streitig war die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags einer Steuerschuldnerin, die Erdgas durch eine Gasleitung an verschiedene Abnahmestellen in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) leitet. Die Klägerin ist eine Stadt, in deren Ortsgebiet im Streitzeitraum 2012 Erdgas durch eine Leitung nach Deutschland gelangte. In dem Stadtgebiet der Klägerin wurde das Gas, unter Einsatz der ersten Verdichterstation in Deutschland, in das deutsche Ferngasnetz eingespeist.
Der BFH entschied, dass das FA nicht nur zu Recht eine Haupt- und Unterzerlegung vorgenommen hatte, sondern als Zerlegungsmaßstab auch auf die Menge das abgegebenen Erdgases abstellen durfte. Der BFH bestätigte ferner die vom FA vorgenommene hälftige Gewichtung der Zerlegungsmaßstäbe Arbeitskosten und Gasabgabemenge.
Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist der Steuermessbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile (Zerlegungsanteile) zu zerlegen, wenn im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden sind. Bei der Zerlegung nicht zu berücksichtigen sind nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 GewStG die Gemeinden, in denen sich nur Anlagen befinden, die der Weiterleitung fester, flüssiger oder gasförmiger Stoffe sowie elektrischer Energie dienen, ohne dass diese dort abgegeben werden - solange dadurch nicht auf keine Gemeinde ein Zerlegungsanteil oder der Steuermessbetrag entfiele.
Zerlegungsmaßstab ist gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG das Verhältnis, in dem die Summe der Arbeitslöhne, die an die bei allen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind, zu den Arbeitslöhnen steht, die an die bei den Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind.
Eine Zerlegung ist auch in den Fällen vorzunehmen, in denen sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden erstreckt hat oder eine Betriebsstätte innerhalb eines Erhebungszeitraums von einer Gemeinde in eine andere Gemeinde verlegt worden ist (§ 28 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Erstreckt sich eine Betriebsstätte auf mehrere Gemeinden (mehrgemeindliche Betriebsstätte), so ist nach § 30 GewStG der Steuermessbetrag oder Zerlegungsanteil auf jene Gemeinden zu zerlegen, auf die sich die Betriebsstätte erstreckt.
Bei der Zerlegung innerhalb der mehrgemeindlichen Betriebsstätte kommt es nach § 30 GewStG maßgeblich auf die Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten an. Sind für einen Gewerbesteuermessbetrag beide Zerlegungsregeln zu beachten, weil ein Betrieb mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden unterhält und sich darunter auch eine oder mehrere mehrgemeindliche Betriebsstätten befinden, so ist eine zweistufige Zerlegung vorzunehmen. In dem ersten Schritt ist ‑ als Hauptzerlegung ‑ die Verteilung des Gewerbesteuermessbetrags auf die verschiedenen Betriebsstätten vorzunehmen. Soweit eine oder mehrere dieser Betriebsstätten eine mehrgemeindliche Betriebsstätte darstellen, ist in einem weiteren Schritt ‑ als Unterzerlegung ‑ der nach der Hauptzerlegung auf diese Betriebsstätte entfallende Zerlegungsanteil auf die an der mehrgemeindlichen Betriebsstätte beteiligten Gemeinden zu verteilen. Die Zerlegung auf beiden Stufen hat in einem einheitlichen Zerlegungsbescheid zu erfolgen. Im Streitfall hatte das FA zu Recht die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags durch Haupt- und Unterzerlegung vorgenommen.
Eine mehrgemeindliche Betriebsstätte im Sinne von § 30 GewStG liegt vor, wenn und soweit sich eine Betriebsstätte auf mehrere Gemeinden erstreckt. Das ist anzunehmen, wenn zwischen den Betriebsanlagen, Geschäftseinrichtungen oder Teilen von ihnen ein räumlicher und betrieblicher, das heißt organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Zusammenhang besteht Danach begründete das Erdgasleitungsnetz mit den angeschlossenen Verdichter- und Abgabestationen sowie der Steuerungswarte eine mehrgemeindliche Betriebsstätte.
Das FA durfte bei der Unterzerlegung des auf die mehrgemeindliche Betriebsstätte entfallenden Anteils aus der Hauptzerlegung als Zerlegungsmaßstab nach § 30 GewStG neben den Arbeitslöhnen auf die Menge des örtlich abgegebenen Erdgases abstellen.
Die Unterzerlegung erfolgt bei einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte nach Maßgabe des § 30 GewStG. Der Gewerbesteuermessbetrag ist nach § 30 GewStG auf die Gemeinden, auf die sich die Betriebsstätte erstreckt, zu verteilen. Diese Zerlegung hat nach der Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten zu erfolgen. Die Bestimmung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten ist nur typisiert vorzunehmen.
Nach Auffassung des BFH kann auch für eine mehrgemeindliche Betriebsstätte, die aus einem Erdgasleitungsnetz besteht, die Abgabemenge ein Zerlegungskriterium sein, durch das die sogenannten "sachlichen Lasten" der Gemeinden aus der mehrgemeindlichen Betriebsstätte angemessen berücksichtigt werden. Die Bestimmung der sachlichen Lasten der Gemeinden nach Maßgabe der Gasabgabemenge ist zudem praktikabel.
Die Entscheidung, neben Arbeitslöhnen bei der Unterzerlegung (allein) die Gasabgabemenge als Zerlegungsmaßstab heranzuziehen, war auch im Streitfall rechtlich nicht zu beanstanden, ebenso nicht die Höhe der Zerlegungsquoten für die Unterzerlegung.