Zoll: Einfuhrabgabenbeträge für Veredelungserzeugnisse sind unter Hinzurechnung der Beförderungskosten zu ermitteln
FG Düsseldorf v. 11.12.2019 - 4 K 2523/18 Z
Der Sachverhalt:
Das Hauptzollamt bewilligte der Klägerin einen passiven Veredelungsverkehr. Die Klägerin vertrat nach dem Beginn der vollständigen Anwendbarkeit der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 (Unionszollkodex - UZK -) die Auffassung, dass die Einfuhrabgabenbeträge für Veredelungserzeugnisse nicht mehr unter Hinzurechnung der Beförderungskosten zu ermitteln seien. Das Hauptzollamt widersprach dieser Auffassung und bat die Klägerin, die seit Mai 2016 nicht berücksichtigten Beförderungskosten nachträglich anzumelden. Demgemäß meldete die Klägerin im Juli 2017 nachträglich Beförderungskosten für eingeführte Veredelungserzeugnisse von rd. 90.000 € an. Daraufhin setzte das Hauptzollamt für in dem Zeitraum von April bis Juli 2017 zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldete Veredelungserzeugnisse rd. 15.000 € Zoll fest.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Bis zum 30.4.2016 habe sich aus der Verweisung in Art. 591 Unterabs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (ZKDVO) auf die Art. 29 bis 35 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex - ZK -) ergeben, dass Beförderungskosten im Rahmen der Mehrwertmethode dem Zollwert der Veredelungserzeugnisse hinzuzurechnen gewesen seien. Im Gegensatz hierzu enthalte Art. 86 Abs. 5 UZK keine Verweisung auf die Art. 70 ff. UZK. Eine Verbindung zu den Hinzurechnungstatbeständen des Art. 71 UZK gebe es deshalb nicht. Nach Art. 86 Abs. 5 UZK komme es nur noch auf die Kosten für den außerhalb des Zollgebiets der Union vorgenommenen Veredelungsvorgang an. Die Beförderung der Veredelungserzeugnisse gehöre gem. Art. 5 Nr. 37 UZK nicht zu dem Veredelungsvorgang.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Rechtsgrundlage für die Festsetzung und Mitteilung des Zolls sind die Art. 101 Abs. 1, 102 Abs. 1 Unterabs. 1 UZK. Die von der Klägerin zu entrichtenden Einfuhrabgabenbeträge sind unter Hinzurechnung der Beförderungskosten für die eingeführten Veredelungserzeugnisse zu ermitteln.
Nach Art. 71 Abs. 1 Buchstabe e Ziff. i UZK sind bei der Ermittlung des Zollwerts gem. Art. 70 UZK dem für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis die Beförderungskosten bis zum Ort des Verbringens der Waren in das Zollgebiet der Union hinzuzurechnen. Wie sich aus den Art. 70 Abs. 1 und 74 Abs. 1 Unterabs. 1 UZK ergibt, ist der Zollwert von Waren grundsätzlich nach der Transaktionswertmethode des Art. 70 UZK zu ermitteln. Der Transaktionswert ist der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis (Art. 70 Abs. 1 UZK). Der Begriff des Verkaufs i.S.d. Art. 70 Abs. 1 UZK ist weit auszulegen. Dabei kommt es insbesondere nicht darauf an, ob das Vertragsverhältnis zwischen dem Käufer und dem Verkäufer als Kaufvertrag oder als ein Vertrag zur Bearbeitung oder Veredelung der eingeführten Waren zu qualifizieren ist. Daher kann auch ein Veredelungsentgelt Grundlage für die Ermittlung des Zollwerts nach Art. 70 Abs. 1 UZK sein.
Demgemäß ist nach Art. 86 Abs. 5 UZK der Einfuhrabgabenbetrag für im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse "auf der Grundlage" der Kosten für den außerhalb des Zollgebiets der Union vorgenommenen Veredelungsvorgang zu bemessen. Die Kosten für den Veredelungsvorgang treten an die Stelle des für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises, den es für im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse regelmäßig nicht gibt. Dem Veredelungsentgelt als Grundlage für die Ermittlung des Zollwerts sind mithin gem. Art. 71 Abs. 1 Buchstabe e Ziff. i UZK auch die Beförderungskosten für die im Verfahren der passiven Veredelung entstandenen Veredelungserzeugnisse hinzuzurechnen. Ein Unterbleiben der Hinzurechnung von Beförderungskosten für im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse gem. Art. 71 Abs. 1 Buchstabe e Ziff. i UZK würde den allgemeinen Grundsätzen des Zollwertrechts widersprechen.
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Das Hauptzollamt bewilligte der Klägerin einen passiven Veredelungsverkehr. Die Klägerin vertrat nach dem Beginn der vollständigen Anwendbarkeit der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 (Unionszollkodex - UZK -) die Auffassung, dass die Einfuhrabgabenbeträge für Veredelungserzeugnisse nicht mehr unter Hinzurechnung der Beförderungskosten zu ermitteln seien. Das Hauptzollamt widersprach dieser Auffassung und bat die Klägerin, die seit Mai 2016 nicht berücksichtigten Beförderungskosten nachträglich anzumelden. Demgemäß meldete die Klägerin im Juli 2017 nachträglich Beförderungskosten für eingeführte Veredelungserzeugnisse von rd. 90.000 € an. Daraufhin setzte das Hauptzollamt für in dem Zeitraum von April bis Juli 2017 zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldete Veredelungserzeugnisse rd. 15.000 € Zoll fest.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Bis zum 30.4.2016 habe sich aus der Verweisung in Art. 591 Unterabs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (ZKDVO) auf die Art. 29 bis 35 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex - ZK -) ergeben, dass Beförderungskosten im Rahmen der Mehrwertmethode dem Zollwert der Veredelungserzeugnisse hinzuzurechnen gewesen seien. Im Gegensatz hierzu enthalte Art. 86 Abs. 5 UZK keine Verweisung auf die Art. 70 ff. UZK. Eine Verbindung zu den Hinzurechnungstatbeständen des Art. 71 UZK gebe es deshalb nicht. Nach Art. 86 Abs. 5 UZK komme es nur noch auf die Kosten für den außerhalb des Zollgebiets der Union vorgenommenen Veredelungsvorgang an. Die Beförderung der Veredelungserzeugnisse gehöre gem. Art. 5 Nr. 37 UZK nicht zu dem Veredelungsvorgang.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Rechtsgrundlage für die Festsetzung und Mitteilung des Zolls sind die Art. 101 Abs. 1, 102 Abs. 1 Unterabs. 1 UZK. Die von der Klägerin zu entrichtenden Einfuhrabgabenbeträge sind unter Hinzurechnung der Beförderungskosten für die eingeführten Veredelungserzeugnisse zu ermitteln.
Nach Art. 71 Abs. 1 Buchstabe e Ziff. i UZK sind bei der Ermittlung des Zollwerts gem. Art. 70 UZK dem für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis die Beförderungskosten bis zum Ort des Verbringens der Waren in das Zollgebiet der Union hinzuzurechnen. Wie sich aus den Art. 70 Abs. 1 und 74 Abs. 1 Unterabs. 1 UZK ergibt, ist der Zollwert von Waren grundsätzlich nach der Transaktionswertmethode des Art. 70 UZK zu ermitteln. Der Transaktionswert ist der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis (Art. 70 Abs. 1 UZK). Der Begriff des Verkaufs i.S.d. Art. 70 Abs. 1 UZK ist weit auszulegen. Dabei kommt es insbesondere nicht darauf an, ob das Vertragsverhältnis zwischen dem Käufer und dem Verkäufer als Kaufvertrag oder als ein Vertrag zur Bearbeitung oder Veredelung der eingeführten Waren zu qualifizieren ist. Daher kann auch ein Veredelungsentgelt Grundlage für die Ermittlung des Zollwerts nach Art. 70 Abs. 1 UZK sein.
Demgemäß ist nach Art. 86 Abs. 5 UZK der Einfuhrabgabenbetrag für im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse "auf der Grundlage" der Kosten für den außerhalb des Zollgebiets der Union vorgenommenen Veredelungsvorgang zu bemessen. Die Kosten für den Veredelungsvorgang treten an die Stelle des für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises, den es für im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse regelmäßig nicht gibt. Dem Veredelungsentgelt als Grundlage für die Ermittlung des Zollwerts sind mithin gem. Art. 71 Abs. 1 Buchstabe e Ziff. i UZK auch die Beförderungskosten für die im Verfahren der passiven Veredelung entstandenen Veredelungserzeugnisse hinzuzurechnen. Ein Unterbleiben der Hinzurechnung von Beförderungskosten für im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse gem. Art. 71 Abs. 1 Buchstabe e Ziff. i UZK würde den allgemeinen Grundsätzen des Zollwertrechts widersprechen.