11.07.2011

Zu dem Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit durch § 8b Abs. 5 KStG 2002 und der subsidiären Anwendung des § 3c EStG

§ 8 b Abs. 5 KStG 2002 ist wegen Verstoßes gegen die Grundfreiheit des Kapitalverkehrs nach Art. 56 und 58 EG auch gegenüber sog. Drittstaaten unanwendbar. Das Betriebsausgabenabzugsverbot gem. § 3 c EStG greift als subsidiärer Auffangtatbestand ein.

FG Schleswig-Holstein 11.5.2011, 1 K 224/07
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob die für Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften geltende Fiktion nichtabziehbarer Betriebsausgaben i.H.v. 5 Prozent der Einnahmen (§ 8b Abs. 5 KStG 2002) auch insoweit gegen die europarechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, als es um Anteile an Gesellschaften aus solchen Staaten geht, die nicht der EU angehören (Drittstaaten).

Die Klägerin erhielt in 2002 von einer in den USA ansässigen Kapitalgesellschaft Dividende. Hierauf wurde ausländische Quellensteuer erhoben. Das Finanzamt rechnete die Quellensteuer zunächst antragsgemäß bis zur Höhe der deutschen Steuer auf die ausländischen Erträge an. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat es die Auffassung, dass die Dividendenerträge gem. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei seien, jedoch gem. § 8b Abs. 5 KStG hiervon 5 Prozent als nichtabzugsfähige Betriebsausgaben zu qualifizieren seien. Insoweit sei eine Besteuerung ohne Anrechnung der ausländischen Quellensteuer durchzuführen. Daraufhin erging ein entsprechend geänderter KSt-Bescheid 2002.

Die Klägerin begehrte zunächst die Anrechnung der ausländischen Quellensteuer auf den Hinzurechnungsbetrag gem. § 8b Abs. 5 KStG. Daraufhin wies das FG auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des BFH vom 26.11.2008 (I R 7/08) hin und räumte Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme ein. Die Klägerin machte sich die Rechtsauffassung des BFH zu Eigen und beantragte zuletzt sinngemäß, den KSt-Bescheid in der Weise zu ändern, dass bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage eine Hinzurechnung i.H.v. 5 Prozent der ausländischen Dividendenerträge gem. § 8b Abs. 5 KStG unterbleibt.

Das FG gab der Klage überwiegend statt und änderte den Körperschaftsteuerbescheid dahingehend, dass eine pauschale Hinzurechnung nichtabzugsfähiger Betriebsausgaben i.H.v. 5 Prozent der ausländischen Dividendenerträge zu unterbleiben hat. Die vom FG zugelassene Revision wird beim BFH unter dem Az. I R 44/11 geführt.

Die Gründe:
Der auf der Grundlage des § 8b Abs. 5 KStG erfolgte fiktive Ansatz nichtabzugsfähiger Betriebsausgaben verletzt die Klägerin insoweit in ihren steuerlichen Rechten, als die pauschalierten Betriebsausgaben die tatsächlichen Betriebsausgaben übersteigen. Nach § 8b Abs. 1 KStG bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Bezüge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG außer Ansatz. Von diesen Bezügen gelten jedoch nach § 8b Abs. 5 KStG 5 Prozent als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen, soweit sie aus Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft resultieren (sog. Schachtelstrafe).

Der BFH hat mit Urteil vom 26.11.2008 (I R 7/08) erkannt, dass die vorgenannte Vorschrift sowohl gegen die gemeinschaftliche Grundfreiheit der freien Wahl der Niederlassung nach Art. 43 und 48 des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union (EG) als auch gegen die Grundfreiheit des freien Kapitalverkehrs nach Art. 56 und 58 EG verstößt und deshalb auch in Ansehung von in Drittstaaten gehaltenen Kapitalanteilen und Beteiligungen unwirksam ist. Das FG hat sich dieser Rechtsauffassung angeschlossen.

Für den Streitfall bedeutet dies, dass die vom Finanzamt vorgenommene pauschale Hinzurechnung nichtabzugsfähiger Betriebsausgaben zu korrigieren war, soweit die Pauschale die tatsächlich entstandenen Betriebsausgaben übersteigt. Die weitergehende Klage ist allerdings unbegründet. Wegen der mit den steuerfreien Einnahmen unmittelbar zusammenhängenden Aufwendungen greift das Abzugsverbot gem. § 3c EStG als subsidiärer Auffangtatbestand ein.

Linkhinweis:

FG Schleswig-Holstein Newsletter vom 30.6.2011
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