08.08.2011

Zu den Nachweispflichten für umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen

Zum Nachweis einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung hat der Unternehmer den Belegnachweis des § 17a UStDV zu führen, es sei denn, es steht trotz des nicht geführten Belegnachweises fest, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vorliegen. Diesbezüglich müssen weder die Finanzverwaltung noch das FG Ermittlungen anstellen und folglich benannte Zeugen nicht vernehmen.

FG Berlin-Brandenburg 28.2.2011, 5 K 5130/08
Der Sachverhalt:
Der Kläger veräußerte im Jahre 2001 einen zu seinem Betriebsvermögen gehörenden Pkw an eine in Belgien ansässige Firma. In der Rechnung wies er keine Umsatzsteuer aus und behandelte den Verkauf auch in seiner Umsatzsteuererklärung als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. Das Finanzamt stellte anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung fest, dass der Kläger keine Nachweise über die tatsächliche Lieferung des Fahrzeugs nach Belgien habe vorlegen können. Der Umsatz sei daher als steuerpflichtig zu behandeln. Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer 2001 entsprechend fest.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er habe das Fahrzeug einem Autohändler zum Zwecke des Verkaufs übergeben. Dieser habe das Fahrzeug nach Belgien verkauft und nach Abzug der Provision den Restkaufpreis an ihn, den Kläger, ausgekehrt. Die Käuferin habe das Fahrzeug selbst nach Belgien überführt, so dass er den Nachweis des Exports nicht führen könne. Der Verkauf an eine in Belgien ansässige Firma müsse als Nachweis des Exports ausreichen.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die vom Kläger eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wird beim BFH unter dem Az. V B 35/11 geführt.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Veräußerung des Pkw zutreffend nicht als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung angesehen.

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen sind gem. § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG die innergemeinschaftlichen Lieferungen steuerfrei. Eine innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 S. 1 UStG u.a. vor, wenn der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat, der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat, und der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt.

Diese Voraussetzungen muss der Unternehmer nach § 6a Abs. 3 S. 1 UStG durch von der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) im Einzelnen vorgeschriebene Belege nachweisen. Dazu gehören ein Doppel der Rechnung, ein Lieferschein oder ein ähnlicher Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort des Gegenstandes ergibt, und eine Empfangsbestätigung des Empfängers. Im Streitfall hat der Kläger die geforderten Belege nicht beigebracht. Er berief sich insbes. ohne Erfolg darauf, dass der belgische Autohändler die Ausfuhr bestätigen könne.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf die Entscheidung des EuGH vom 8.5.2008 (C-95/07 u.a.), worin dieser ausgeführt hatte, dass die Mitgliedstaaten zwar die Förmlichkeiten für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts im Fall des Reverse-Charge-Verfahrens vorschreiben könnten, der Steuerpflichtige durch die Nichtbefolgung dieser Förmlichkeiten sein Recht auf Vorsteuerabzug aber wegen des Grundsatzes der Neutralität der Mehrwertsteuer dann nicht verlieren dürfe, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt seien.

Im Streitfall steht gerade nicht fest, dass die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind; das FG verfügt nicht über die erforderlichen materiellen Angaben. Für die Ausfuhr nach Belgien ergibt sich insbes. kein Beweis des ersten Anscheins aus dem Umstand, dass die Käuferin in Belgien ansässig war. Die Käuferin hätte das Fahrzeug nämlich gleichwohl in Deutschland unmittelbar weiterveräußern können, was nicht selten vorkommt.

Linkhinweis:

FG Berlin-Brandenburg PM Nr. 13 vom 8.7.2011
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