Zu den Schätzungsgrundlagen bei Einkünften aus gewerblicher Eigenprostitution
FG Hamburg 20.2.2013, 2 K 169/11Die Klägerin war als Prostituierte tätig und mietete sich hierfür in einem sog. Laufhaus ein Zimmer. Steuern zahlte sie nicht und gab auch keine Steuererklärungen ab. Im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen wegen Betrugstaten fanden sich bei ihr Preislisten und Quittungen. Daraufhin schätzte das Finanzamt Umsätze zwischen 170.000 € bis 320.000 € pro Jahr und erließ Steuerbescheide für Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer über mehrere Jahre.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Die Schätzungen seien völlig überhöht, zumal sie nur tageweise gearbeitet habe. Die Klägerin reichte nun Steuererklärungen ein, nach denen sie maximal 17.200 € pro Jahr eingenommen haben wollte. Die Klägerin meinte zudem, als Kleinunternehmerin unterliege sie nicht der Umsatzsteuer und habe auch keine Gewerbesteuern zu zahlen.
Das FG gab der Klage nur teilweise statt. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Die den angefochtenen Schätzungsbescheiden zugrunde liegenden Gewinne und Umsätze sind herabzusetzen, soweit das Finanzamt die Einkünfte und Umsätze der Klägerin allein auf der Grundlage der aufgefundenen Quittungen zu hoch geschätzt hat. Trotz ihrer inzwischen eingereichten Steuererklärungen ist die Klägerin aber zu schätzen, da sie keine nachvollziehbaren Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben vorgelegt hat.
Es ist von 48 Arbeitswochen pro Jahr sowie von Tageseinnahmen von durchschnittlich 500 € auszugehen, die die Klägerin nach den aufgefundenen Quittungen mit ein bis drei Kunden pro Tag erzielen konnte. Insoweit ist ein Umsatz der Klägerin von jährlich 120.000 € zu berechnen; abzgl. der Zimmermiete von täglich 120 € und geschätzten weiteren Betriebsausgaben von 5.000 € verblieb somit ein Gewinn von 85.000 € pro Jahr.
Nach Vernehmung eines Milieubeamten und des Zimmervermieters ist davon auszugehen, dass die Klägerin auf eigene Rechnung gearbeitet hat und in keinem Beschäftigungsverhältnis stand. Das Laufhaus ist insofern kein eigenständiger Bordellbetrieb. Da die Klägerin selbst in Abrede gestellt hat, Zahlungen an einen Zuhälter abgeführt zu haben, konnte das FG auch keine weiteren Betriebsausgaben schätzen.
Mit dem BFH hat das FG die Gewerbesteuerpflicht bejaht. Eigenprostitution ist ein Gewerbebetrieb, denn die Prostituierten beteiligen sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr und bieten ihre Leistungen am Markt an. Die entgegenstehende Rechtsprechung, die auf einem Urteil des Großen Senats des BFH von 1964 beruht, ist überholt.
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