Zu den Voraussetzungen einer Auftragsprüfung nach § 195 S. 2 AO
BFH 15.5.2013, IX R 27/12Im November 2009 hatte das beklagte Finanzamt L. das Wohnsitzfinanzamt W. der Klägerin um die Befugnisse zum Erlass einer Prüfungsanordnung und zur Durchführung der sich anschließenden Außenprüfung gebeten. Das Finanzamt L. begründete dies damit, dass bei dem A-Konzern in L. eine Außenprüfung durchgeführt werde und zum Konzernbereich gehöre ein Unternehmen der Eheleute E. und somit der Klägerin in I. Unter Hinweis auf die §§ 13 ff. BpO sei es zweckmäßig, dieses Unternehmen von L aus zu prüfen, weil sich dort die Buchführung und die Auskunftspersonen befänden. Es drohe die Verjährung des Prüfungszeitraums 2002. In der Tat vermietete die Klägerin einem Konzernunternehmen ein Arbeitszimmer.
Noch im gleichen Monat teilte das Finanzamt W. dem beklagten Finanzamt mit, es übertrage ihm die Befugnis zur Anordnung und Durchführung einer Außenprüfung bei der Klägerin gem. § 195 S. 2 AO u. § 5 Abs. 1 S. 1 BpO. Der Prüfungszeitraum solle die Jahre 2001 bis 2004 betreffen. Dies geschah, nachdem das FG eine Prüfungsanordnung des beklagten Finanzamtes aus dem Jahr 2006 für die Jahre 2001 bis 2004 mangels örtlicher Zuständigkeit aufgehoben hatte. Die Entscheidung wurde rechtskräftig.
Mit Prüfungsanordnung vom 1.12.2009 ordnete das Finanzamt L. gegenüber der Klägerin die Durchführung einer Außenprüfung an. Die Prüfungsanordnung stützte sich auf § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO i.V.m. §§ 194 bis 196 AO, gab als Prüfungsgegenstand "Einkommensteuer einschließlich gesonderter Feststellungen 2002 - 2004" an und führte zur Begründung u.a. aus, das beklagte Finanzamt sei vom zuständigen Finanzamt W. mit der Prüfung beauftragt; die Prüfung erfolge im Zusammenhang mit der laufenden Außenprüfung der Firmengruppe A.
Hiergegen wandte sich die Klägerin. Das FG hob die Prüfungsanordnung des beklagten Finanzamtes vom 1.12.2009 auf. Auf die Revision des Finanzamtes L. hob der BFH die Entscheidung auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Die Prüfungsanordnung war rechtmäßig.
Beauftragt die für die Besteuerung zuständige Finanzbehörde eine andere Finanzbehörde mit der Außenprüfung gem. § 195 S. 2 AO, so darf die beauftragte Finanzbehörde anstelle der an sich zuständigen Finanzbehörde die Außenprüfung durchführen und ist zum Erlass der Prüfungsanordnung befugt, aus der sich die Ermessenserwägungen auch für den Auftrag ergeben müssen. Die Erwägungen können allerdings -unter den Einschränkungen des § 102 S. 2 FGO bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens - nachgeholt werden.
Infolgedessen war die angefochtene Prüfungsanordnung nicht zu beanstanden. Sie enthielt die für die Ermessensausübung auch des beauftragenden Finanzamtes W. maßgebenden Erwägungen der einheitlichen Prüfung der Klägerin im Konzernbereich des A-Konzerns. Aus der Prüfungsanordnung ergaben sich die Steuerpflichtige (die Klägerin), der Prüfungsumfang (Einkommensteuer und gesonderte Feststellungen 2002 bis 2004) und die tragenden Ermessenserwägungen für die Auftragsprüfung (einheitliche Prüfung des A-Konzerns). Entgegen der Auffassung des FG bedurfte es keiner weiteren Ausführungen, "aus welchem Grund diese unternehmerische Betätigung" der Klägerin einen Bezug zum A-Konzern aufweist. Dieser Bezug war nämlich für alle Beteiligten klar und vom beklagten Finanzamt überdies nochmals in seiner Einspruchsentscheidung ausgeführt: Die Vermietung von Räumlichkeiten durch die Klägerin an eine gruppenzugehörige Kapitalgesellschaft.
Eine Prüfungsanordnung kann durch eine neue Prüfungsanordnung in Bezug auf den zu prüfenden Steuerpflichtigen, den Prüfungsgegenstand und den Prüfungszeitraum nach § 130 Abs. 1 AO auch teilweise zurückgenommen werden. Dies galt hier, obschon die streitige Prüfungsanordnung "neben die Prüfungsanordnung an die Eheleute" treten sollte. Das war nämlich so zu verstehen, dass die Prüfung der Klägerin mit der streitigen Prüfungsanordnung auf eine neue Grundlage gestellt werden sollte. Die Änderung betraf den Prüfungsgegenstand, den Prüfungszeitraum und den Prüfungsbeginn.
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