26.11.2013

Zu den Voraussetzungen eines Steuerstundungsmodells i.S.v. § 15b Abs. 2 EstG hinsichtlich der Beteiligung an einem Investmentfonds

Eine modellhafte Gestaltung bzw. ein vorgefertigtes Konzept i.S.d. § 15b Abs.2 EStG liegt bei der Beteiligung an einem thesaurierenden Investmentfonds nur vor, wenn dieser auf die Erzielung von Steuervorteilen angelegt ist. Ein Steuerstundungsmodell liegt hingegen nicht bereits dann vor, wenn die Beteiligung dem Anleger einen individuellen Steuervorteil bietet.

Niedersächsisches FG 26.9.2013, 3 K 12341/11
Der Sachverhalt:
Das Verfahren betrifft die Frage, ob negative Zwischengewinne nicht abgezogen werden können, weil ein Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15 b Abs. 2 EStG vorliegt.

Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Im Dezember 2008 erwarb der Kläger rd. 1.000 Anteile an dem im September 2007 in Luxemburg errichteten thesaurierenden Investmentfonds LUX Multi-Flex Madone zum Kurs von etwa 1.000 € je Anteil. Die Anschaffungskosten dieser Wertpapiere betrugen danach rd. 1 Mio. €. In der Kaufabrechnung war ein steuerpflichtiger negativer Zwischengewinn i.H.v. rd. 460.000 € ausgewiesen.

Diesen negativen Zwischengewinn gab der Kläger auf der Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung 2008 als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen an. Das Finanzamt berücksichtigte den negativen Zwischengewinn im Einkommensteuerbescheid 2008 nicht.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Im Streitfall ist die Verlustverrechnung nicht gem. § 20 Abs. 2b EStG a.F. i.V.m. §15b EStG ausgeschlossen, weil mit dem Investmentpapier LUX Multi-Flex Madone keine "modellhafte Gestaltung" bzw. kein "vorgefertigtes Konzept" i.S.d. § 15b Abs. 2 EStG vorliegt.

Ein Steuerstundungsmodell setzt voraus, dass ein Anbieter ein Finanzprodukt gestaltet, das den Anlegern die Möglichkeit gibt, die im Gesetz im Einzelnen beschriebenen Steuervorteile zu erzielen. In der Rechtsprechung wird zudem gefordert, dass es sich an einen unbestimmten Kreis von Interessenten wendet oder zur wiederholten Verwendung bestimmt ist und der Investor bei der Konzeption der Geschäftsidee und der Vertragsgestaltung passiv ist; ein vorgefertigtes Konzept wird charakterisiert durch einen Gesamtplan eines vom an der Anlage Interessierten verschiedenen Dritten, der durch die Entwicklung von Leistungen und Maßnahmen die Erreichung des angestrebten Ziels in Gestalt hoher verrechenbarer Verluste in der Anfangsphase der Investition ermöglichen soll. Das Finanzprodukt muss zudem auf die Erzielung von Steuervorteilen hin konzipiert werden.

Es liegt demgegenüber kein Steuerstundungsmodell i.S.d. §§ 20 Abs. 2b, 15b EStG vor, wenn ein Finanzprodukt nicht konzeptionell auf die Erzielung eines bestimmten Steuervorteils hin angelegt ist, sondern nur ein Steuerpflichtiger erkennt, dass der Erwerb eines am Markt existierendes Finanzprodukt ihm die Erzielung eines individuellen Steuervorteils ermöglicht. Dies ist vorliegend der Fall. Bei dem streitgegenständlichen Investmentpapier handelt es sich um ein thesaurierendes Investmentzertifikat, bei dem gem. § 2 Abs. 1 S. 1 InvStG positive wie negative Zwischengewinne zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören.

Der von den Klägern erzielte Steuervorteil besteht darin, dass diese den mit Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 zum Jahreswechsel 2008/2009 vollzogenen Systemwechsel bei der Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen und die damit einhergehende Änderung der Höhe der Steuersätze für sich ausgenutzt haben, indem sie im Veranlagungszeitraum 2008 die negativen Zwischengewinne zum individuellen Grenzsteuersatz abgezogen, die positiven Gewinne in einem der nachfolgenden Veranlagungszeiträumen hingegen nur mit dem (niedrigeren) pauschalierten Abgeltungssteuersatz versteuern mussten. Diesen Steuervorteil konnte ausschließlich ein deutscher Anleger des luxemburgischen Finanzprodukts erzielen; er war auf einen Einmaleffekt im Zeitpunkt der Änderung der Steuersätze beschränkt. Das Finanzamt hat nicht dargelegt, dass das Investmentzertifikat von dem Anbieter des Finanzprodukts gezielt deshalb aufgelegt worden ist, um den genannten Steuerspareffekt zu erzielen.

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