Zu den wesentlichen Pflichten eines Geschäftsführers
FG München 10.3.2021, 3 K 1123/19
Der Sachverhalt:
Der Kläger war Geschäftsführe der Firma A GmbH & Co. KG (A KG). Die KG war 2014 gegründet worden. Gegenstand des Unternehmens war die Beteiligung an anderen Unternehmen und die Errichtung von Tochtergesellschaften im In- und Ausland. Persönlich haftende Gesellschafterin und Geschäftsführerin der A KG war die neu gegründete B Verwaltungs-GmbH. Kommanditist der A KG war u.a. der Kläger mit einer eingezahlten Einlage von 500 €.
Ausweislich des Insolvenzgutachtens aus März 2015 wurde dem Geschäftsführer D. im November 2014 die Alleinvertretungsbefugnis der A KG entzogen. D. hatte daraufhin im Dezember 2014 das Amt des Geschäftsführers der A Verwaltungs-GmbH niedergelegt. Am 23.1.2015 stellte der Kläger als Geschäftsführer der A Verwaltungs-GmbH den Insolvenzantrag über das Vermögen der A KG wegen Zahlungsunfähigkeit. Über das Vermögen der A KG wurde dann am 19.2.2015 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet. Am 2.4.2015 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Gesellschaft wurde dadurch von Amts wegen aufgelöst.
Nachdem die Rückstände bei der A KG nicht mehr beigetrieben werden konnten, nahm das Finanzamt den Kläger als Geschäftsführer der A Verwaltungs-GmbH nach § 69 AO für den Umsatzsteuer-Voranmeldungszeitraum Januar 2015 i.H.v. 10.000 € in Haftung. Als Grund führte die Behörde an, dass der Kläger Vorsteuerbeträge aus unbezahlten Rechnungen angemeldet habe, obwohl zu diesem Zeitpunkt erwiesenermaßen die den Vorsteuern zugrunde liegenden Verbindlichkeiten wegen Zahlungsunfähigkeit uneinbringlich i.S.v. § 17 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG gewesen seien.
Der Kläger hielt dagegen, dass er bei Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Januar 2015 in keinem Fall vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt habe, da er sich auf die Handlungen und die steuerlichen Kenntnisse seines Steuerberaters verlassen habe und auch verlassen habe dürfen. Er habe die Tätigkeit des Steuerberaters zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft auch laufend überwacht, es habe zu keinem Zeitpunkt Anlass zu Beanstandungen der Handlungen des Steuerberaters gegeben.
Das FG wies die Klage gegen den Haftungsbescheid ab.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat den Kläger zurecht als Geschäftsführer der für die Geschäftsführung der A KG verantwortlichen A Verwaltungs-GmbH für im Umsatzsteuer-Voranmeldungszeitraum Januar 2015 zu Unrecht geltend gemachte Vorsteuerbeträge aus uneinbringlichen Eingangsrechnungen i.H.v. 10.000 € in Haftung genommen.
Die Weitergabe der für die ordnungsgemäße Erfüllung der steuerlichen Pflichten einer Gesellschaft erforderlichen Informationen an die mit der Erfüllung dieser Pflichten beauftragten Mitarbeiter und Steuerberater gehört zu den wesentlichen Pflichten eines Geschäftsführers. Die Stellung eines Insolvenzantrags über das Vermögen der Gesellschaft durch den Geschäftsführer stellt eine solche Information dar. Daran ändert sich vorliegend auch nichts dadurch, dass nicht der Kläger selbst, sondern der von ihm als Geschäftsführer beauftragte Steuerberater diese Umsatzsteuer-Voranmeldung beim Finanzamt eingereicht hatte.
Der Kläger hat es hier pflichtwidrig unterlassen, den Steuerberater über den von ihm am im Januar 2015 für die A KG gestellten Insolvenzantrag zu unterrichten. Vorliegend hätte der Kläger zwar die der Haftungsinanspruchnahme zugrunde liegenden Vorsteuern von 10.000 € dem Grunde nach in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Januar 2015 anmelden dürfen, denn die Zahlung des Rechnungsbetrages ist nicht materielle Voraussetzung für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG. Dieser Vorsteueranspruch wäre aber jedenfalls zeitgleich zu berichtigen gewesen, sodass sich der Vorsteuerabzug und dessen Berichtigung hier aufgehoben hätten und es im Ergebnis nicht zur Auszahlung der Vorsteuerbeträge durch das Finanzamt gekommen wäre.
Dass der Steuerberater daraufhin - mit Kenntniserlangung von dem Insolvenzantrag - nicht unmittelbar eine Berichtigung der Umsatzsteuer-Voranmeldung vorgenommen hat, stellt gleichfalls eine Pflichtverletzung des Klägers als Geschäftsführer der A KG dar, denn er hätte den Steuerberater gerade in dieser besonders kritischen Situation der Gesellschaft mit Blick auf die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft überwachen müssen. Es kommt hier auch nicht darauf an, dass der Kläger nicht um diese "komplizierte" Berichtigungspflicht bei Uneinbringlichkeit wusste, denn er hätte auch als steuerlicher Laie leicht erkennen können, dass die Auszahlung eines unberechtigten Vorsteuerguthabens nach Insolvenzantragstellung nahezu zwangsläufig dazu führt, dass die Gläubiger der A KG die Umsatzsteuer wegen Uneinbringlichkeit der Forderungen nicht an die Finanzbehörden abführen und dass die ausgezahlten Beträge wegen der Insolvenz der A KG nicht mehr an das Finanzamt zurückbezahlt werden können. Das gilt umso mehr, da er selbst der Gläubiger des überwiegenden Anteils der Forderungen gegenüber der A KG war.
Bayern.Recht
Der Kläger war Geschäftsführe der Firma A GmbH & Co. KG (A KG). Die KG war 2014 gegründet worden. Gegenstand des Unternehmens war die Beteiligung an anderen Unternehmen und die Errichtung von Tochtergesellschaften im In- und Ausland. Persönlich haftende Gesellschafterin und Geschäftsführerin der A KG war die neu gegründete B Verwaltungs-GmbH. Kommanditist der A KG war u.a. der Kläger mit einer eingezahlten Einlage von 500 €.
Ausweislich des Insolvenzgutachtens aus März 2015 wurde dem Geschäftsführer D. im November 2014 die Alleinvertretungsbefugnis der A KG entzogen. D. hatte daraufhin im Dezember 2014 das Amt des Geschäftsführers der A Verwaltungs-GmbH niedergelegt. Am 23.1.2015 stellte der Kläger als Geschäftsführer der A Verwaltungs-GmbH den Insolvenzantrag über das Vermögen der A KG wegen Zahlungsunfähigkeit. Über das Vermögen der A KG wurde dann am 19.2.2015 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet. Am 2.4.2015 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Gesellschaft wurde dadurch von Amts wegen aufgelöst.
Nachdem die Rückstände bei der A KG nicht mehr beigetrieben werden konnten, nahm das Finanzamt den Kläger als Geschäftsführer der A Verwaltungs-GmbH nach § 69 AO für den Umsatzsteuer-Voranmeldungszeitraum Januar 2015 i.H.v. 10.000 € in Haftung. Als Grund führte die Behörde an, dass der Kläger Vorsteuerbeträge aus unbezahlten Rechnungen angemeldet habe, obwohl zu diesem Zeitpunkt erwiesenermaßen die den Vorsteuern zugrunde liegenden Verbindlichkeiten wegen Zahlungsunfähigkeit uneinbringlich i.S.v. § 17 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG gewesen seien.
Der Kläger hielt dagegen, dass er bei Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Januar 2015 in keinem Fall vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt habe, da er sich auf die Handlungen und die steuerlichen Kenntnisse seines Steuerberaters verlassen habe und auch verlassen habe dürfen. Er habe die Tätigkeit des Steuerberaters zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft auch laufend überwacht, es habe zu keinem Zeitpunkt Anlass zu Beanstandungen der Handlungen des Steuerberaters gegeben.
Das FG wies die Klage gegen den Haftungsbescheid ab.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat den Kläger zurecht als Geschäftsführer der für die Geschäftsführung der A KG verantwortlichen A Verwaltungs-GmbH für im Umsatzsteuer-Voranmeldungszeitraum Januar 2015 zu Unrecht geltend gemachte Vorsteuerbeträge aus uneinbringlichen Eingangsrechnungen i.H.v. 10.000 € in Haftung genommen.
Die Weitergabe der für die ordnungsgemäße Erfüllung der steuerlichen Pflichten einer Gesellschaft erforderlichen Informationen an die mit der Erfüllung dieser Pflichten beauftragten Mitarbeiter und Steuerberater gehört zu den wesentlichen Pflichten eines Geschäftsführers. Die Stellung eines Insolvenzantrags über das Vermögen der Gesellschaft durch den Geschäftsführer stellt eine solche Information dar. Daran ändert sich vorliegend auch nichts dadurch, dass nicht der Kläger selbst, sondern der von ihm als Geschäftsführer beauftragte Steuerberater diese Umsatzsteuer-Voranmeldung beim Finanzamt eingereicht hatte.
Der Kläger hat es hier pflichtwidrig unterlassen, den Steuerberater über den von ihm am im Januar 2015 für die A KG gestellten Insolvenzantrag zu unterrichten. Vorliegend hätte der Kläger zwar die der Haftungsinanspruchnahme zugrunde liegenden Vorsteuern von 10.000 € dem Grunde nach in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Januar 2015 anmelden dürfen, denn die Zahlung des Rechnungsbetrages ist nicht materielle Voraussetzung für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG. Dieser Vorsteueranspruch wäre aber jedenfalls zeitgleich zu berichtigen gewesen, sodass sich der Vorsteuerabzug und dessen Berichtigung hier aufgehoben hätten und es im Ergebnis nicht zur Auszahlung der Vorsteuerbeträge durch das Finanzamt gekommen wäre.
Dass der Steuerberater daraufhin - mit Kenntniserlangung von dem Insolvenzantrag - nicht unmittelbar eine Berichtigung der Umsatzsteuer-Voranmeldung vorgenommen hat, stellt gleichfalls eine Pflichtverletzung des Klägers als Geschäftsführer der A KG dar, denn er hätte den Steuerberater gerade in dieser besonders kritischen Situation der Gesellschaft mit Blick auf die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft überwachen müssen. Es kommt hier auch nicht darauf an, dass der Kläger nicht um diese "komplizierte" Berichtigungspflicht bei Uneinbringlichkeit wusste, denn er hätte auch als steuerlicher Laie leicht erkennen können, dass die Auszahlung eines unberechtigten Vorsteuerguthabens nach Insolvenzantragstellung nahezu zwangsläufig dazu führt, dass die Gläubiger der A KG die Umsatzsteuer wegen Uneinbringlichkeit der Forderungen nicht an die Finanzbehörden abführen und dass die ausgezahlten Beträge wegen der Insolvenz der A KG nicht mehr an das Finanzamt zurückbezahlt werden können. Das gilt umso mehr, da er selbst der Gläubiger des überwiegenden Anteils der Forderungen gegenüber der A KG war.