Zu Nachzahlungszinsen zur Einkommensteuer gem. § 233a AO nach Wahl eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres eines Gewerbebetriebs
Schleswig-Holsteinisches FG 4.12.2013, 2 K 82/13Das Verfahren betrifft die Folgen eines abweichenden Wirtschaftsjahres bei einer KG, an der der Kläger beteiligt war, im Hinblick auf die Verzinsung gem. § 233a AO. Der Kläger war bis zum 30.11.2010 alleiniger Gesellschafter der X-GmbH sowie alleiniger Kommanditist der Y-KG. Die KG und die GmbH haben jeweils ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.9. bis zum 31.8. Im November 2010 veräußerte der Kläger diese Anteile bzw. brachte sie in die Z-GmbH ein. Aus dieser Umstrukturierung ergab sich für den Kläger durch Aufdeckung stiller Reserven ein Veräußerungs- bzw. Einbringungsgewinn.
Die Einkommensteuererklärung 2010 des Klägers ging am 1.4.2011 beim Finanzamt ein der Kläger erklärte zunächst einen geschätzten Veräußerungsgewinn. Diesen Gewinn berücksichtigte das Finanzamt im erstmaligen Einkommensteuerbescheid 2010 vom 15.7.2011. Die Feststellungserklärung für die KG für das Jahr 2011 wurde am 23.2.2012 abgegeben. Später fand bei der KG eine Außenprüfung statt. Hierbei kam es zu einer einvernehmlichen Neuberechnung des Veräußerungsgewinns.
Der entsprechende Feststellungsbescheid erging am 4.9.2012. Anschließend erließ das Finanzamt am 24.9.2012 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2010 in dem der neuberechnete Veräußerungsgewinn erfasst wurde. Daneben erließ das Finanzamt einen Bescheid über Zinsen zur Einkommensteuer 2010. Den beantragten Erlass dieser Nachzahlungszinsen wegen sachlicher Unbilligkeit lehnte das Finanzamt ab.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen und wird beim BFH unter dem Az. I R 6/14 geführt.
Die Gründe:
Es liegt keine fehlerhafte Ermessensentscheidung vor. Die verzögerte Einkommensteuerfestsetzung aufgrund des abweichenden Wirtschaftsjahres bei der Beteiligungsgesellschaft begründet keine sachliche Unbilligkeit. Das Finanzamt hat insoweit zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger im Streitfall tatsächlich einen Liquiditätsvorteil hatte.
Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich auch aus der besonderen Fristenregelung in § 233a Abs. 2 S. 2 AO nicht die Unbilligkeit der Erhebung von Nachzahlungszinsen im Streitfall herleiten. Nach dieser Regelung beginnt der Zinslauf für die Einkommensteuer und Körperschaftsteuer abweichend von Satz 1 erst 21 Monate (seit 2012: 23 Monate) nach der Entstehung der Steuer, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen. Grund für diese Regelung ist, dass bei den Land- und Forstwirten auch die Einkommensteuererklärungen gem. § 149 Abs. 2 AO später abzugeben sind und bei der Gewinnermittlung zeitanteilig der Gewinn des folgenden Kalenderjahres bereits mit erfasst wird.
Denn nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 8c EStDV ermitteln Land- und Forstwirte ihre Gewinne grundsätzlich nach einem vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr. Zwar können auch Gewerbetreibende, deren Firma im Handelsregister eingetragen ist, im Einvernehmen mit dem Finanzamt ihr Wirtschaftsjahr auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum umstellen (§ 4a Abs. 1 Nr. 2 EStG). Diese vom Gesetz eingeräumte Wahlmöglichkeit - die im Streitfall von der KG und der GmbH genutzt worden ist - führt aber nicht zur Unbilligkeit der Nachzahlungszinsen.
Zum einen kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Sonderregelung in § 233a Abs. 2 S. 2 AO die Möglichkeit übersehen hat, dass es auch bei Gewerbetreibenden ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr geben kann; vom Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke kann insoweit nicht ausgegangen werden. Zum anderen gibt es auch einen Grund für die unterschiedliche Behandlung von Land- und Forstwirten einerseits und Gewerbetreibenden andererseits. Denn das abweichende Wirtschaftsjahr ist bei Land- und Forstwirten der von Gesetz bzw. Rechtsverordnung vorgesehene Normalfall. Demgegenüber ist ein abweichendes Wirtschaftsjahr bei Gewerbetreibenden das Ergebnis der Ausübung eines Wahlrechts. Die im Streitfall eingetretene negative Folge bei der Verzinsung ist Folge dieser Wahlrechtsausübung.
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