18.11.2011

Zu privaten Veräußerungsgeschäften bei einem - zwischenzeitlich im Betriebsvermögen gehalten - Grundstück

Wer ein Grundstück innerhalb des maßgeblichen Veräußerungszeitraums im Privatvermögen anschafft und aus dem Privatvermögen wieder veräußert, muss die Wertsteigerungen im Privatvermögen seit der Anschaffung versteuern, auch wenn er das Grundstück zeitweise im Betriebsvermögen gehalten hat. Der Gewinn aus dem privaten Veräußerungsgeschäft ist in diesem Fall um den im Betriebsvermögen zu erfassenden Gewinn (als Unterschied zwischen Einlage- und Entnahmewert) zu korrigieren.

BFH 23.8.2011, IX R 66/10
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Ehegatten, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Der Kläger erwarb im Mai 1997 ein Hausgrundstück. Im März 2000 übertrug er es unentgeltlich auf die Klägerin. Das Gebäude verfügte über ein Erdgeschoss, welches selbst genutzt wurde, und ein Obergeschoss, welches die Klägerin zum 1.5.2003 in ihr Betriebsvermögen einlegte. Zum 30.11.2004 entnahm die Klägerin das genannte Obergeschoss wieder ihrem Betriebsvermögen und überführte es in ihr Privatvermögen. Mit Vertrag vom November 2006 wurde das - zwischenzeitlich in Wohnungseigentum umgewandelte - Obergeschoss veräußert.

In der Steuererklärung für das Streitjahr (2006) erklärten die Kläger einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft i.H.v. 3.605 €. Dagegen berücksichtigte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr einen Gewinn von 112.205 €, den es wie folgt ermittelte:

  • Veräußerungspreis
  • abzgl. Anschaffungskosten und weiterer Herstellungskosten
  • zzgl. Absetzung für Abnutzung
  • zzgl. Teilwert der Einlage
  • abzgl. Teilwert der Entnahme
  • gleich Gewinn.

Das FG wies die hiergegen erhobene Klage ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat den Gewinn der Klägerin gem. § 23 Abs. 1, 3 EStG zutreffend bestimmt, insbes. zu Recht die Einlage des streitbefangenen Obergeschosses in das Betriebsvermögen der Klägerin zum 1.5.2003 sowie seine Entnahme zum 30.11.2004 nicht als Veräußerung beurteilt.

Private Veräußerungsgeschäfte (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 2 EStG) i.S.v. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG 2006 sind Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Unter Anschaffung oder Veräußerung i.S.d. § 23 EStG ist die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts zu verstehen. Zweck des § 23 EStG ist es, innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer zu unterwerfen.

Im Streitfall besteht das gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtige private Veräußerungsgeschäft - nach der Anschaffung im Mai 1997 - in der Veräußerung im November 2006, d.h. innerhalb von zehn Jahren. Die zwischenzeitliche Aufteilung in Wohnungseigentum ändert nichts an der Nämlichkeit, d.h. der wirtschaftlichen Identität von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut stellt eine Einlage in das Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers und so auch die Einlage in das Betriebsvermögen der Klägerin zum 1.5.2003 mangels Rechtsträgerwechsels keine Veräußerung dar.

Auch die Entnahme aus dem Betriebsvermögen zum 30.11.2004 ist mangels Rechtsträgerwechsels keine Veräußerung. Zwar gilt gem. § 23 Abs. 1 S. 2 EStG als Anschaffung auch die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme. Diese Fiktion einer Anschaffung entfaltet im Streitfall aber keine Wirkung. Denn die ursprüngliche tatsächliche Anschaffung des Jahres 1997 wirkt fort, da die Voraussetzungen der Veräußerungsfiktion des § 23 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 EStG nicht erfüllt sind.

Entsprechend sind die ursprünglichen Anschaffungskosten zugrunde zu legen und der Gewinn aus dem privaten Veräußerungsgeschäft ist um den im Betriebsvermögen zu erfassenden Gewinn zu korrigieren. Allein diese - wortlautkonforme - Auslegung stellt sicher, dass - wie es die Zwecksetzung von § 23 Abs. 1 EStG verlangt - alle zwischen Anschaffung und Veräußerung im Privatvermögen entstandenen stillen Reserven erfasst werden.

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