07.11.2012

Zu umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbeziehungen im Internet bei Weiterleitung auf andere Internetseiten

Ein Unternehmer, der über seine Internetseite den Nutzern die Möglichkeit verschafft, kostenpflichtige erotische oder pornografische Bilder und Videos zu beziehen, ist auch dann umsatzsteuerrechtlich Leistender, wenn der Nutzer hierzu auf Internetseiten anderer Unternehmer weitergeleitet wird, ohne dass dies in eindeutiger Weise kenntlich gemacht wird.

BFH 15.5.2012, XI R 16/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin, eine inländische GmbH & Co. KG, betrieb in den Streitjahren eine Internetseite, mit der sie Nutzern des Internets die Möglichkeit verschaffte, kostenpflichtige Bilder und Videos mit erotischen oder pornografischen Inhalten anzusehen. Die Nutzer, die die Internetseite der Klägerin aufgerufen hatten, wurden von dort auf die Internetseite eines Unternehmens mit Sitz in Spanien und von dieser auf die Internetseite einer GmbH weitergeleitet, auf der die Bilder und Videos enthalten waren.

Das spanische Unternehmen stellte eine gebührenpflichtige Sonderrufnummer nebst Einwahlplattform zur Verfügung, über die Nutzer mit Hilfe eines sog. Webdialers über ihre Telefonrechnungen Gebühren für die bezogenen kostenpflichtigen Internetangebote entrichteten, und kehrte die eingezogenen Entgelte nach Abzug einer Provision an die Klägerin aus.

Die Klägerin behandelte diese Umsätze als nicht steuerbar. Sie war der Ansicht, dass mit einer Internetseite, die einladend auf eine andere verweise bzw. auf eine andere Internetseite weiterleite, gegenüber dem Nutzer keine Leistungen erbracht würden. Das Finanzamt ist hingegen der Ansicht, dass die Umsätze aus kostenpflichtigen Internetseiten, bei denen die Abrechnungen über im Ausland ansässige Firmen erfolgt, steuerbar seien. Dementsprechend setzte es die Umsatzsteuer für die Streitjahre fest.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin die streitbefangenen Umsätze als eigene Leistung erbracht hat.

Der Betreiber einer Internetseite, der dort kostenpflichtige Leistungen anbietet, ist vergleichbar mit einem Unternehmer, der im eigenen Laden Waren verkauft. So wie dieser umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich als Eigenhändler anzusehen ist, ist auch der Betreiber einer Internetseite als derjenige zu behandeln, der die dort angebotenen kostenpflichtigen Leistungen erbracht hat. Der Kunde, der in einem Laden Waren kauft, will grundsätzlich nur mit dem Ladeninhaber in Geschäftsbeziehungen treten. Entsprechendes gilt für den Nutzer, der über das Internet eine kostenpflichtige Leistung abruft und über seine Telefonrechnung bezahlt; auch ihm sind etwaige Vereinbarungen zwischen dem Betreiber der von ihm aufgerufenen Internetseite und einem Dritten weder bekannt noch für ihn von Interesse.

Auch bei über das Internet bezogenen kostenpflichtigen Leistungen ist das Außenverhältnis wesentlich, d.h. das Auftreten des Betreibers einer Internetseite dem Nutzer gegenüber. Nur wenn der Betreiber einer Internetseite in eindeutiger Weise vor oder bei dem Geschäftsabschluss zu erkennen gibt, dass er für einen anderen tätig wird, also in fremdem Namen und für fremde Rechnung handelt, und der Kunde, der dies erkannt hat, sich ausdrücklich oder stillschweigend damit einverstanden erklärt, kann dessen Vermittlereigenschaft umsatzsteuerrechtlich anerkannt werden.

Demnach hat das FG im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Klägerin als Betreiberin der Interseite die von den Nutzern abgerufenen kostenpflichtigen Bilder und Videos erotischer und pornografischer Art als Leistende erbracht hat. Nicht zu beanstanden sind die Feststellungen des FG, dass der Klägerin nur solche Seitenaufrufe vergütet wurden, bei denen die Internetnutzer über die von der Klägerin betriebenen Website zu den kostenpflichtigen Bildangeboten gelangten und dass dieser Website nicht zu entnehmen war, dass die Nutzer dabei auf eine andere Website weitergeleitet wurden. Die Würdigung des FG, aus der Sicht der Nutzer habe die Einstiegsseite im Vordergrund gestanden, so dass die Klägerin als Erbringerin der Leistung erschienen sei, hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.

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BFH PM Nr. 74 vom 7.11.2012
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