Zufluss nicht ausgezahlter Tantiemen bei beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer
Kurzbesprechung
BFH v. 5.6.2024 - VI R 20/22
EStG § 11 Abs 1, § 19 Abs 1 S 1 Nr. 1, § 38a Abs 1
BGB § 133, § 157
KStG § 8 Abs 3 S 3
Tantiemen gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Ihre Besteuerung setzt allerdings voraus, dass sie als sonstiger Bezug dem Arbeitnehmer nach § 11 Abs. 1 Satz 4, § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG zugeflossen sind.
Bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer kann ein Tantiemezufluss auch ohne Zahlung oder Gutschrift bereits bei Fälligkeit vorliegen. Denn ein beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist. Allerdings werden von dieser Zuflussfiktion nur Gehaltsbeträge und sonstige Vergütungen erfasst, die die Kapitalgesellschaft den sie beherrschenden Gesellschaftern schuldet und die sich bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft ausgewirkt haben (a.A. BMF - Schreiben v. 12.05.2014, BStBl I 2014, 860). Fällig wird der Anspruch auf Tantiemen erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbaren. Überdies kann der Verzicht des Gesellschafters auf seinen Vergütungsanspruch zum Zufluss des Forderungswerts führen, soweit mit ihm eine verdeckte Einlage erbracht wird.
Im entschiedenen Streitfall waren die Tantiemeansprüche (noch) nicht fällig. Denn die GmbH hatte die Tantiemeforderungen des Steuerpflichtigen in ihren Jahresabschlüssen nicht als Verbindlichkeit abgebildet. Ob die dahingehenden Verbindlichkeiten nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung hätten passiviert werden müssen, ist insoweit unerheblich (a.A. BMF-Schreiben vom 12.05.2014, BStBl I 2014, 860). Denn ein dahingehender Pflichtenverstoß vermag die Fälligkeit einer im festgestellten Jahresabschluss nicht enthaltenen Tantiemeforderung nicht zu begründen. Deshalb ist insoweit auch ohne Bedeutung, ob die fehlende Passivierung einer Verbindlichkeit einem Buchungsfehler geschuldet war, oder ob eine Bilanzierung aus anderen Gründen von vornherein nicht in Betracht kam, etwa weil die Tantiemezusage vor der Entstehung der darin vereinbarten Tantiemeansprüche einvernehmlich aufgehoben worden ist.
Der BFH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Streitfall an das FG zurück, da die getroffenen Feststellungen des FG nicht ausreichten, um entscheiden zu können, ob dem Steuerpflichtigen die Forderungswerte der Tantiemeansprüche zugeflossen sind, weil er durch einen Verzicht auf seine Tantiemeansprüche eine verdeckte Einlage in die GmbH erbracht hat.
Es fehlten Feststellungen des FG, warum die Tantiemen nicht ausgezahlt beziehungsweise entsprechende Forderungen des Steuerpflichtigen nicht als Verbindlichkeiten passiviert worden sind. Der BFH konnte nicht erkennen, ob der Steuerpflichtige einvernehmlich mit der GmbH die Tantiemezusage vor der Entstehung der Tantiemeansprüche zum jeweiligen Jahresende aufgehoben hatte, oder ob er auf die bereits entstandenen Tantiemeansprüche verzichtet hatte. Nur in letzterem Fall wäre eine verdeckte Einlage der Forderungswerte der Tantiemeansprüche in die GmbH zu bejahen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 11 Abs 1, § 19 Abs 1 S 1 Nr. 1, § 38a Abs 1
BGB § 133, § 157
KStG § 8 Abs 3 S 3
Tantiemen gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Ihre Besteuerung setzt allerdings voraus, dass sie als sonstiger Bezug dem Arbeitnehmer nach § 11 Abs. 1 Satz 4, § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG zugeflossen sind.
Bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer kann ein Tantiemezufluss auch ohne Zahlung oder Gutschrift bereits bei Fälligkeit vorliegen. Denn ein beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist. Allerdings werden von dieser Zuflussfiktion nur Gehaltsbeträge und sonstige Vergütungen erfasst, die die Kapitalgesellschaft den sie beherrschenden Gesellschaftern schuldet und die sich bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft ausgewirkt haben (a.A. BMF - Schreiben v. 12.05.2014, BStBl I 2014, 860). Fällig wird der Anspruch auf Tantiemen erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbaren. Überdies kann der Verzicht des Gesellschafters auf seinen Vergütungsanspruch zum Zufluss des Forderungswerts führen, soweit mit ihm eine verdeckte Einlage erbracht wird.
Im entschiedenen Streitfall waren die Tantiemeansprüche (noch) nicht fällig. Denn die GmbH hatte die Tantiemeforderungen des Steuerpflichtigen in ihren Jahresabschlüssen nicht als Verbindlichkeit abgebildet. Ob die dahingehenden Verbindlichkeiten nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung hätten passiviert werden müssen, ist insoweit unerheblich (a.A. BMF-Schreiben vom 12.05.2014, BStBl I 2014, 860). Denn ein dahingehender Pflichtenverstoß vermag die Fälligkeit einer im festgestellten Jahresabschluss nicht enthaltenen Tantiemeforderung nicht zu begründen. Deshalb ist insoweit auch ohne Bedeutung, ob die fehlende Passivierung einer Verbindlichkeit einem Buchungsfehler geschuldet war, oder ob eine Bilanzierung aus anderen Gründen von vornherein nicht in Betracht kam, etwa weil die Tantiemezusage vor der Entstehung der darin vereinbarten Tantiemeansprüche einvernehmlich aufgehoben worden ist.
Der BFH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Streitfall an das FG zurück, da die getroffenen Feststellungen des FG nicht ausreichten, um entscheiden zu können, ob dem Steuerpflichtigen die Forderungswerte der Tantiemeansprüche zugeflossen sind, weil er durch einen Verzicht auf seine Tantiemeansprüche eine verdeckte Einlage in die GmbH erbracht hat.
Es fehlten Feststellungen des FG, warum die Tantiemen nicht ausgezahlt beziehungsweise entsprechende Forderungen des Steuerpflichtigen nicht als Verbindlichkeiten passiviert worden sind. Der BFH konnte nicht erkennen, ob der Steuerpflichtige einvernehmlich mit der GmbH die Tantiemezusage vor der Entstehung der Tantiemeansprüche zum jeweiligen Jahresende aufgehoben hatte, oder ob er auf die bereits entstandenen Tantiemeansprüche verzichtet hatte. Nur in letzterem Fall wäre eine verdeckte Einlage der Forderungswerte der Tantiemeansprüche in die GmbH zu bejahen.