Zugehörigkeit einer Managementbeteiligung zum Betriebsvermögen eines freiberuflich tätigen Beraters
Kurzbesprechung
BFH v. 1.12.2020 - VIII R 21/17
EStG § 17 Abs. 1 S. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 4
AO § 39 Abs. 2 Nr. 1, AO § 39 Abs. 2 Nr. 2
Streitig war, ob ein Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 EStG zu erfassen ist.
Als Betriebseinnahme kann auch der Erlös aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft anzusehen sein, wenn die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft betrieblich veranlasst war und deshalb zum Betriebsvermögen gehört. Das ist grundsätzlich der Fall, wenn die Beteiligung dazu bestimmt ist, die betriebliche Betätigung entscheidend zu fördern, oder dazu dient, den Absatz von Produkten zu gewährleisten.
Liegen diese Voraussetzungen vor, kann eine Zuordnung zum Betriebsvermögen auch dann erfolgen, wenn der Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wird. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Geldgeschäfte von Angehörigen eines freien Berufs, zu denen auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zählt, nur in Ausnahmefällen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der freiberuflichen Betätigung stehen und damit als betrieblich veranlasst angesehen werden können. Denn bei der Ausübung eines freien Berufs stehen die eigene Arbeitskraft des Steuerpflichtigen sowie der Einsatz seines geistigen Vermögens und der durch die qualifizierte Ausbildung erworbenen Kenntnisse im Vordergrund. Das den freien Berufen zugrunde liegende Berufsbild begrenzt und prägt auch die einkommensteuerrechtlichen Begriffe der Betriebseinnahmen und des Betriebsvermögens, da diese nicht umfassender sein können als der durch das jeweilige freiberufliche Berufsbild geprägte Betrieb.
Im Einzelfall kann sich gleichwohl ergeben, dass die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Hilfstätigkeit zur freiberuflichen Tätigkeit anzusehen ist. Nicht betrieblich veranlasst sind hingegen Beteiligungen, wenn sie gegenüber der freiberuflichen Tätigkeit ein eigenes wirtschaftliches Gewicht besitzen. Das ist z.B. der Fall, wenn es dem Steuerpflichtigen in erster Linie auf die Beteiligung bzw. Kapitalanlage ankommt und die Gewinnung von Aufträgen lediglich ein erwünschter Nebeneffekt ist.
Für den Charakter einer Beteiligung als von der freiberuflichen Tätigkeit unabhängige Erwerbsgrundlage mit eigenem Gewicht spricht es auch, wenn aus der freiberuflichen Tätigkeit kein Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung und einen anteiligen Veräußerungserlös erwächst, die Beteiligung zum Marktpreis erworben und veräußert wird und der Anteilsinhaber das volle Verlustrisiko aus der Beteiligung trägt.
Im Streitfall kam es dem Steuerpflichtigen zuallererst auf eine Wertsteigerung der Anteile an. Die Beteiligung besaß mithin ein eigenständiges wirtschaftliches Gewicht und stellte deshalb nicht lediglich ein Hilfsgeschäft zu der selbständigen Beratungstätigkeit des Steuerpflichtigen dar. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Beteiligung mit einem vollen Verlustrisiko verbunden war, dafür, dass ihr gegenüber der selbständigen Tätigkeit eine eigenständige Bedeutung zukam und der Steuerpflichtige sie als eigenständige Einkunftsquelle genutzt hat.
Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind Einkünfte aus selbständiger Arbeit solche, die ein Beteiligter an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht, als Vergütung für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- oder Gemeinschaftszwecks erzielt, wenn der Anspruch auf die Vergütung unter der Voraussetzung eingeräumt worden ist, dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahltes Kapital vollständig zurückerhalten haben.
Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor. Zwar war der Steuerpflichtige Beteiligter einer vermögensverwaltenden Gesellschaft, hier in Gestalt einer GbR, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an der Holding bestand. Der Veräußerungserlös stellte jedoch keine Vergütung für Leistungen des Steuerpflichtigen zur Förderung des Gesellschaftszwecks im Sinne der Vorschrift dar. Hierunter sind allein die überproportionalen (erfolgsabhängigen) Gewinnanteile zu verstehen, die einem Beteiligten für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- und Gemeinschaftszwecks in Form von Gesellschafterbeiträgen eingeräumt werden.
Der laufende Gewinnanteil stellt keine Vergütung i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG dar, weil er nicht auf einem besonderen Gesellschafterbeitrag beruht. Im Streitfall wurde dem Steuerpflichtigen jedoch innerhalb der GbR kein erhöhter Gewinnanteil für gesonderte Leistungen zur Förderung des Gesellschaftszwecks zugewiesen. Vielmehr handelte es sich bei der ihm zugeflossenen Zahlung um den auf seine Beteiligungsquote entfallenden (anteiligen) Veräußerungserlös und damit um seinen regulären Gewinnanteil.
Der von dem Steuerpflichtigen erzielte Erlös erfüllte die Merkmale eines Veräußerungsgewinns i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, der in 2011 und nicht im Streitjahr 2012 zu versteuern war.
Im Streitfall hatte das FG ferner zu Recht entschieden, dass die Veräußerung der Anteile durch die GbR im Streitjahr 2011 zu keinen steuerbaren Einkünften geführt hatte.
Insbesondere war der anteilige Veräußerungserlös nicht bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erfassen. Denn da der Steuerpflichtigen (und der Tochter) über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ein Bruchteil der Anteile der Holding in Höhe von lediglich 0,86 % (4 % x 21,5 %) zuzurechnen war, waren sie nicht innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Holding unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt gewesen.
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 EStG, wonach zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft gehört, ist gemäß § 52 Abs. 28 Satz 11 EStG erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden, die nach dem 31.12.2008 erworben wurden. Da die der Steuerpflichtigen zuzurechnende Beteiligung jedoch bereits im Jahr 2007 erworben wurde, war der Anwendungsbereich dieser Vorschriften im Streitfall nicht eröffnet.Schließlich lagen auch keine sonstigen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor. Danach ist erforderlich, dass der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung von anderen Wirtschaftsgütern als Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, nicht mehr als ein Jahr beträgt. Da die GbR die Anteile an der Holding bereits im Jahr 2007 erworben und erst im Jahr 2011 wieder veräußert hatte, war der anteilige Veräußerungserlös der Steuerpflichtigen mithin auch nach diesen Vorschriften nicht steuerbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 17 Abs. 1 S. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 4
AO § 39 Abs. 2 Nr. 1, AO § 39 Abs. 2 Nr. 2
Streitig war, ob ein Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 EStG zu erfassen ist.
Als Betriebseinnahme kann auch der Erlös aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft anzusehen sein, wenn die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft betrieblich veranlasst war und deshalb zum Betriebsvermögen gehört. Das ist grundsätzlich der Fall, wenn die Beteiligung dazu bestimmt ist, die betriebliche Betätigung entscheidend zu fördern, oder dazu dient, den Absatz von Produkten zu gewährleisten.
Liegen diese Voraussetzungen vor, kann eine Zuordnung zum Betriebsvermögen auch dann erfolgen, wenn der Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wird. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Geldgeschäfte von Angehörigen eines freien Berufs, zu denen auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zählt, nur in Ausnahmefällen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der freiberuflichen Betätigung stehen und damit als betrieblich veranlasst angesehen werden können. Denn bei der Ausübung eines freien Berufs stehen die eigene Arbeitskraft des Steuerpflichtigen sowie der Einsatz seines geistigen Vermögens und der durch die qualifizierte Ausbildung erworbenen Kenntnisse im Vordergrund. Das den freien Berufen zugrunde liegende Berufsbild begrenzt und prägt auch die einkommensteuerrechtlichen Begriffe der Betriebseinnahmen und des Betriebsvermögens, da diese nicht umfassender sein können als der durch das jeweilige freiberufliche Berufsbild geprägte Betrieb.
Im Einzelfall kann sich gleichwohl ergeben, dass die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Hilfstätigkeit zur freiberuflichen Tätigkeit anzusehen ist. Nicht betrieblich veranlasst sind hingegen Beteiligungen, wenn sie gegenüber der freiberuflichen Tätigkeit ein eigenes wirtschaftliches Gewicht besitzen. Das ist z.B. der Fall, wenn es dem Steuerpflichtigen in erster Linie auf die Beteiligung bzw. Kapitalanlage ankommt und die Gewinnung von Aufträgen lediglich ein erwünschter Nebeneffekt ist.
Für den Charakter einer Beteiligung als von der freiberuflichen Tätigkeit unabhängige Erwerbsgrundlage mit eigenem Gewicht spricht es auch, wenn aus der freiberuflichen Tätigkeit kein Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung und einen anteiligen Veräußerungserlös erwächst, die Beteiligung zum Marktpreis erworben und veräußert wird und der Anteilsinhaber das volle Verlustrisiko aus der Beteiligung trägt.
Im Streitfall kam es dem Steuerpflichtigen zuallererst auf eine Wertsteigerung der Anteile an. Die Beteiligung besaß mithin ein eigenständiges wirtschaftliches Gewicht und stellte deshalb nicht lediglich ein Hilfsgeschäft zu der selbständigen Beratungstätigkeit des Steuerpflichtigen dar. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Beteiligung mit einem vollen Verlustrisiko verbunden war, dafür, dass ihr gegenüber der selbständigen Tätigkeit eine eigenständige Bedeutung zukam und der Steuerpflichtige sie als eigenständige Einkunftsquelle genutzt hat.
Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind Einkünfte aus selbständiger Arbeit solche, die ein Beteiligter an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht, als Vergütung für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- oder Gemeinschaftszwecks erzielt, wenn der Anspruch auf die Vergütung unter der Voraussetzung eingeräumt worden ist, dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahltes Kapital vollständig zurückerhalten haben.
Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor. Zwar war der Steuerpflichtige Beteiligter einer vermögensverwaltenden Gesellschaft, hier in Gestalt einer GbR, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an der Holding bestand. Der Veräußerungserlös stellte jedoch keine Vergütung für Leistungen des Steuerpflichtigen zur Förderung des Gesellschaftszwecks im Sinne der Vorschrift dar. Hierunter sind allein die überproportionalen (erfolgsabhängigen) Gewinnanteile zu verstehen, die einem Beteiligten für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- und Gemeinschaftszwecks in Form von Gesellschafterbeiträgen eingeräumt werden.
Der laufende Gewinnanteil stellt keine Vergütung i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG dar, weil er nicht auf einem besonderen Gesellschafterbeitrag beruht. Im Streitfall wurde dem Steuerpflichtigen jedoch innerhalb der GbR kein erhöhter Gewinnanteil für gesonderte Leistungen zur Förderung des Gesellschaftszwecks zugewiesen. Vielmehr handelte es sich bei der ihm zugeflossenen Zahlung um den auf seine Beteiligungsquote entfallenden (anteiligen) Veräußerungserlös und damit um seinen regulären Gewinnanteil.
Der von dem Steuerpflichtigen erzielte Erlös erfüllte die Merkmale eines Veräußerungsgewinns i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, der in 2011 und nicht im Streitjahr 2012 zu versteuern war.
Im Streitfall hatte das FG ferner zu Recht entschieden, dass die Veräußerung der Anteile durch die GbR im Streitjahr 2011 zu keinen steuerbaren Einkünften geführt hatte.
Insbesondere war der anteilige Veräußerungserlös nicht bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erfassen. Denn da der Steuerpflichtigen (und der Tochter) über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ein Bruchteil der Anteile der Holding in Höhe von lediglich 0,86 % (4 % x 21,5 %) zuzurechnen war, waren sie nicht innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Holding unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt gewesen.
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 EStG, wonach zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft gehört, ist gemäß § 52 Abs. 28 Satz 11 EStG erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden, die nach dem 31.12.2008 erworben wurden. Da die der Steuerpflichtigen zuzurechnende Beteiligung jedoch bereits im Jahr 2007 erworben wurde, war der Anwendungsbereich dieser Vorschriften im Streitfall nicht eröffnet.Schließlich lagen auch keine sonstigen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor. Danach ist erforderlich, dass der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung von anderen Wirtschaftsgütern als Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, nicht mehr als ein Jahr beträgt. Da die GbR die Anteile an der Holding bereits im Jahr 2007 erworben und erst im Jahr 2011 wieder veräußert hatte, war der anteilige Veräußerungserlös der Steuerpflichtigen mithin auch nach diesen Vorschriften nicht steuerbar.