29.01.2013

Zum Abzug von Leistungen im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs

Ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich kann grundsätzlich auch dann vorliegen, wenn er in einem Ehevertrag geregelt ist. Der Gesetzgeber hat mit § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG eine Regelung getroffen, die auch die schuldrechtliche Teilung einer Rente als möglichen steuerrechtlich relevanten Einkünftetransfer akzeptiert.

BFH 22.8.2012, X R 36/09
Der Sachverhalt:
Die geschiedenen Eheleute lebten seit 1990 voneinander getrennt. Sie hatten im Januar 1991 eine notarielle "Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung sowie Ehevertrag" geschlossen. Die Ehe wurde im Juni 1992 rechtskräftig geschieden. Ein Versorgungsausgleich wurde dabei nicht durchgeführt, da ein solcher in der Vereinbarung der Eheleute ausgeschlossen worden war.

Im November 2007 beantragte der Kläger, dass ein Betrag i.H.v. 37.089 € als Freibetrag auf seiner Lohnsteuerkarte 2008 eingetragen werden sollte. Der Betrag setzte sich zusammen aus einem Anteil aus betrieblicher Rente i.H.v. 35.668 € und einem Anteil aus gesetzlicher Rente i.H.v. 1.420 €. Das Finanzamt wies den Antrag teilweise zurück, da die Zahlungen an seine geschiedene Ehefrau gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG nur bis zur Höhe von 13.805 € abziehbar seien.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Das Finanzamt war verpflichtet, auf der Lohnsteuerkarte des Klägers einen Freibetrag für Sonderausgaben i.H.v. insgesamt 37.089 € einzutragen.

Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG waren erfüllt. Zwar ergab sich aus dem Ehevertrag der eindeutige Wille, den Versorgungsausgleich nicht nach §§ 1587 ff. BGB a.F. vorzunehmen, sondern stattdessen alle notwendigen Regelungen durch den Ehevertrag zu treffen. Allerdings kann ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich auch dann vorliegen, wenn er in einem Ehevertrag geregelt ist. Denn auch ein solcher schuldrechtlicher Versorgungsausgleich ist im Rahmen von § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG begünstigt. Schließlich sollte nach der Gesetzesbegründung der Abzug von Leistungen aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs auch nach der Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG erhalten bleiben; für diese Fälle sollte eine eigenständige Regelung geschaffen werden.

Dass die (materielle) Interpretation des Begriffs "schuldrechtlicher Versorgungsausgleich" mit § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG vereinbar ist, zeigte sich auch daran, dass § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG n.F. selbst auf die §§ 20, 21, 22 und 26 VersAusglG n.F. verweist. Zutreffend wird daher in dem BMF-Schreiben vom 9.4.2010 ein Sonderausgabenabzug (nur) versagt, wenn statt einer schuldrechtlichen Ausgleichzahlung ein Anrecht nach § 23 VersAusglG abgefunden wird.

Ehevertragliche Regelungen enthalten typischerweise auch Elemente einer Vermögensauseinandersetzung und unterhaltsähnliche Leistungen. Zwar sind Leistungen im Rahmen einer Vermögensauseinandersetzung grundsätzlich keine steuerlich abziehbaren Aufwendungen; dasselbe gilt für Unterhaltszahlungen. Soweit aber Renten geteilt werden, dinglich oder schuldrechtlich, nach Maßgabe des dispositiven Gesetzesrechts oder als Teil eines Ehevertrags, hat der Gesetzgeber mit § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG eine Regelung getroffen, die auch die schuldrechtliche Teilung einer Rente als möglichen steuerrechtlich relevanten Einkünftetransfer akzeptiert.

Dieser Rechtslage entsprechend war im Streitfall davon auszugehen, dass der Kläger und seine geschiedene Ehefrau einen "schuldrechtlichen Ausgleich" der Rentenansprüche des Klägers geregelt hatten, der zu einem Einkünftetransfer führen sollte und damit die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG erfüllte. Dementsprechend hatte der Kläger zu Recht darauf hingewiesen, dass der im Ehevertrag formulierte Ausschluss nur den "gesetzlichen Versorgungsausgleich" betreffen sollte. An die gegenteilige Ansicht des FG war der Senat nicht gebunden.

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