Zum Beginn der Verjährungsfrist beim Anspruch des Mandanten wegen fehlerhafter steuerlicher Beratung im Hinblick auf Aussetzungszinsen
BGH 24.1.2013, IX ZR 108/12Der Kläger war als Einzelunternehmer im Immobilienbereich tätig und wurde von dem Beklagten steuerlich beraten. Auf dessen Empfehlung gründete er 1992 eine GmbH, die sich mit dem An- und Verkauf bebauter Grundstücke sowie den hierfür erforderlichen Erschließungs- und Baumaßnahmen befasste. Diese Gesellschaft, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Kläger war, bebaute 1992 ein von dem Kläger erworbenes Grundstücksareal mit 29 Wohneinheiten. Nach den mit Erwerbsinteressenten abgeschlossenen Kaufverträgen verkaufte der Kläger persönlich die aus Miteigentumsanteilen an dem Grundstück sowie aus Sondereigentums- und Sondernutzungsrechten bestehenden Wohnungseigentumsrechte.
Die durch den Kläger vertretene Gesellschaft verpflichtete sich ihrerseits zur schlüsselfertigen Errichtung des Wohnungseigentums einschließlich der hierfür erforderlichen Erschließungs- und Planungsmaßnahmen. Nach den Kaufverträgen war für die Baumaßnahme ein Gesamterstellungspreis zzgl. ausgewiesener Umsatzsteuer sowie für den Grundstücksanteil ein gesonderter Betrag ohne Umsatzsteuer zu entrichten. Diese Aufteilung legte der Kläger auch seinen Erklärungen gegenüber dem Finanzamt zugrunde.
Nach einer betrieblichen Außenprüfung erging gegen den Kläger am 13.12.2001 ein Umsatzsteueränderungsbescheid, der ihn zur Nachzahlung von rd. 89.000 € verpflichtete. Hierbei ging das Finanzamt von einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen dem Einzelunternehmen des Klägers als Organträger und der GmbH als Organgesellschaft sowie der Umsatzsteuerpflichtigkeit für sämtliche Leistungen aus. Der von dem Beklagten für den Kläger hiergegen eingelegte Einspruch wurde zurückgewiesen. Die auf Anraten des Beklagten erhobene finanzgerichtliche Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg. Auf Antrag des Beklagten wurde dem Kläger durch Bescheide vom 5.7.2001, 12.10.2004 und 23.8.2007 die Aussetzung der Vollziehung gewährt. Mit Bescheid vom 19.12.2009 wurden gegen den Kläger Aussetzungszinsen i.H.v. 37.008 € festgesetzt.
Der Kläger nimmt den Beklagten wegen fehlerhafter Beratung auf Erstattung der festgesetzten Umsatzsteuer, Zinsen sowie Verfahrenskosten i.H.v. insgesamt rd. 160.000 € in Anspruch. Der am 9.11.2010 erwirkte Mahnbescheid wurde dem Beklagten am 10.11.2010 zugestellt.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Nach dem im Streitfall noch anzuwendenden § 68 StBerG (2004 aufgehoben) verjährt der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Steuerberater bestehenden Vertragsverhältnis in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Diese Frist war vorliegend im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgelaufen.
Ein Schaden aus einer Steuerberatung ist entstanden, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen durch die Pflichtwidrigkeit des Beraters gegenüber seinem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt, dass der Schaden dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch die Höhe noch nicht beziffert werden können. In der Regel beginnt die Verjährung des Ersatzanspruchs gegen einen Steuerberater, der steuerliche Nachteile oder von der Besteuerung abhängige sonstige Vermögensnachteile seines Mandanten verschuldet hat, mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides gem. § 122 Abs. 1, § 155 Abs. 1 S. 2, § 183 Abs. 1 AO. Dies gilt auch, wenn der Steuerbescheid noch keine Steuerfestsetzung enthält, sondern Besteuerungsgrundlagen selbständig feststellt, welche für die nachfolgende Steuerfestsetzung gem. § 182 Abs. 1 AO bindend sind.
Nach diesen Grundsätzen ist hinsichtlich der Schadensentstehung für angefallene Aussetzungszinsen, die auf einen Beratungsfehler bei Beantragung der Aussetzung der Vollziehung gestützt werden, nicht die Bekanntgabe des die Aussetzungszinsen festsetzenden Bescheids, sondern die vorausgehende Anordnung der Aussetzung der Vollziehung maßgeblich. Der Zinstatbestand der Aussetzungszinsen knüpft unmittelbar an die Aussetzung der Vollziehung und damit an die entsprechende behördliche Aussetzungsentscheidung an. Die Erhebung der angefallenen Aussetzungszinsen steht nicht im Ermessen der Finanzbehörde. Im Hinblick hierauf kommt schon der Aussetzungsentscheidung der Finanzbehörde eine konstituierende Bedeutung für den Anfall der Aussetzungszinsen zu. Man kann sie auch als Grundlagenbescheid der Verzinsung bezeichnen.
Mit Recht hat das OLG angenommen, dass mit der Bekanntgabe der Aussetzungsanordnung vom 5.7.2001 eine einheitliche, auch die übrigen Aussetzungsfolgen umfassende Verjährungsfrist in Lauf gesetzt worden ist. Der aus einem Beratungsfehler erwachsene Schaden hinsichtlich angefallener Aussetzungszinsen ist als einheitliches Ganzes aufzufassen. Daher läuft für den Anspruch auf Ersatz dieses Schadens einschließlich aller weiteren adäquat verursachten, zurechenbaren und voraussehbaren Nachteile eine einheitliche Verjährungsfrist, sobald irgendein Teilschaden entstanden ist; das gilt auch, soweit eine Wiederholung desselben schädigenden Verhaltens - nochmals - denselben Schaden auslöst.
Danach sind, wie das OLG mit Recht ausgeführt hat, die seit Juli 2001 laufende Verjährungsfrist für einen Regressanspruch des Klägers gegen den Beklagten nach drei Jahren und daran anschließend eine gleich lange Frist für einen Sekundäranspruch verstrichen, bevor die Schadensersatzklage mit Eingang der Akten beim Streitgericht im Januar 2011 eingeleitet wurde. Im Übrigen ist das OLG auch zutreffend davon ausgegangen, dass die vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede nicht gegen das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung verstößt.
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