Zum Begriff "Betriebsstätte" im aktuellen steuerlichen Reisekostenrecht
FG Rheinland-Pfalz v. 19.6.2024, 1 K 1219/21
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte in den Streitjahren 2016 bis 2018 als IT-Berater Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt. Seine Tätigkeit übte er an vier Tagen pro Woche am Sitz seines (einzigen) Kunden aus. In seinen Einkommensteuererklärungen machte er Aufwendungen für die Fahrten von seiner Wohnung zum Kunden und zurück als Betriebsausgaben geltend, und zwar nach Dienstreisegrundsätzen (0,30 €/km für Hin- und Rückfahrt) und nicht mit der Entfernungspauschale (0,30 €/km für die Entfernung zwischen Wohnung und Betrieb des Kunden).
Das Finanzamt folgte der Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF-Schreiben vom 23.12.2014, BGBl I 2015, 26), wonach dem Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" in § 9 EStG, der durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285) eingeführt wurde, auch Bedeutung für die Auslegung des Begriffs der "Betriebsstätte" in § 4 Abs. 5 EStG zukomme. Der Kläger habe bei seinem Kunden seine "erste Tätigkeitsstätte", so dass nur die Entfernungspauschale von 0,30 € anzusetzen sei.
das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Beim BFH ist die Revision inzwischen anhängig unter dem Az.: VIII R 15/24.
Die Gründe:
Anders als das Finanzamt meinte, waren die gesetzlichen Anforderungen an eine "erste Tätigkeitsstätte" i.S.d. § 9 EStG (neue Fassung) im vorliegenden Fall aus mehreren Gründen nicht erfüllt. Denn die "Betriebsstätte" ist nicht unter Rückgriff auf den durch die Neuregelung eingeführten Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" zu bestimmen, sondern weiterhin auf der Grundlage der bisherigen Auslegung des Betriebsstättenbegriffs durch die BFH-Rechtsprechung.
Danach war im vorliegenden Fall der Sitz des (einzigen) Kunden des Klägers als seine Betriebsstätte anzusehen, so dass er seine Fahrtkosten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nur in Höhe der Entfernungspauschale als Betriebsausgaben geltend machen konnte. Die Wohnung des Klägers bzw. sein häusliches Arbeitszimmer stellen keine Betriebsstätten dar.
Allerdings hat das Gericht die Revision zugelassen, weil noch keine Entscheidung des BFH zu der hier streitigen Frage vorliegt. Zudem ist das Gericht von der Auffassung des BMF im Schreiben vom 23.12.2014 (BGBl I 2015, 26) abgewichen, wonach die Bestimmung des Begriffs der "Betriebsstätte" unter Rückgriff auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG erfolgen soll.
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FG Rheinland-Pfalz - PM v. 24.7.2024
Der Kläger hatte in den Streitjahren 2016 bis 2018 als IT-Berater Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt. Seine Tätigkeit übte er an vier Tagen pro Woche am Sitz seines (einzigen) Kunden aus. In seinen Einkommensteuererklärungen machte er Aufwendungen für die Fahrten von seiner Wohnung zum Kunden und zurück als Betriebsausgaben geltend, und zwar nach Dienstreisegrundsätzen (0,30 €/km für Hin- und Rückfahrt) und nicht mit der Entfernungspauschale (0,30 €/km für die Entfernung zwischen Wohnung und Betrieb des Kunden).
Das Finanzamt folgte der Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF-Schreiben vom 23.12.2014, BGBl I 2015, 26), wonach dem Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" in § 9 EStG, der durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285) eingeführt wurde, auch Bedeutung für die Auslegung des Begriffs der "Betriebsstätte" in § 4 Abs. 5 EStG zukomme. Der Kläger habe bei seinem Kunden seine "erste Tätigkeitsstätte", so dass nur die Entfernungspauschale von 0,30 € anzusetzen sei.
das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Beim BFH ist die Revision inzwischen anhängig unter dem Az.: VIII R 15/24.
Die Gründe:
Anders als das Finanzamt meinte, waren die gesetzlichen Anforderungen an eine "erste Tätigkeitsstätte" i.S.d. § 9 EStG (neue Fassung) im vorliegenden Fall aus mehreren Gründen nicht erfüllt. Denn die "Betriebsstätte" ist nicht unter Rückgriff auf den durch die Neuregelung eingeführten Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" zu bestimmen, sondern weiterhin auf der Grundlage der bisherigen Auslegung des Betriebsstättenbegriffs durch die BFH-Rechtsprechung.
Danach war im vorliegenden Fall der Sitz des (einzigen) Kunden des Klägers als seine Betriebsstätte anzusehen, so dass er seine Fahrtkosten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nur in Höhe der Entfernungspauschale als Betriebsausgaben geltend machen konnte. Die Wohnung des Klägers bzw. sein häusliches Arbeitszimmer stellen keine Betriebsstätten dar.
Allerdings hat das Gericht die Revision zugelassen, weil noch keine Entscheidung des BFH zu der hier streitigen Frage vorliegt. Zudem ist das Gericht von der Auffassung des BMF im Schreiben vom 23.12.2014 (BGBl I 2015, 26) abgewichen, wonach die Bestimmung des Begriffs der "Betriebsstätte" unter Rückgriff auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG erfolgen soll.
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