Zum Billigkeitserlass bei der Erbschaftsteuer
FG Münster 18.12.2013, 3 K 3246/12 ErbDie Klägerin war Vermächtnisnehmerin nach ihrem verstorbenen Lebensgefährten. Erben und Vermächtnisverpflichtete waren dessen Sohn und Tochter. Das Vermächtnis bestand aus einer Einmalzahlung, zahlbar in fünf gleichen Jahresraten, und aus einer wertgesicherten mtl. Leibrente. Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer fest für Sachwerte und für die Rente in Form der beantragten Jahresversteuerung (§ 23 ErbStG). Der Bescheid wurde bestandskräftig.
In der Folge wurde die Erbin zu Lasten ihres miterbenden Bruders aus der Vermächtnisverpflichtung entlassen. Zum Ausgleich dafür übernahm dieser eine Bankbürgschaft. Die festgesetzte Erbschaftsteuer auf die Einmalzahlung und die jährlich fällige Jahressteuer wurden von der Klägerin stets gezahlt. Der Vermächtnisverpflichtete ging mit seinen Firmen in den Jahren 1997/1998 in die Insolvenz. Die Rentenzahlungen erfolgten nunmehr ausschließlich aus der Bürgschaft und wurden im Mai 2005 nach Erschöpfung des Bürgschaftsbetrages eingestellt. Aus dem Vermächtnis erfolgten danach keinerlei Zahlungen mehr an die Klägerin. Nach ihren Angaben ist der Vermächtnisverpflichtete hoffnungslos überschuldet.
Sowohl bzgl. der Jahressteuer 2005 als auch der Jahressteuer 2006 stellte die Klägerin erfolglos Erlassanträge aus sachlichen und persönlichen Billigkeitsgründen gem. §§ 227 und 163 AO. Im Dezember 2010 stellte die Klägerin einen Antrag auf Ablösung der Jahressteuer gem. § 23 ErbStG. Da die Rente aufgrund des Vermögensverfalls beim Verpflichteten nicht mehr bezahlt werde, seien der Kapitalwert der Rente und demzufolge die Steuer mit 0 € anzusetzen. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf abweichende Festsetzung der Erbschaftsteuer aus Billigkeitsgründen weiter.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat den von der Klägerin begehrten Festsetzungserlass zu Recht abgelehnt.
Ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen kommt in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint. Ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit ist nur insoweit durch die Vorschriften gedeckt, wie angenommen werden kann, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden. Danach kommt ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht in Betracht, da andernfalls das im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht geltende Stichtagsprinzip unterlaufen würde.
Dieses besagt, dass erst nach dem Stichtag eintretende Entwicklungen, die den Umfang bzw. den Wert des empfangenen Vermögens betreffen, für die Steuerfestsetzung nicht zu berücksichtigen sind. Demzufolge kommt auch ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen in Fällen des Vermögensverfalls nach dem Stichtag nicht in Betracht, da der Gesetzgeber in Kenntnis dieses Problems weiter an der Stichtagsregelung festhält. So lehnt der BFH in ständiger Rechtsprechung in derartigen Fällen einen Erlass auch sachlichen Billigkeitsgründen ab.
Es ist vorliegend auch nicht deshalb im Sinne eines Erlasses zu entscheiden ist, weil die Klägerin die Versteuerung gem. § 23 ErbStG gewählt hat. Soweit sie in diesem Zusammenhang meint, die Versagung des Erlasses verstoße gegen das Übermaßverbot, folgt dem der Senat nicht. Zwar verkennt der Senat nicht, dass bei gleichbleibender Sachlage -wegen des geltenden Stichtagsprinzips- Steuern ohne eine entsprechende Bereicherung anfallen. Allerdings stellen die bis zum Zeitpunkt der Stellung des Ablöseantrags angefallenen Steuern unter Berücksichtigung des bis dahin tatsächlich erlangten Erwerbs noch keine extrem über das normale Maß hinausgehende Belastung der Klägerin dar.
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