19.02.2014

Zum Grunderwerbsteuer bei Grundstücksschenkung unter Auflage

Ist bei einer Grundstücksschenkung unter Auflage (hier Verpflichtung zur Einräumung eines Wohnrechts am Grundstück) die Auflage bei der Schenkungsteuer dem Grunde nach bereicherungsmindernd abziehbar, unterliegt sie mit ihrem nach den für die Grunderwerbsteuer geltenden Vorschriften zu ermittelnden Wert der Grunderwerbsteuer. § 3 Nr. 2 GrEStG gebietet es nicht, die Auflage bei der Schenkungsteuer und bei der Grunderwerbsteuer nach übereinstimmenden Maßstäben zu bewerten.

BFH 20.11.2013, II R 38/12
Der Sachverhalt:
Die 1944 geborene Klägerin übertrug im Januar 2011 ein in ihrem Alleineigentum stehendes Wohngrundstück auf B. Dieser räumte der Klägerin auf deren Lebenszeit ein unentgeltliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht an dem Grundstück ein. Der Jahreswert des Wohnungsrechts wurde mit 9.000 € beziffert. Zudem verpflichtete sich B, für den Bedarfsfall auf seine Kosten einen Pflegedienst zu beauftragen. Im Übrigen sollte die Übertragung des Grundstücks unentgeltlich erfolgen.

Die Klägerin verpflichtete sich zur Übernahme der mit der Grundstücksübertragung verbundenen Verkehrsteuern. Bei der Bemessung der für den Grundstückserwerb festgesetzten Schenkungsteuer wurde die Einräumung des Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts an die Klägerin mit einem Wert von 98.110 € erwerbsmindernd berücksichtigt.

Das Finanzamt setzte gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer i.H.v. 4.912 € fest. Bemessungsgrundlage war dabei ein nach den allgemeinen Vorschriften des BewG ermittelter Wert des unentgeltlichen Wohnungsrechts i.H.v. 109.170 € (Jahreswert 9.000 € x Vervielfältiger von 12,130). Die für Zwecke der Schenkungsteuer geltende Begrenzung des Jahreswerts der Nutzungen (§ 16 BewG) berücksichtigte das Finanzamt nicht.

Das FG gab der Klage statt. Auf Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des FG entspricht der Grunderwerbsteuerbescheid den Vorschriften des GrEStG und ist auch mit Verfassungsrecht vereinbar.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet, der Grunderwerbsteuer. Von der Besteuerung ausgenommen sind gem. § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG Grundstücksschenkungen unter Lebenden i.S.d. ErbStG. Soweit die Schenkung unter einer Auflage erfolgt, die bei der Schenkungsteuer abziehbar ist, unterliegt der Vorgang jedoch hinsichtlich des Werts der Auflage der Grunderwerbsteuer (§ 3 Nr. 2 S. 2 GrEStG). Eine Schenkung unter einer Auflage (§ 525 Abs. 1 BGB) in diesem Sinn liegt vor, wenn die Leistung des Beschenkten nicht für die Zuwendung, sondern auf der Grundlage und aus dem Wert der Zuwendung erfolgen soll.

Dies ist etwa der Fall, wenn die Grundstücksschenkung unter der Auflage einer Nießbrauchsbestellung oder der Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts (§§ 1090, 1093 BGB) zugunsten des Schenkers oder eines Dritten vorgenommen wird. Derartige Nutzungs- oder Duldungsauflagen mindern bei der Schenkungsteuer die Bereicherung i.S.d. § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Die Abziehbarkeit der Nutzungs- oder Duldungsauflagen bei der Schenkungsteuer hat gem. § 3 Nr. 2 S. 2 GrEStG zur Folge, dass der Grundstückserwerb mit dem Wert der Auflage der Grunderwerbsteuer unterliegt. Ist die freigebige Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) unter der bei der Schenkungsteuer abziehbaren Auflage erfolgt, dass der Bedachte dem Schenker ein lebenslängliches Wohnungsrecht einräumt, entspricht der Wert der Auflage dem Wert des Wohnungsrechts, das nach § 1 Abs. 1 i.V.m. §§ 14 und 15 BewG mit seinem Kapitalwert zu bewerten ist.

Bei dem Wohnungsrecht handelt es sich um eine Nutzung, die nicht in Geld besteht und deren Jahreswert deshalb gem. § 15 Abs. 2 BewG mit dem üblichen Mittelpreis des Verbrauchsorts anzusetzen ist. Der Jahreswert ist für die Anwendung des § 3 Nr. 2 S. 2 GrEStG anders als bei der Bemessung der Schenkungsteuer nicht nach § 16 BewG auf den Wert beschränkt, der sich ergibt, wenn der für das zugewendete Grundstück für Zwecke der Schenkungsteuer gem. § 12 Abs. 3 ErbStG nach den Vorschriften des BewG (§ 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 157 Abs. 3, §§ 176 bis 198) anzusetzende Wert durch 18,6 geteilt wird. § 16 BewG findet gem. § 17 Abs. 3 S. 2 BewG auf die Grunderwerbsteuer keine Anwendung. Dies hat zur Konsequenz, dass der Wert des Wohnrechts bei der Grunderwerbsteuer höher sein kann als der Wert, der bei der Berechnung der Schenkungsteuer abgezogen wurde.

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BFH PM Nr. 16 vom 19.2.2014
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