03.01.2012

Zum grunderwerbsteuerbaren Erwerb eines Gesellschaftsanteils an einer Grundstücks-GbR

Die Übertragung eines Anteils an einer Grundstücks-GbR, der mit einer besonderen Berechtigung an einer der Gesellschaft gehörenden Wohnungseinheit verbunden sein soll, unterliegt der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO jedenfalls dann nicht, wenn die auf Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einer bestimmten Wohnungseinheit gerichteten Vereinbarungen mangels notarieller Beurkundung nichtig sind. Die zivilrechtliche Nichtigkeitsfolge tritt auch ein, wenn die Vertragsparteien den Vertrag als gültig behandelt wissen wollen.

BFH 23.11.2011, II R 64/09
Der Sachverhalt:
Die Eigentümergemeinschaft B-GbR war im Juni 1999 mit privatschriftlichem Gesellschaftsvertrag zwecks Erwerbes, Verwaltung und Sanierung des Grundstücks B-Straße von den Klägerinnen gegründet worden. Aufgrund einer - ebenfalls privatschriftlichen - Sondernutzungsvereinbarung wurde jedem Gesellschaftsanteil ein Sondernutzungsrecht an einer oder mehreren Einheiten zugeordnet.

Die B-GbR erwarb das besagte Grundstück im September 1999 durch notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag. In der Folgezeit traten die Kläger auf der Grundlage privatschriftlicher Anteilsübernahmeverträge bei. Durch notariell beurkundeten Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag aus Dezember 2003 setzte sich die B-GbR dergestalt auseinander, dass den Gesellschaftern jeweils näher bezeichnete Miteigentumsanteile, verbunden mit dem dazu gehörigen Sondereigentum zugewiesen wurden. Das Finanzamt sah darin gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Erwerbsvorgänge und setzte Grunderwerbsteuer fest. Dabei zog es den Wert der Gegenleistung und nicht die Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage heran.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Dem FG konnte nicht darin gefolgt werden, dass bereits der Beitritt der Kläger zur GbR gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO der Grunderwerbsteuer unterlegen habe. Mit ihrem Beitritt hatten die Kläger auch nicht die Verwertungsbefugnis i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG an einer bestimmten Wohnungseinheit erlangt.

Grundsätzlich führt ein Wechsel im Personenstand einer grundbesitzenden Gesamthand nicht zu einem Rechtsträgerwechsel und löst deshalb keine Grunderwerbsteuer aus. Gesellschaftsvertraglich kann allerdings ein Gesellschaftsanteil an einer Personengesellschaft so ausgestaltet sein, dass dessen Erwerb im rechtlichen und wirtschaftlichen Ergebnis dem Erwerb des Eigentums an einem Grundstück gleichkommt. Die Übertragung eines so ausgestalteten Mitgliedschaftsrechts an einer Personengesellschaft kann als Gestaltungsmissbrauch angesehen werden mit der Folge, dass der Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO der Grunderwerbsteuer unterliegt.

Im Streitfall lagen diese Voraussetzungen allerdings nicht vor, weil die auf Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einer jeweils bestimmten Eigentumswohnung gerichteten Vereinbarungen mangels notarieller Beurkundung nichtig waren (§ 125 BGB). Die Beurkundungspflicht gem. § 311b Abs. 1 BGB bzw. § 313 S. 1 BGB a.F. i.V.m. § 4 Abs. 3 WEG erstreckte sich auf die gesamte Beitrittsvereinbarung. Die zivilrechtliche Nichtigkeitsfolge tritt auch ein, wenn die Vertragsparteien den Vertrag als gültig behandelt wissen wollen.

Grunderwerbsteuerrechtlich kann jedoch ein unwirksamer Vertrag nicht die vom Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG geforderte Verpflichtung zur Übereignung begründen. Auch die vorliegende (gesellschafts-)vertragliche Gestaltung führte nicht dazu, dass die Kläger mit ihrem Beitritt zur GbR die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis an einer bestimmten Wohnungseinheit erlangt hatten. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung stellt auch eine gesellschaftsvertragliche Gestaltung, die dem jeweiligen Gesellschaftsanteil eine bestimmte Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit von vornherein zuordnet, keine Übertragung der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnis dar. An dieser Auffassung hält der Senat fest.

Das Finanzamt war letztlich zutreffend davon ausgegangen, dass der Erwerb der Miteigentumsanteile aufgrund des Auseinandersetzungsvertrages aus Dezember 2003 gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterlag. Unter den Grundstücksbegriff des § 2 Abs. 1 S. 1 GrEStG fällt auch das Wohnungseigentum und der Entstehung der Grunderwerbsteuer steht nicht entgegen, dass bei Abschluss des Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrags noch keine Wohnungsgrundbücher angelegt waren. Zu Unrecht hatte die Behörde jedoch den Wert der Gegenleistung und nicht die Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage herangezogen. Falls sich der Rechtsfehler erst im Revisionsverfahren herausstellt, ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG mit der Maßgabe zurückzuverweisen, das Verfahren auszusetzen, um den Finanzbehörden die Gelegenheit zu geben, den fehlenden Grundlagenbescheid nachzuholen.

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