10.12.2012

Zum nachträglichen Schuldzinsenabzug bei Option zur Regelbesteuerung

Dem nach BFH-Rechtsprechung nunmehr möglichen Abzug nachlaufender Schuldzinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steht § 20 Abs. 9 EStG nicht entgegen; die negativen Einkünfte sind - trotz § 20 Abs. 6 EStG - auch mit anderen Einkünften zu verrechnen. Beide Bestimmungen gelangen nicht zur Anwendung, wenn der Steuerpflichtige auf die Anwendung des gesonderten Steuertarifs für die Einkünfte aus Kapitalvermögen verzichtet hat (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG).

FG Düsseldorf 4.10.2012, 12 K 993/12 E
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit 2002 mit einer Stammeinlage von 37,5 Prozent an einer GmbH beteiligt. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Februar 2007 wurde die Auflösung der Gesellschaft ins Handelsregister eingetragen. Eine Löschung erfolgte nicht. Der Kläger wurde aus einer für die GmbH geleisteten Bürgschaft in Anspruch genommen; diese berücksichtigte das Finanzamt im Rahmen der Veranlagung für 2007 gem. § 17 EStG bei der Ermittlung des Aufgabeverlusts.

In den Jahren 2009 und 2010 zahlte der Kläger Zinsen für die betreffenden Refinanzierungsdarlehen, die er unter Hinweis auf die Option zur Regelbesteuerung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu 60 Prozent berücksichtigt haben wollte. Dies lehnte das Finanzamt unter Hinweis darauf ab, dass seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine wesentliche Beteiligung mehr vorliege und daher nicht zur Regelbesteuerung optiert werden könne.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde zugelassen.

Die Gründe:
Die geltend gemachten Schuldzinsen sind als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen.

Nach neuerer BFH-Rechtsprechung können Schuldzinsen, die für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung i.S.v. § 17 EStG anfallen, wie nachträgliche Betriebsausgaben als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden, wenn sie auf Zeiträume nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft entfallen, soweit die zur Finanzierung der Anschaffungskosten aufgenommenen Verbindlichkeiten nicht aus dem Veräußerungs- oder Liquidationserlös zurückgeführt werden können. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Der Abzug der Zinsen als Werbungskosten ist nicht durch § 20 Abs. 9 EStG ausgeschlossen. § 20 Abs. 6 EStG steht einer Verrechnung der so entstehenden negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen mit anderen Einkünften nicht entgegen. Beide Bestimmungen gelangen nicht zur Anwendung, da der Kläger auf die Anwendung des gesonderten Steuertarifs für die Einkünfte aus Kapitalvermögen verzichtet hat (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG).

Die Option zur Regelbesteuerung war auch möglich, da die mindestens 25-prozentige Beteiligung an der GmbH auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortbestanden hat. Trotz Eintragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH bestand diese fort. Zwar lag ein Auflösungsgrund gem. § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG vor. Der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beseitigt aber weder die Fähigkeit der Gesellschaft, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, noch ihre Kaufmannseigenschaft. Die Geschäftsanteile der Gesellschafter bestehen trotz Auflösung weiter, bis die GmbH wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht wird.

Linkhinweis:

FG Düsseldorf NL vom 5.12.2012
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