Zum Nachweis der Einzahlung einer Stammeinlage
BFH 8.2.2011, IX R 44/10Die Klägerin war Gesellschafterin einer im Juli 1986 gegründeten GmbH. Sie war an deren Stammkapital von rund 25.564 € mit 8.436 € beteiligt. Die Stammeinlagen waren laut Gründungsurkunde zur Hälfte sofort bar einzuzahlen. Im Juni 2006 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH mangels Masse abgelehnt. Die GmbH wurde im September 2006 im Handelsregister gelöscht.
Die Klägerin machte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2006 u.a. den Verlust aus der Beteiligung an der GmbH nach § 17 EStG i.H.v. 4.218 € im Halbeinkünfteverfahren geltend. Das Finanzamt ließ ihn jedoch unberücksichtigt.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Stammeinlage sei zu Recht nicht als Anschaffungskosten für die Beteiligung der Klägerin an der GmbH zu berücksichtigen gewesen, da die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass sie die streitige Stammeinlage tatsächlich erbracht habe. Hierfür sei in der Regel ein Zahlungsbeleg vorzulegen. Die vorgelegten Bilanzen erbrächten lediglich den Nachweis darüber, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen abgegeben worden seien, was allerdings nicht ausreiche.
Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Der Senat hat keine Zweifel, dass die Klägerin die streitige Einlage vollständig erbracht hatte.
Der Nachweis der Einzahlung einer Stammeinlage im Hinblick auf daraus resultierende Anschaffungskosten i.S.v. § 17 Abs. 2 EStG muss nach 20 Jahren seit Eintragung der GmbH nicht zwingend allein durch den entsprechenden Zahlungsbeleg geführt werden. Vielmehr muss das FG alle Indizien im Rahmen einer Gesamtwürdigung prüfen. Nach diesen Grundsätzen konnte die Beweislastentscheidung des FG hinsichtlich der Einzahlung der Stammeinlage der Klägerin keinen Bestand haben.
Das FG hatte verkannt, dass es sich bei den von ihm als unmittelbare Beweismittel für die Einzahlung der Stammeinlage verworfenen Umständen, insbesondere der Einzahlungsverpflichtung laut Gesellschaftsvertrag, der Bilanzierung wie auch der Eintragung der GmbH um Indizien handelt, die in eine Gesamtwürdigung hätten einfließen müssen. Stattdessen hatte das FG alle festgestellten Indizien nur je für sich, aber nicht insgesamt gewürdigt. Ohne den langen Zeitablauf seit Gründung der GmbH in eine Gesamtwürdigung mit ein zu beziehen, hatte sich das FG auf die Feststellung beschränkt, der Klägervortrag biete keinen Anlass, von den strengen Beweisanforderungen abzuweichen.
Ein ergiebiges Indiz für die Einlageleistung der Klägerin war schließlich der bilanzielle Ausweis der ausstehenden Einlage und dessen Übernahme in die Prüferbilanz. Denn der Prüferbilanz verleiht der Umstand besonderes Gewicht, dass der Prüfer bei Nichtverzinsung einer nicht erbrachten Stammeinlage ggf. eine verdeckte Gewinnausschüttung zu veranschlagen gehabt hätte. Wenn das Finanzamt in der Prüferbilanz aber den Ausweis der ausstehenden Einlagen mit 0 DM anerkannt hat, kann dies nicht mit bloßem neuerlichen Bestreiten seitens der Behörde entkräftet werden. So stellt sich dies doch lediglich als Bestreiten ins Blaue hinein und damit als venire contra factum proprium dar. Auch die Eintragung der Gesellschaft bestätigte die Richtigkeit des bilanziellen Ausweises, zumal falsche Angaben über die Einlageleistung zum Zwecke der Eintragung der GmbH gem. § 82 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG strafbewehrt sind.
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