19.11.2013

Zum steuerlichen Umgang mit Ausgleichszahlungen für die Überlassung von Flächen zur Durchführung naturschutzrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen

§ 11 Abs. 1 S. 3 EStG ist nicht auf diese Entgelte beschränkt, die als Gegenleistung für die Nutzung beweglicher oder unbeweglicher Sachen und von Rechten geleistet werden, sondern ist auf alle Entgelte im Rahmen von langfristigen Nutzungsüberlassungen anwendbar. Erfasst werden auch sonstige Entgelte für Gebrauchsvorteile, wobei der Gebrauchsvorteil nicht in einem Vermögensvorteil bestehen muss, sondern auch immaterieller Natur sein kann.

FG Münster 19.2.2013, 10 K 2176/10 E
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft. Im Jahr 2005 hatte sie mit dem Land NRW eine Vereinbarung über die Duldung von Ersatzaufforstungen im Rahmen einer naturrechtlichen Ersatzmaßnahme abgeschlossen. Die Klägerin räumte dem Land das unwiderrufliche Recht ein, auf einem Teilbereich des ihr gehörenden Grundstücks Ersatzaufforstungen durchzuführen. Dafür erhielt sie eine sog. "einmalige Ertragsausfallentschädigung" i.H.v. 51.600 €. Dieses Entgelt sollte für einen Zeitraum von 20 Jahren für den entgangenen Eigenertrag der bis dahin landwirtschaftlichen Fläche durch die forstliche Bindung entrichtet werden, da erst nach dieser Zeitspanne mit einem Ertragswert der Waldfläche gerechnet werden konnte.

Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1.7. bis 30.06. Sie verteilte die Zahlung des Landes auf einen Zeitraum von 20 Jahren und setzte in ihrer jährlichen Gewinnermittlung jeweils 1/20 der Zahlung als Betriebseinnahme an. Nach einer Betriebsprüfung im Mai 2008 vertrat die Steuerbehörde die Auffassung, dass die von dem Land geleisteten Zahlungen bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht zu verteilen, sondern gem. § 11 Abs. 1 EStG zwingend im Jahr des Zuflusses in voller Höhe zu versteuern seien. § 11 Abs. 1 S. 3 EStG sei nicht einschlägig, da keine Entgelte für eine Nutzungsüberlassung eines Grundstücks, sondern einmalige Verdienstausfallentschädigungen gezahlt worden seien. Die Entschädigungszahlung wurde der Klägerin im Wirtschaftsjahr 2005/2006 in voller Höhe als Betriebseinnahme ausgelegt.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 S. 3 EStG für eine Verteilung der von dem Land NRW geleisteten Entschädigungszahlung über einen Zeitraum von 20 Jahren, beginnend im Wirtschaftsjahr 2005/2006 der Klägerin, lagen vor.

Das Finanzamt war zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Entschädigungszahlung zwingend gem. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG in voller Höhe im Jahr des tatsächlichen Zuflusses als Betriebseinnahme zu erfassen war. Vielmehr handelte es sich dabei um eine Einnahme, die auf einer Nutzungsüberlassung gem. § 11 Abs. 1 S. 3 EStG beruhte und die deshalb entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen auf zwanzig Jahre, beginnend im Wirtschaftsjahr des tatsächlichen Zuflusses der Zahlung, verteilt werden konnte. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung. Gem. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG, der für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Anwendung findet, sind Einnahmen grds. im Jahr des tatsächlichen Zuflusses zu erfassen. Nach § 11 Abs. 1 S. 3 EStG können aber Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung i.S.v. § 11 Abs. 2 S. 3 EStG beruhen, insgesamt auf den Zeitraum verteilt werden, für den die Vorauszahlung geleistet wird.

Der Begriff der "Nutzungsüberlassung" wird im EStG nicht definiert. Nach § 100 BGB sind Nutzungen Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt. Dementsprechend handelt es sich bei Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung um die Entgelte, die als Gegenleistung für die Nutzung beweglicher oder unbeweglicher Sachen und von Rechten geleistet werden. Typischerweise fallen darunter Nutzungsentgelte bei Erbbaurechten, Miet- und Pachtverhältnissen, Nießbrauch oder Leasinggeschäften. § 11 Abs. 1 S. 3 EStG ist aber nicht auf diese Entgelte beschränkt, sondern auf alle Entgelte im Rahmen von langfristigen Nutzungsüberlassungen anwendbar. Erfasst werden auch sonstige Entgelte für Gebrauchsvorteile, wobei der Gebrauchsvorteil nicht in einem Vermögensvorteil bestehen muss, sondern auch immaterieller Natur sein kann.

Infolgedessen war die Entschädigungszahlung des Landes NRW an die Klägerin entgegen der Bezeichnung in der Vereinbarung als Entgelt für eine Nutzungsüberlassung anzusehen. Die Vereinbarung enthielt zwar mehrere Leistungselemente, der Schwerpunkt lag aber auf der Gebrauchsüberlassung der Aufforstungsflächen an das Land.

Linkhinweis:

FG Münster online
Zurück