21.10.2013

Zum Umsatzsteuersatz bei Verpflegungsleistungen für Kindergärten

Nur beim Vorliegen einer Standardspeise kommt es für die Abgrenzung von Lieferung und sonstiger Leistung auf zusätzliche Dienstleistungselemente - wie etwa Überlassung, Abholung und Reinigung von Geschirr und Besteck - an. Handelt es sich um eine qualitativ höherwertige Speise als eine Standardzubereitung, liegt demgegenüber auch ohne derartige zusätzliche Dienstleistungselemente eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung vor.

BFH 28.5.2013, XI R 28/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Sie war in den Streitjahren 2003 bis 2007 im Gaststätten-Service/Catering tätig und belieferte u.a. Schulen sowie Kindergärten mit Mahlzeiten. Die Klägerin erstellte die wöchentlichen oder monatlichen Essens- und Speisepläne für die Kindergärten in Zusammenarbeit mit den Erzieherinnen und den Elternkuratorien unter regelmäßiger Abwägung der Einzelwünsche. Die Rechnungsbeträge wurden von den Eltern im Lastschriftverfahren eingezogen, das Essen zu festgelegten Zeitpunkten in speziellen Thermobehältern angeliefert, dessen Empfang vor Ort durch ihre Mitarbeiter sichergestellt. Das von der belieferten Einrichtung jeweils zur Verfügung gestellte Geschirr und Besteck wurde im Anschluss an die Mahlzeiten gereinigt.

Anlässlich einer Betriebsprüfung stellte die Steuerbehörde fest, dass die Klägerin die Umsätze aus den Mahlzeitenlieferungen an Schulen dem Regelsteuersatz i.S.d. § 12 Abs. 1 UStG unterworfen habe, während die Umsätze aus an Kindergärten gelieferten Mahlzeiten gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG mit dem ermäßigten Steuersatz i.H.v. 7 % erfasst worden seien. Nach Ansicht der Prüferin waren hingegen auch die Umsätze aus den Mahlzeitenlieferungen an Kindergärten dem Regelsteuersatz zu unterwerfen. Infolgedessen änderte das Finanzamt dementsprechend die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre.

Die Klägerin war der Ansicht, die Speisenlieferung sei der dominierende Bestandteil der streitigen Umsätze gewesen. Eine individuelle Zubereitung der Mahlzeiten sei nicht gegeben. Derartige Produktionsabläufe seien nur in standardisierter Form zu bewältigen. Die gelieferten Speisen seien mithin als Standardspeisen zu qualifizieren. Die Klage blieb allerdings in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Recht entschieden, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen dem Regelsteuersatz i.S.d. § 12 Abs. 1 UStG unterliegen, weil es sich bei ihnen um sonstige Leistungen handelt, für die der ermäßigte Steuersatz i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht gilt.

Die für die Streitjahre noch gültigen und inzwischen aufgehobenen S. 4 u. 5 des § 3 Abs. 9 UStG hatten folgenden Wortlaut: "Die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle ist eine sonstige Leistung. Speisen und Getränke werden zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben, wenn sie nach den Umständen der Abgabe dazu bestimmt sind, an einem Ort verzehrt zu werden, der mit dem Abgabeort in einem räumlichen Zusammenhang steht, und besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle bereitgehalten werden."

Die Abgabe von Speisen zu festen Zeitpunkten in Warmhaltebehältern war danach nur dann eine Lieferung und keine sonstige Leistung, wenn es sich um Standardspeisen als Ergebnis einfacher und standardisierter Zubereitungsvorgänge nach Art eines Imbissstandes handelte. Nur beim Vorliegen einer Standardspeise kommt es für die Abgrenzung von Lieferung und sonstiger Leistung auf zusätzliche Dienstleistungselemente - wie etwa Überlassung, Abholung und Reinigung von Geschirr und Besteck - an. Handelt es sich um eine qualitativ höherwertige Speise als eine Standardzubereitung, liegt demgegenüber auch ohne derartige zusätzliche Dienstleistungselemente eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung vor.

Nach diesen Grundsätzen war die Tätigkeit der Klägerin selbst dann als sonstige Leistung zu beurteilen, wenn die gelieferten Speisen als Standardspeisen zu beurteilen wären. Somit war es unerheblich, ob entsprechend dem Vortrag der Klägerin aufgrund der Fertigung im standardisierten Produktionsablauf die hiervon an die Kindergärten gelieferten Mahlzeiten als Standardspeisen angesehen werden konnten. Die Klägerin hat über die Speisenlieferung hinaus zusätzliche Dienstleistungen --mit den Erzieherinnen und Elternkuratorien abgestimmte Speiseplanerstellung, Vorportionierung durch eine Servicekraft und anschließende Geschirr- und Besteckreinigung erbracht. Dies genügte nach den vorgenannten Grundsätzen für die Annahme einer der Regelbesteuerung i.S. des § 12 Abs. 1 UStG zu unterwerfenden sonstigen Leistung i.S. d. § 3 Abs. 9 UStG

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