Zum Veräußerungsgewinn i.S.v. § 17 Abs. 1 und 2 EStG
BFH 8.2.2011, IX R 15/10Der Kläger war mit einem weiteren Gesellschafter jeweils zur Hälfte an der DJ-GmbH beteiligt. Von deren Stammkapital (25.000 €) waren von den Gesellschaftern jeweils 6.391,50 € eingezahlt. Ausweislich der Bilanz zum 31.12.2003 belief sich der Gewinnvortrag aus früheren Jahren auf 78.068,08 €, der Jahresüberschuss 2003 auf 5.680,96 €. Letzterer sollte vorgetragen werden. Mit Vertrag von Juli 2004 (Streitjahr) verkaufte der Kläger seinen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 12.500 € an den Mitgesellschafter, wobei er zu dessen Gunsten auf den ihm anteilig zustehenden Jahresüberschuss aus dem Geschäftsjahr 2003 sowie den ihm anteilig zustehenden Gewinnvortrag aus früheren Jahren verzichtete. Gegenleistung des Mitgesellschafters war ein Barkaufpreis von 6.391,50 € sowie die Übernahme eines Gesellschafterdarlehens i.H.v. 38.336,23 €.
Der Kläger vertrat in seiner Einkommensteuererklärung 2004 die Auffassung, unter Berücksichtigung von Notarkosten (488 €) sei ihm ein Veräußerungsverlust i.H.v. 10.138 € entstanden. Demgegenüber ermittelte und berücksichtigte das Finanzamt einen Veräußerungsgewinn wie folgt:
Veräußerungspreis
- Barzahlung 6.391,50 €
- Verzicht auf Gesellschafterdarlehen 38.336,23 €
Summe 44.727,73 €
Anschaffungskosten
- eingezahlte Einlage 6.391,50 €
- Notarkosten 488,71 €
Summe 6.880,21 €
Veräußerungsgewinn
37.847,52 €
davon 1/2 nach § 3c Abs. 2 EStG
18.923,76 €.
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, er habe durch den Verzicht auf seinen Anteil am Gewinnvortrag und dem Jahresgewinn 2003 insgesamt 41.874,52 € aufgewandt. Dem stehe eine Gegenleistung von 6.391,50 € für das eingezahlte Stammkapital und 38.336,23 € für das vom Erwerber übernommene Gesellschafterdarlehen gegenüber, so dass sich unter Berücksichtigung der Notarkosten ein Verlust i.H.v. 4.026,65 € ergäbe.
Das FG gab der Klage statt. Der nach § 17 Abs. 1, Abs. 2 EStG zu ermittelnde Veräußerungsgewinn sei um die auf den Kläger entfallenden Anteile jeweils i.H.v. 50 Prozent aus 78.068,08 € Gewinnvortrag und aus 5.680,96 € für den Jahresüberschuss 2003 zu mindern. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Das FG hat zu Unrecht den streitbefangenen anteiligen Gewinnvortrag und den anteiligen Jahresüberschuss als Anschaffungskosten des Klägers behandelt, die seinen Veräußerungsgewinn mindern.
Veräußerungsgewinn ist gem. § 17 Abs. 2 S. 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Veräußerungskosten sind die durch die Veräußerung wirtschaftlich veranlassten Aufwendungen. Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 S. 1 HGB Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben.
Dazu gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch die nachträglichen Anschaffungskosten. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen neben (verdeckten) Einlagen auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungs- oder Auflösungskosten sind.
Nach diesen Grundsätzen mindern der anteilige Gewinnvortrag und Jahresüberschuss im Streitfall den Veräußerungsgewinn des Klägers nicht. Vielmehr decken die ursprünglichen Anschaffungskosten des Klägers (eingezahltes Stammkapital plus Notarkosten) sein Mitgliedschaftsrecht mit allen seinen Bestandteilen - auch den streitigen Gewinnanteil (anteiliger Gewinnvortrag und Jahresüberschuss) - ab.
Es handelt sich bei dem streitigen Gewinnanteil um unselbständige, preisbildende Bestandteile des veräußerten Anteils. Dass dem Kläger gerade im Hinblick auf diese Bestandteile besondere nachträgliche Anschaffungskosten entstanden wären, ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Erwerber der Anteile den unstreitigen Veräußerungspreis gerade auch dafür bezahlt, dass mit dem erworbenen Anteil der streitbefangene anteilige Gewinnvortrag und Jahresüberschuss verbunden ist. Die Realisierung dieser Werthaltigkeit seines Anteils soll aber gem. § 17 EStG beim Veräußerer (Kläger) besteuert werden.
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