Zum Verhältnis der verdeckten Einlage eines Gesellschaftsanteils zur Schenkungsteuer
BFH 20.1.2016, II R 40/14Die Klägerin, eine GmbH, wurde im Jahr 1999 von den Eheleuten C und A mit einem Stammkapital von 25.000 € gegründet. Mit notariell beurkundetem Vertrag von März 2004 übertrug A ihren Geschäftsanteil an der GmbH im Nennwert von 12.000 € für einen Kaufpreis von 100.000 € auf die Klägerin. Dieser Preis lag erheblich unter dem gemeinen Wert des Geschäftsanteils. C war zu diesem Zeitpunkt der einzige weitere Gesellschafter der Klägerin. Diese wies den von A erworbenen Anteil in ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2004 als Umlaufvermögen aus und bildete gem. § 272 Abs. 4 HGB a.F. (2004) eine Kapitalrücklage in Höhe des Kaufpreises von 100.000 €.
Nachdem das Finanzamt von einem anderen Finanzamt über diesen Sachverhalt unterrichtet worden war, forderte er die Klägerin im August 2008 zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. Dieser Aufforderung kam die Klägerin nicht nach. Einen zunächst gegenüber C erlassenen Schenkungsteuerbescheid hob das Finanzamt wieder auf. Zugleich setzte es gegen die Klägerin Schenkungsteuer fest. Das für die Besteuerung des C zuständige Finanzamt K ist der Ansicht, die unter dem gemeinen Wert erfolgte Übertragung des Geschäftsanteils der A auf die Klägerin stelle eine verdeckte Einlage des Anteils in die Klägerin i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 2 EStG dar, die bei C zu einem Veräußerungsgewinn geführt habe. Die Übertragung habe auf dem Gesellschaftsverhältnis beruht. Das FG hat über die Klage gegen die entsprechende Festsetzung von Einkommensteuer noch nicht entschieden.
Das FG gab vorliegend der gegen den Schenkungsteuerbescheid gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Übertragung des Geschäftsanteils der A auf die Klägerin nicht der Schenkungsteuer unterliegt.
Dem Vorliegen einer gemischten freigebigen Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steht entgegen, dass es sich bei der erheblich unter dem gemeinen Wert erfolgten Veräußerung des Geschäftsanteils der A an die Klägerin um eine verdeckte Einlage des Anteils in diese i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 2 EStG handelt. Ein Erwerb einer Kapitalgesellschaft durch verdeckte Einlage kann nicht zugleich als Erwerb durch freigebige Zuwendung gewertet werden.
Eine gemischte freigebige Zuwendung der A an die Klägerin ist nicht gegeben. Die Klägerin hat den Geschäftsanteil der A durch eine gemischte verdeckte Einlage i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 2 EStG des C und nicht durch eine gemischte freigebige Zuwendung der A erworben. A hatte ihren Geschäftsanteil an der Klägerin im Privatvermögen gehalten und die in § 17 Abs. 1 S. 1 EStG vorgeschriebene Mindestbeteiligung erreicht. Sie hat für den Geschäftsanteil von der Klägerin keine wertadäquate Gegenleistung erhalten. Bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte sie von der Klägerin den Kaufpreis gefordert, den sie bei einer Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr hätte erzielen können. Als Ehefrau stand A dem Gesellschafter C nahe. Aufgrund der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Verfügungsbeschränkungen muss C zudem der Veräußerung des Geschäftsanteils der A an die Klägerin zugestimmt haben. Dies rechtfertigt es, dem C die verdeckte Einlage zuzurechnen.
Die Festsetzung der Schenkungsteuer kann auch nicht auf § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG gestützt werden. Nach dieser Vorschrift gilt als Schenkung auch der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Ausscheidens nach § 12 ErbStG ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt. § 7 Abs. 7 ErbStG war in seiner früheren Fassung, nach der als Schenkung u.a. der auf einem Gesellschaftsvertrag beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters bei dessen Ausscheiden auf die anderen Gesellschafter galt, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Ausscheidens nach § 12 ErbStG ergab, den Abfindungsanspruch überstieg, nach der Rechtsprechung des BFH auf die Veräußerung eines Gesellschaftsanteils unter Lebenden, also einen derivativen Erwerb nicht anwendbar.
Dies galt nach dieser Entscheidung auch, wenn die rechtsgeschäftliche Anteilsübertragung der Zustimmung der Mitgesellschafter bedurfte. An dieser Beurteilung hat sich durch die Neufassung des § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG nichts geändert. Die Neufassung enthält zwar nicht mehr die Worte "auf einem Gesellschaftsvertrag beruhende". Sie verwendet aber nach wie vor die Begriffe "Ausscheiden eines Gesellschafters" und "Abfindungsanspruch". Diese Begriffe werden üblicherweise nicht für die rechtsgeschäftliche Übertragung eines Gesellschaftsanteils und einen dafür zu entrichtenden Kaufpreis verwendet.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.