02.03.2012

Zum Verlustabzugsverbot bei unterjährigem schädlichen Beteiligungserwerb

Erfolgt der das Verlustabzugsverbot des § 8c S. 1 KStG 2002 n.F. auslösende schädliche Beteiligungserwerb während des laufenden Wirtschaftsjahres, kann ein bis zu diesem Zeitpunkt in diesem Wirtschaftsjahr erzielter Gewinn - entgegen dem BMF-Schreibens vom 4.7.2008 - mit dem bisher noch nicht genutzten Verlust verrechnet werden. Die in früherer Zeit erwirtschafteten Verluste sollen für das "neue wirtschaftliche Engagement" unberücksichtigt bleiben.

BFH 30.11.2011, I R 14/11
Der Sachverhalt:
Der S. war zu Beginn des Streitjahres 2008 Alleingesellschafter der Klägerin, einer GmbH. Im Juli 2008 verkaufte er nach vorheriger Teilung seines Geschäftsanteils einen Geschäftsanteil von 50 % und trat ihn an H. ab. Somit lag ein sog. schädlicher Beteiligungserwerb vor. Der Gewinn für das laufende Geschäftsjahr sollte insoweit S. zustehen, als er auf den Zeitraum bis zum Tag der Beurkundung entfiel. Noch am gleichen Tag änderte die Klägerin ihre Firma; H wurde zum weiteren Geschäftsführer bestellt.

Der für die Klägerin festgestellte verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2007 betrug 60.046 €. Für das Streitjahr ermittelte die Klägerin einen Jahresüberschuss i.H.v. rd. 121.815 €. Unter Hinzurechnung nicht abziehbarer Betriebsausgaben (Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer) ergab sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte i.H.v. 163.300 €. Ein Zwischenabschluss zum 31.5.2008 wies einen bis dahin angefallenen Jahresüberschuss von 50.737 € aus.

Das Finanzamt berücksichtigte unter Hinweis auf § 8c S. 1 KStG 2002 n.F. und Tz. 31 des BMF-Schreibens vom 4.7.2008 bei der Einkommensermittlung lediglich einen Verlustabzug i.H.v. 50 % von 60.046 €, mithin 30.023 €.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Recht erkannt, dass der Verlustabzug nach § 8c S. 1 KStG 2002 n.F. bei einem sog. unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb insoweit nicht beschränkt ist, als im laufenden Jahr bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs ein Gewinn erwirtschaftet wurde.

Der zum 31.12.2007 festgestellte verbleibende Verlustvortrag i.H.v. 60.046 € war gem. § 10d Abs. 2 S. 1 EStG 2002 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002 n.F. im Streitjahr in voller Höhe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Dieser Abzug war im Streitfall nicht durch § 8c S. 1 KStG 2002 n.F. ausgeschlossen. Schließlich betraf die Rechtsfolge der Verlustabzugsbeschränkung des § 8c S. 1 KStG 2002 n.F. den hier in Rede stehenden Verlustabzug des Streitjahres nicht.

Der Wortlaut des § 8c S. 1 KStG 2002 n.F. ist entgegen der Ansicht der Revision nicht eindeutig; er trifft keine Aussage in der Weise, dass eine Berücksichtigung eines zeitanteiligen Gewinns auszuschließen ist. Der Verlustabzugsbeschränkung liegt nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Gedanke zugrunde, dass sich ungeachtet des Trennungsprinzips "die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners" ändert. Die in früherer Zeit erwirtschafteten Verluste sollen für das "neue wirtschaftliche Engagement" unberücksichtigt bleiben. Infolgedessen spricht nichts dafür, bei dieser Separierung ein vor diesem Zeitpunkt erzieltes positives Zwischenergebnis auszusparen.

Hiernach war der für die Klägerin zum 31.12.2007 festgestellte verbleibende Verlustvortrag i.H.v. 60.046 € im Streitjahr in voller Höhe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Ein sog. nicht genutzter Verlust i.S.d. § 8c S. 1 KStG 2002 n.F. bestand nicht, da der Gesamtbetrag der Einkünfte des Streitjahres von 163.300 € in Höhe eines Betrages von 60.046 € auf den Zeitraum bis zum schädlichen Beteiligungserwerb im Juli 2008 entfiel.

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