15.06.2011

Zum Vorsteuerberichtigungsanspruch des Finanzamts als Masseverbindlichkeit

Ein Vorsteuerberichtigungsanspruch des Finanzamts nach § 15a UStG, der dadurch entsteht, dass der Insolvenzverwalter ein Wirtschaftsgut abweichend von den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen verwendet, gehört zu den Masseverbindlichkeiten. Er kann durch Steuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

BFH 9.2.2011, XI R 35/09
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GbR. Diese hatte im Jahr 1998 eine Einkaufspassage errichtet und die einzelnen Ladenlokale an verschiedene Mieter vermietet. Aus den Herstellungskosten hatte sie die ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in Höhe der Quote der im Erstjahr 1998 erfolgten steuerpflichtigen Vermietung von 79 Prozent als Vorsteuer abgezogen. Im April 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GbR eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte die GbR die Mietverträge in der Weise geändert, dass sich die Quote der steuerpflichtigen Vermietungsumsätze verminderte. Sie betrug im Streitjahr 2002 (ab Insolvenzeröffnung) 75,36 Prozent, im Streitjahr 2003 75,65 Prozent und im Streitjahr 2004 75,30 Prozent. Dies hatte (unstreitig) zur Folge, dass Vorsteuerberichtigungsbeträge nach § 15a UStG für die Streitjahre entstanden.

Das Finanzamt behandelte diese Vorsteuerberichtigungsbeträge entgegen der Ansicht des Klägers nicht als Insolvenzforderungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden seien, sondern als Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO und setzte sie in den gegenüber dem Kläger erlassenen Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre fest.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass es sich bei den streitigen Vorsteuerberichtigungsbeträgen um Masseverbindlichkeiten handelt.

Ein Vorsteuerberichtigungsanspruch des Finanzamts nach § 15a UStG, der dadurch entsteht, dass der Insolvenzverwalter ein Wirtschaftsgut abweichend von den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen verwendet, gehört zu den Masseverbindlichkeiten und kann durch Steuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

Insolvenzgläubiger können ihre Insolvenzforderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen und erhalten ggf. nur einen Anteil der Forderung (Insolvenzquote). Etwas anderes gilt aber für Forderungen, die als Masseverbindlichkeiten vom Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse in voller Höhe vorweg zu befriedigen sind.

Geht es um eine Steuerforderung des Fiskus, kommt es für die Abgrenzung darauf an, ob der Tatbestand, der die Steuerforderung auslöst, bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht wurde (dann Insolvenzforderung) oder erst nach Verfahrenseröffnung (dann Masseverbindlichkeit). Letzteres hat der BFH für den Fall einer Steuerforderung des Fiskus aufgrund einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG bejaht.

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BFH PM Nr. 47 vom 15.6.2011
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