04.04.2012

Zum Werbungskostenabzug bei Teilnahme an Auslandsgruppenreisen

Zur Klärung der beruflichen Veranlassung bei Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise sind auch nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009 (Az.: GrS 1/06) die früher entwickelten Abgrenzungsmerkmale weiter anzuwenden. Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige - wie hier - mit der Teilnahme an der Reise eine allgemeine Verpflichtung zur beruflichen Fortbildung erfüllt oder die Reise von einem Fachverband angeboten wird.

BFH 19.1.2012, VI R 3/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Lehrerin, u.a. für Geographie, Biologie und Kunst. Zudem erklärte sie aus ihrer Tätigkeit als Kursleiterin für Keramik- und Tonarbeiten an der VHS im Streitjahr 2004 Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In diesem Jahr nahm sie an einer von einem Fachverband angebotenen und organisierten Studienreise nach China, einer vom gleichen Verband angebotenen Studienreise nach Paris sowie an einem vom Deutschen Volkshochschulverband angebotenen Seminar (Marokko: "Frauenleben und -arbeit im Rifgebirge".

Während die Chinareise Städtetouren, Besuche von Naturreservaten und eine dreitägige Flusskreuzfahrt beinhaltete, sah die Studienreise nach Paris Museumsbesuche sowie die Besichtigung der Wahrzeichen vor. Das Seminar "Dialog der Kulturen" richtete sich an Kursleiterinnen im Fachbereich Kunst, Kulturelle Bildung, Kreative Werkstätten, Keramik und Malerei.

In ihrer Einkommensteuererklärung machte die Klägerin bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die angefallenen Aufwendungen als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Werbungskosten allerdings nicht. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage insoweit statt, als es 96 % der Aufwendungen für das Seminar  "Dialog der Kulturen" als Werbungskosten anerkannte. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.

Die Gründe:
Die Aufwendungen für die Reisen nach China und Paris waren nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

Zur Klärung der beruflichen Veranlassung bei Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise sind auch nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009 (Az.: GrS 1/06) die früher entwickelten Abgrenzungsmerkmale weiter anzuwenden. Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige - wie hier - mit der Teilnahme an der Reise eine allgemeine Verpflichtung zur beruflichen Fortbildung erfüllt oder die Reise von einem Fachverband angeboten wird. Aus welchen Gründen der Steuerpflichtige eine bestimmte Reise unternommen hat, hat das FG als Tatsacheninstanz anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Kann die berufliche Veranlassung einer Reise nicht festgestellt werden, so gehen Zweifel zu Lasten des Steuerpflichtigen.

Zu Recht hatte das FG zunächst das Vorliegen eines unmittelbaren beruflichen Anlasses für die Reisen verneint. Sodann war es auf der Grundlage der im Beschluss des Großen Senats entwickelten Abgrenzungskriterien zu dem Ergebnis gekommen, die Ausgestaltung der Reisen ließe auf die Befriedigung allgemeiner Bildungsinteressen schließen, während es an hinreichend konkreten Bezügen zur beruflichen Tätigkeit der Klägerin fehle. Die angebotene Fortbildung muss auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse des Teilnehmers zugeschnitten sein. Dies hat das FG im Streitfall in nicht zu beanstandender Weise verneint. Wählt der Steuerpflichtige aus einem Fortbildungsprogramm eine Reise aus, die nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien nicht als beruflich veranlasst anzusehen ist, so ist es entsprechend auch unerheblich, ob insoweit eine Dienstreisegenehmigung erteilt wurde.

Schließlich durfte das FG auch von einer Aufteilung der angefallenen Aufwendungen entsprechend einem beruflichen bzw. privaten Anteil der Veranlassungsbeiträge absehen. Betreffend die Reise nach China hat es zu Recht ausgeführt, selbst wenn der Besuch zweier Dorfschulen als beruflich veranlasst angesehen werden könne, so träte dies angesichts des zeitlichen Umfangs und seiner Bedeutung hinter den nicht beruflich veranlassten Anteilen in einem Maße zurück, dass dieser Reiseanteil vernachlässigt werden könne. In Anwendung der im Beschluss des Großen Senats niedergelegten Rechtsgrundsätze war danach ein Werbungskostenabzug insgesamt nicht vorzunehmen. Hinsichtlich der Reise nach Paris kam eine Aufteilung schon deshalb nicht in Betracht, weil keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines spezifischen Bezugs zur beruflichen Tätigkeit der Klägerin ersichtlich waren.

Linkhinweis:

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