Zum Zeitpunkt der Steuerentstehung
BFH v. 27.11.2019 - V R 25/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine 2006 gegründete GbR mit dem Zweck, elektronische Informationssysteme der Firma I zu erwerben und sofort an diese zurückzuverleasen. Im Jahr 2006 kaufte die Klägerin die Informationssysteme zu einem Gesamtkaufpreis von 960.000 € zzgl. 153.600 € Umsatzsteuer. Zugleich gewährte I der Klägerin ein mit 4,5 % jährlich zu verzinsendes Darlehen i.H.v. 640.000 € für einen Zeitraum von 48 Monaten. Die Informationssysteme waren im Betrieb eines Dritten aufgestellt. Anstelle der Übergabe trat die I der Klägerin ihren Herausgabeanspruch ab. Ebenfalls 2006 verleaste die Klägerin die elektronischen Informationssysteme für die Dauer von 48 Monaten zurück an die I. Bei einer zugrunde gelegten Netto-Berechnungsgrundlage i.H.v. 960.000 € wurden mtl. Leasingraten i.H.v. 23.500 € zzgl. 3.760 € Umsatzsteuer vereinbart. Die I trug die Gefahr des Untergangs, Verlusts, Diebstahls oder von Beschädigungen des Leasingguts.
Mit Rechnung von März 2007 rechnete die Klägerin gegenüber der I über die Leasinggebühren ab. Hierin war eine 19-prozentige Umsatzsteuer i.H.v. 4.465 € mtl. offen ausgewiesen. In der Rechnung war als Übergabedatum der 29.12.2006 vermerkt. Die erste Rate war ab Februar 2007 fällig, alle weiteren Raten jeweils am 1. eines Monats im Voraus. Die Rechnung sollte für die volle Vertragslaufzeit gelten. Rechnungen für die einzelnen Raten wurden nicht gestellt. I zahlte lediglich im März 2007 eine Leasingrate und leistete danach keine weiteren Zahlungen. Mit Schreiben von Januar 2008 kündigte die Klägerin den Leasingvertrag wegen Zahlungsunregelmäßigkeiten fristlos. Ebenfalls im Januar 2008 wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter über das Vermögen der I eingesetzt und im Juli 2008 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet.
In der Umsatzsteuererklärung für 2007 erklärte die Klägerin Umsätze von netto 23.500 € (Umsatzsteuer 19 % 4.465 €), Vorsteuern aus Rechts- und Beratungskosten von 190 € und eine verbleibende Umsatzsteuer von 4.275 €. Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer auf 51.465 € fest, da er im Hinblick auf die Leasinggegenstände keine Lieferungen, sondern nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreie Kreditgewährungen annahm, deshalb den Vorsteuerabzug versagte sowie die im Leasingvertrag vereinbarte Umsatzsteuer als nicht gesetzlich geschuldet ansah, so dass die Rechnung einen Steuerausweis i.S.v. § 14c UStG enthalten habe.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Im zweiten Rechtsgang gab das FG der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat den vom Finanzamt geltend gemachten Steueranspruch im Ergebnis zu Recht verneint. Die Klägerin hat ihre Leistung bei der Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung als zeitlich begrenze Dauerleistung nicht im Streitjahr, sondern erst mit der Beendigung der dieser Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse erbracht. Es liegen auch keine Teilleistungen vor. Zudem ist auch keine Anzahlungsbesteuerung vorzunehmen.
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG entsteht die Steuer bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Für die Leistungsausführung i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG kommt es bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen wie etwa Duldungs- oder Unterlassungsleistungen auf die Beendigung der dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse an. Vorliegend handelt es sich um eine derart zeitlich begrenze Dauerleistung. Zwar ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass die Leistung der Klägerin in der Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung bestand, wobei nicht darüber zu entscheiden war, ob diese Mitwirkung bilanziell im Sinne einer rechtswirksamen Anerkennung der Gestaltung erfolgreich war. Das FG hat aber nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Klägerin ihre Mitwirkungsleistung auf der vertraglichen Grundlage mehrerer zusammenhängender Rechtsverhältnisse, eines Kauf-, eines Darlehen- und eines Leasingvertrages, ausgeführt hat.
Die Gesamtheit dieser Verträge für Zwecke der Umsatzsteuer führt zum einen dazu, dass umsatzsteuerrechtlich weder von einer Lieferung noch von einer Nutzungsüberlassung im Rahmen eines Leasingverhältnisses, sondern von der Mitwirkung an der bilanziellen Gestaltung auszugehen ist. Zum anderen ergibt sich - im Hinblick auf die umsatzsteuerrechtliche Umqualifizierung von Kauf, Darlehen und Leasing in eine Mitwirkungsleistung - das Entgelt nicht aus der Summe der Leasingraten, sondern aus dem Saldo aus Leasingraten, Kaufpreis und Darlehenszinsen. Entgelt ist daher nur der Betrag der Leasingraten abzgl. des Kaufpreises und der Darlehenszinsen. Der den Kaufpreis übersteigende Leasingbetrag von 168.000 € ist auf dieser Grundlage um Darlehenszinsen i.H.v. 115.200 € (640.000 € x 4,5 % x 4 Jahre) zu mindern, so dass sich ein Entgelt von 52.800 € ergäbe, falls keine zusätzliche Abzinsung vorzunehmen ist.
Das FG ist hier zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre Leistungen im Kern bereits mit den Vertragsschlüssen in 2006 erbracht hat. Da zu den als Einheit zu wertenden Rechtsverhältnissen aber auch der Leasingvertrag mit einer Laufzeit von 48 Monaten gehört, lag die für die Leistungsausführung maßgebliche Beendigung erst mit der Beendigung dieses Vertrages vor, die frühestens aufgrund der Kündigung am 16.1.2008 und damit erst nach dem Streitjahr erfolgt sein kann. Dass das Leasingverhältnis nur unterstützend der Umsetzung der Mitwirkungsleistung diente, ändert hieran nichts. Denn maßgeblich ist nicht, wann die prägende Leistungshandlung vorgenommen wurde, sondern zu welchem Zeitpunkt die Leistung insgesamt abgeschlossen wurde. Es lagen keine Teilleistungen vor, da es bereits an der wirtschaftlichen Teilbarkeit der von der Klägerin erbrachten Mitwirkungsleistung mangelte.
Auch hatte die Klägerin keine Anzahlungen vereinnahmt. Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG). So verhielte es sich im Streitfall nur dann, wenn die Klägerin Zahlungen vereinnahmt hätte, die die von ihr geleisteten Zahlungen. Da sie jedoch nur eine Leasingrate vereinnahmt hat, ist dies auszuschließen. Letztlich besteht auch keine Steuerschuld nach § 14c UStG. Denn der im Streitfall einmalig vorgenommene Steuerausweis übersteigt nicht die für die Mitwirkungsleistung insgesamt geschuldete Steuer.
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Die Klägerin ist eine 2006 gegründete GbR mit dem Zweck, elektronische Informationssysteme der Firma I zu erwerben und sofort an diese zurückzuverleasen. Im Jahr 2006 kaufte die Klägerin die Informationssysteme zu einem Gesamtkaufpreis von 960.000 € zzgl. 153.600 € Umsatzsteuer. Zugleich gewährte I der Klägerin ein mit 4,5 % jährlich zu verzinsendes Darlehen i.H.v. 640.000 € für einen Zeitraum von 48 Monaten. Die Informationssysteme waren im Betrieb eines Dritten aufgestellt. Anstelle der Übergabe trat die I der Klägerin ihren Herausgabeanspruch ab. Ebenfalls 2006 verleaste die Klägerin die elektronischen Informationssysteme für die Dauer von 48 Monaten zurück an die I. Bei einer zugrunde gelegten Netto-Berechnungsgrundlage i.H.v. 960.000 € wurden mtl. Leasingraten i.H.v. 23.500 € zzgl. 3.760 € Umsatzsteuer vereinbart. Die I trug die Gefahr des Untergangs, Verlusts, Diebstahls oder von Beschädigungen des Leasingguts.
Mit Rechnung von März 2007 rechnete die Klägerin gegenüber der I über die Leasinggebühren ab. Hierin war eine 19-prozentige Umsatzsteuer i.H.v. 4.465 € mtl. offen ausgewiesen. In der Rechnung war als Übergabedatum der 29.12.2006 vermerkt. Die erste Rate war ab Februar 2007 fällig, alle weiteren Raten jeweils am 1. eines Monats im Voraus. Die Rechnung sollte für die volle Vertragslaufzeit gelten. Rechnungen für die einzelnen Raten wurden nicht gestellt. I zahlte lediglich im März 2007 eine Leasingrate und leistete danach keine weiteren Zahlungen. Mit Schreiben von Januar 2008 kündigte die Klägerin den Leasingvertrag wegen Zahlungsunregelmäßigkeiten fristlos. Ebenfalls im Januar 2008 wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter über das Vermögen der I eingesetzt und im Juli 2008 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet.
In der Umsatzsteuererklärung für 2007 erklärte die Klägerin Umsätze von netto 23.500 € (Umsatzsteuer 19 % 4.465 €), Vorsteuern aus Rechts- und Beratungskosten von 190 € und eine verbleibende Umsatzsteuer von 4.275 €. Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer auf 51.465 € fest, da er im Hinblick auf die Leasinggegenstände keine Lieferungen, sondern nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreie Kreditgewährungen annahm, deshalb den Vorsteuerabzug versagte sowie die im Leasingvertrag vereinbarte Umsatzsteuer als nicht gesetzlich geschuldet ansah, so dass die Rechnung einen Steuerausweis i.S.v. § 14c UStG enthalten habe.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Im zweiten Rechtsgang gab das FG der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat den vom Finanzamt geltend gemachten Steueranspruch im Ergebnis zu Recht verneint. Die Klägerin hat ihre Leistung bei der Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung als zeitlich begrenze Dauerleistung nicht im Streitjahr, sondern erst mit der Beendigung der dieser Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse erbracht. Es liegen auch keine Teilleistungen vor. Zudem ist auch keine Anzahlungsbesteuerung vorzunehmen.
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG entsteht die Steuer bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Für die Leistungsausführung i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG kommt es bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen wie etwa Duldungs- oder Unterlassungsleistungen auf die Beendigung der dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse an. Vorliegend handelt es sich um eine derart zeitlich begrenze Dauerleistung. Zwar ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass die Leistung der Klägerin in der Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung bestand, wobei nicht darüber zu entscheiden war, ob diese Mitwirkung bilanziell im Sinne einer rechtswirksamen Anerkennung der Gestaltung erfolgreich war. Das FG hat aber nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Klägerin ihre Mitwirkungsleistung auf der vertraglichen Grundlage mehrerer zusammenhängender Rechtsverhältnisse, eines Kauf-, eines Darlehen- und eines Leasingvertrages, ausgeführt hat.
Die Gesamtheit dieser Verträge für Zwecke der Umsatzsteuer führt zum einen dazu, dass umsatzsteuerrechtlich weder von einer Lieferung noch von einer Nutzungsüberlassung im Rahmen eines Leasingverhältnisses, sondern von der Mitwirkung an der bilanziellen Gestaltung auszugehen ist. Zum anderen ergibt sich - im Hinblick auf die umsatzsteuerrechtliche Umqualifizierung von Kauf, Darlehen und Leasing in eine Mitwirkungsleistung - das Entgelt nicht aus der Summe der Leasingraten, sondern aus dem Saldo aus Leasingraten, Kaufpreis und Darlehenszinsen. Entgelt ist daher nur der Betrag der Leasingraten abzgl. des Kaufpreises und der Darlehenszinsen. Der den Kaufpreis übersteigende Leasingbetrag von 168.000 € ist auf dieser Grundlage um Darlehenszinsen i.H.v. 115.200 € (640.000 € x 4,5 % x 4 Jahre) zu mindern, so dass sich ein Entgelt von 52.800 € ergäbe, falls keine zusätzliche Abzinsung vorzunehmen ist.
Das FG ist hier zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre Leistungen im Kern bereits mit den Vertragsschlüssen in 2006 erbracht hat. Da zu den als Einheit zu wertenden Rechtsverhältnissen aber auch der Leasingvertrag mit einer Laufzeit von 48 Monaten gehört, lag die für die Leistungsausführung maßgebliche Beendigung erst mit der Beendigung dieses Vertrages vor, die frühestens aufgrund der Kündigung am 16.1.2008 und damit erst nach dem Streitjahr erfolgt sein kann. Dass das Leasingverhältnis nur unterstützend der Umsetzung der Mitwirkungsleistung diente, ändert hieran nichts. Denn maßgeblich ist nicht, wann die prägende Leistungshandlung vorgenommen wurde, sondern zu welchem Zeitpunkt die Leistung insgesamt abgeschlossen wurde. Es lagen keine Teilleistungen vor, da es bereits an der wirtschaftlichen Teilbarkeit der von der Klägerin erbrachten Mitwirkungsleistung mangelte.
Auch hatte die Klägerin keine Anzahlungen vereinnahmt. Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG). So verhielte es sich im Streitfall nur dann, wenn die Klägerin Zahlungen vereinnahmt hätte, die die von ihr geleisteten Zahlungen. Da sie jedoch nur eine Leasingrate vereinnahmt hat, ist dies auszuschließen. Letztlich besteht auch keine Steuerschuld nach § 14c UStG. Denn der im Streitfall einmalig vorgenommene Steuerausweis übersteigt nicht die für die Mitwirkungsleistung insgesamt geschuldete Steuer.