Zum Zeitpunkt des Zuflusses von Forderungen gegen die Kapitalgesellschaft bei einem beherrschenden Gesellschafter
BFH 3.2.2011, VI R 66/09Die klagende GmbH betreibt ein Transportunternehmen, deren Geschäftsführer und zugleich alleiniger Gesellschafter G ist. Im Geschäftsführerdienstvertrag mit G wurde vereinbart, dass dieser neben einem Festgehalt eine Gewinnbeteiligung i.H.v. 50 Prozent des Jahresüberschusses laut Steuerbilanz der Klägerin erhalten soll. Weiter wurde geregelt, dass diese Gewinnbeteiligung innerhalb von drei Monaten nach Bilanzerstellung auszuzahlen ist. Durch Gesellschafterbeschluss von August 2004 wurden die Bilanz und der Jahresabschluss der Klägerin zum 31.12.2003 genehmigt. Für die Bilanz auf den 31.12.2004 erfolgte die Genehmigung des Abschlusses im Juni 2005.
G schloss mit der Klägerin im September 2004 eine "Vereinbarung über Gehaltsverzicht im Zusammenhang mit der Erteilung einer Pensionszusage". Die Abänderung des Anstellungsvertrages sollte mit Wirkung zum 1.11.2004 erfolgen. G erklärte einen Verzicht auf seinen Tantiemeanspruch für das Jahr 2003 i.H.v. 59.000 € zum 1.11.2004. Zum Ausgleich dieses Verzichts erteilte die Klägerin eine Pensionszusage, deren Regelung einer gesonderten Vereinbarung vorbehalten blieb. G konnte nach der Vereinbarung jedes Jahr neu entscheiden, ob und in welcher Höhe er auf Gehalt/Bezüge verzichtet.
Im September 2005 erklärte G den Verzicht auf den Tantiemeanspruch für das Jahr 2004 i.H.v. 40.000 € mit Wirkung zum 1.11.2005 zu Gunsten der im Oktober 2004 erteilten Pensionszusage. Die Klägerin behandelte die Verzichtserklärungen und die entsprechende Pensionszusage als Gehaltsumwandlung in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung und führte keine Lohnsteuer ab. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung nahm das Finanzamt die Klägerin u.a. für nicht abgeführte Lohnsteuer auf die Tantiemen des G für die Jahre 2003 und 2004 in Haftung.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Das FG hat zu Unrecht einen Lohnzufluss bei G im Hinblick auf die Tantiemen bereits zum Zeitpunkt des jeweiligen Beschlusses über den Jahresabschluss angenommen. Die tatsächlichen Feststellungen des FG ermöglichen allerdings keine abschließende Beurteilung, ob die Tantiemen G in den Streitjahren zugeflossen sind.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung tritt der Zufluss mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein. Das ist in der Regel der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs oder der Möglichkeit, den Leistungserfolg herbeizuführen. In der Regel fließen Geldbeträge dadurch zu, dass sie dem Empfänger bar ausbezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Der BFH geht jedoch in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern ein Zufluss von Einnahmen auch ohne Zahlung oder Gutschrift bereits früher vorliegen kann.
Danach fließt dem alleinigen oder jedenfalls beherrschenden Gesellschafter eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen "seine" Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu, denn ein beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist. Allerdings werden von dieser Zuflussfiktion nur Gehaltsbeträge und sonstige Vergütungen erfasst, die die Kapitalgesellschaft den sie beherrschenden Gesellschaftern schuldet und die sich bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft ausgewirkt haben. Fällig wird der Anspruch auf Tantiemen erst mit Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbaren.
Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Unrecht einen Zufluss der Tantiemen bereits zu den Zeitpunkten der Beschlüsse über den Jahresabschluss angenommen. Insoweit fehlen tatsächliche Feststellungen darüber, ob sich die Tantiemeverpflichtungen der Klägerin in deren Bilanzen zum 31.12.2003 bzw. 31.12.2004 gewinnmindernd ausgewirkt haben. Der Senat konnte nicht entscheiden, ob die Tantiemen G in den Streitjahren zugeflossen sind. Das FG hat keine Feststellungen zur Pensionsvereinbarung zwischen der Klägerin und G von Oktober 2004 getroffen. Insbes. fehlen Feststellungen zu den wechselseitigen Ansprüchen, zur Durchführungsart der Altersversorgung sowie zur steuerlichen Wirksamkeit der Pensionszusage im Hinblick auf eine mögliche gesellschaftsrechtliche Veranlassung.
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