Zum Zufluss von Arbeitslohn bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer durch Gutschrift von Arbeitszeit
FG Münster 13.3.2013, 12 K 3812/10 EDie Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand insbesondere die Vermittlung von Finanzierungen, Versicherungen, Immobilien, Kapitalanlagen und Arbeit ist. Sie hatte im September 2009 dem Finanzamt mitgeteilt, dass sie ihren Mitarbeitern einschließlich den organschaftlichen Vertretern sowie angestellten beherrschenden Anteilseignern die Einrichtung eines flexiblen Arbeitszeitmodells anbieten möchte. Es sollten Arbeitszeitkonten geführt werden. Die Klägerin beantragte beim Finanzamt u.a. die Erteilung einer verbindlichen Auskunft darüber, dass die Gutschriften auf den Zeitwertkonten keinen Zufluss von Arbeitslohn darstellten.
Dem entgegnete das Finanzamt unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 17.6.2009 (- IV C 5-S 2332/07/004), ein Zeitwertkonto könne für alle Arbeitnehmer einschließlich der Arbeitnehmer mit einer geringfügig entlohnten Beschäftigung im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses eingerichtet werden. Besonderheiten würden u.a. bei Arbeitnehmern gelten, die gleichzeitig Organ einer Körperschaft seien. Bei diesen führe die Gutschrift des künftig fällig werdenden Arbeitslohns auf dem Zeitwertkonto zum Zufluss von Arbeitslohn. Die Errichtung von Zeitwertkonten sei bei diesen Arbeitnehmern nicht anzuerkennen, weil sie mit dem Aufgabenbild des Organs einer Körperschaft nicht vereinbar seien. Entsprechendes gelte für Arbeitnehmer, die von der Körperschaft beschäftigt würden, deren beherrschende Gesellschafter sie seien.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Gutschriften auf dem Zeitwertkonto führen auch bei Geschäftsführern nicht zu Einnahmen, gleichgültig, ob die Geschäftsführer gleichzeitig beherrschende Gesellschafter oder Minderheitsgesellschafter sind.
Einnahmen sind alle Güter in Geld oder Geldeswert, die dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Überschusseinkunftsart zufließen. Nur zugeflossener Arbeitslohn unterliegt der Einkommensteuer. Zugeflossen ist er, wenn und sobald der Steuerpflichtige wirtschaftlich darüber verfügen kann. Das ist regelmäßig der Fall, wenn die Einnahmen bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden.
Zwar kann auch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten einen Zufluss bewirken, wenn in ihr nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldbuchverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck kommt, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verfügung steht. Der Gläubiger muss allerdings in den Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen. Indiz dafür, wer über das Wirtschaftsgut verfügen kann ist es, in wessen Interesse es liegt, den Betrag gutzuschreiben statt auszuzahlen.
Auch für Gesellschafter-Geschäftsführer der Arbeitgeberin mit Mehrheits- oder Minderheitsbeteiligung an der GmbH ist bei einem flexiblen Arbeitszeitmodell nicht von einem Zufluss des Arbeitslohnes im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Zeitwertkonto auszugehen. Sie erzielen, unabhängig von ihrer arbeits- und sozialrechtlichen Einordnung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, deren Zufluss sich nach § 11 EStG richtet. Ihre Stellung führt nicht zum Zufluss von Arbeitslohn bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit des Arbeitslohnes. Der Geschäftsführer einer GmbH ist steuerrechtlich grundsätzlich Arbeitnehmer. Auch der Umstand, dass er keine festen Arbeitszeiten hat und sich Überstunden sowie Sonn- und Feiertagsarbeit nicht entgelten lässt, steht der Anwendbarkeit des Modells und der Annahme fehlenden Zuflusses im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Zeitwertkonto nicht entgegen. Schließlich wird auf dem Zeitwertkonto kein Arbeitszeitguthaben, sondern Arbeitsentgelt angesammelt.
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