Zum Zufluss von Pachtzahlungen in Geldeswert
BFH 21.8.2012, IX R 55/10Die Klägerin ist ein geschlossener Immobilienfonds, der in den Streitjahren 2004 bis 2006 ein Hotelgrundstück an die L-AG verpachtete. Den Pachtvertrag hatten die Parteien zuvor dahingehend modifiziert, dass die Pächterin infolge der gesenkten Pacht "verpflichtet wurde, an die Gesellschafter entsprechend deren Beteiligung am Zeichnungskapital jährlich Hotelgutscheine i.H.v. 2,75 % des Beteiligungskapitals entsprechend nominell 698.000 € auszuhändigen". Danach konnte ein Hotelgutschein in allen Hotels der L-AG zur Zahlung von Logis und Gastronomieumsätzen sowie Parkgebühren genutzt werden. Nebenumsätze wie Telefon, Wellness, Golf etc. konnten damit nicht abgegolten werden. Eine Barauszahlung oder die Auszahlung von Restbeträgen zum Umsatzbetrag war ausgeschlossen. Der Hotelgutschein war "frei übertragbar" und ab Ausgabe drei Jahre gültig.
Den Verpflichtungen zu Pachtzahlung und Ausgabe der Hotelgutscheine kam die Pächterin in den Streitjahren vertragsgemäß nach. Die Hotelgutscheine waren durchnummeriert und listenmäßig erfasst; sie konnten über ein Meldesystem innerhalb der zur L-AG gehörenden Hotels bei Einlösung den Gesellschaftern der Klägerin individuell zugeordnet werden. Im Rahmen ihrer Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre erhöhte die Klägerin die Pachteinnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung um die Werte der tatsächlich im jeweiligen Jahr eingelösten Hotelgutscheine und rechnete sie den betreffenden Gesellschaftern als Sondereinnahmen zu. Wurden die Gutscheine an Dritte unter Wert verkauft, so kam ggf. der vom jeweiligen Gesellschafter mitgeteilte geringere Verkaufspreis zum Ansatz.
Das Finanzamt setzte für die Streitjahre hingegen die Nominalwerte der in diesem Jahr ausgegebenen Gutscheine an und erhöhte die Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung. Die -unabhängig von der tatsächlichen Verwertung fiktiv angesetzten - Einnahmen aus den Hotelgutscheinen verteilte die Steuerbehörde nach der jeweiligen Beteiligungsquote auf alle Gesellschafter.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Das FG hatte zu Unrecht den Zufluss der (Pacht-)Einnahmen aus den Hotelgutscheinen bereits bei deren Ausgabe angenommen und allen Gesellschaftern anteilig zugerechnet. Vielmehr führte erst die Verwertung der Gutscheine zum Zufluss bei der Klägerin und zu Sondereinnahmen der betreffenden Gesellschafter.
Der BFH unterscheidet zwischen Einnahmen in Geld und solchen in Geldeswert anhand des Rechtsgrunds des Zuflusses. Kann der Steuerpflichtige letztlich (nur) eine Sachleistung beanspruchen, handelt es sich um eine Einnahme in Geldeswert. Kann er dagegen - zumindest wahlweise - (auch) die Auszahlung in Geld verlangen, so liegt eine Einnahme in Geld vor. Bei Gutscheinen, die den Steuerpflichtigen lediglich zum Bezug einer von ihm selbst auszuwählenden Sach- oder Dienstleistung berechtigen und die bei einem Dritten einzulösen oder auf den Kaufpreis anzurechnen sind, liegt ein Sachbezug vor.
Während Geldbeträge dem Empfänger regelmäßig schon dadurch zufließen, dass sie ihm bar ausgezahlt oder seinem Bankkonto gutgeschrieben werden, führt das bloße Innehaben anderer Ansprüche oder Rechte auf geldwerte Vorteile nach ständiger BFH-Rechtsprechung noch nicht zum Zufluss von Einnahmen. Dieser liegt grundsätzlich erst in der Erfüllung eines solchen Anspruchs, also wenn das wirtschaftliche Eigentum an einem versprochenen Gegenstand verschafft oder die geschuldete Leistung tatsächlich erbracht wird. Das FG hat im Einzelfall aufgrund einer Tatsachenwürdigung zu entscheiden, ob die versprochene Leistung auf das Verschaffen der Nutzung selbst oder lediglich der Nutzungsmöglichkeit gerichtet ist.
Das vorliegende Urteil des FG entsprach diesen Grundsätzen nicht. Entgegen der Auffassung des FG stellten die ausgegebenen Hotelgutscheine keine bargeldlosen, scheckähnlichen (Pacht-)Zahlungsmittel dar. Sie genügten schon nicht den formalen Anforderungen des ScheckG und waren insbesondere nicht auf die Zahlung einer bestimmten Geldsumme, sondern lediglich auf einen Preisnachlass bei Inanspruchnahme bestimmter Hoteldienstleistungen der Pächterin gerichtet. Es ergab sich aus den Leistungsbeziehungen auch kein sog. "Drei-Personen-Verhältnis", aus dem - durch die Ausgabe der Gutscheine - ein Anspruch gegen einen Dritten und damit möglicherweise ein früherer Zuflusszeitpunkt hätte folgen können.
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